Desinformation und Hacking: "Team Jorge" will Dutzende Wahlen manipuliert haben

Eine Recherchekooperation beleuchtet das Geschäft mit Desinformation und Wahlmanipulationen. Ein wichtiger Akteur sitzt angeblich in Israel.

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(Bild: 19 STUDIOShutterstock.com)

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Eine Firma aus Israel bietet angeblich eine Art "Rundumservice" an, um mit Desinformation und Hacking Wahlen zu manipulieren. Das berichten Medien aus einem internationalen Recherchenetzwerk, die sich die angeblichen Fähigkeiten des sogenannten "Teams Jorge" haben zeigen lassen. Laut dem ZDF hat ein Vertreter während einer Präsentation live Telegram-Konten gekapert und eine Software vorgeführt, die besonders simpel glaubwürdige, aber falsche Accounts in sozialen Netzwerken erschaffen kann. Dazu werde offenbar auch die Zwei-Faktor-Authentifizierung mittels SMS ausgehebelt. Von den Avataren, die für Kampagnen eingesetzt werden können, gebe es über 30.000. Insgesamt seien damit 33 Wahlen manipuliert worden, 27 Kampagnen seien erfolgreich gewesen.

Das Team Jorge besteht dem ZDF zufolge aus ehemaligen Geheimdienstleuten, Spezialkräften und Militärs. Es handle sich offenbar um "eine Art geheimdienstliches Familienunternehmen" zweier Brüder. Für Preise zwischen 6 und 15 Millionen US-Dollar verspreche die Firma etwa, Wahlen zu manipulieren. Es gebe Hinweise darauf, dass das "Team Jorge" 2015 in den Wahlkampf in Kenia eingegriffen hat. Von der Firma erstellte Avatare seien in Kampagnen in den USA, Großbritannien, Frankreich und Panama aufgetaucht. Teilweise werbe die Firma mit Cyberattacken, die nachweisbar stattgefunden hätten, deren Verbindung zu den Israelis sich aber nicht überprüfen lasse. Die Manipulation von Wahlen ist zwar zumeist illegal, aber es sei unklar, ob die Arbeit der Firma in Israel selbst gesetzeswidrig ist.

Organisiert wurde das Rechercheprojekt von "Forbidden Stories", die Organisation widmet sich der Fortsetzung von Recherchen, die von Journalisten und Journalistinnen durchgeführt wurden, die bedroht werden, im Gefängnis sitzen oder getötet wurden. Aufgedeckt habe man eine "florierende und bedrohliche Schattenindustrie" von Firmen, die gezielt Falschinformationen verbreiten, schreibt der Spiegel. Bislang richtete sich der Verdacht dabei vor allem die russische Internet Research Agency. Deren Chef hat auf Anfrage des Spiegel seine Beteiligung eingeräumt, die damit verbundenen Vorwürfe aber zurückgewiesen. Eine weitere Spur führt nach Indien.

Angestoßen wurde das Rechercheprojekt nach der Ermordung der indischen Journalistin Gauri Lankesh. Sie war 2017 erschossen worden, während sie an einem Artikel über "Fake News" gearbeitet hat, schreibt der österreichische Standard. In den Monaten vor der Ermordung seien Propagandanachrichten gegen sie verbreitet worden. Es habe sich um einen "intensiven und hasserfüllten Rufmord" gehandelt. Eine entscheidende Rolle dabei hat demnach eine Fake-News-Internetseite gespielt, dessen Chef sich damit rühme, eine "zentrale Rolle" in Wiederwahlkampagne von Premierminister Narendra Modis gespielt zu haben. Die "Postcard News" sind damit Teil dieser Schattenindustrie zur Wahlmanipulation.

(mho)