Word-Verkaufsverbot könnte weit reichende Folgen haben

Falls sich das kanadische Unternehmen I4i gegen Microsoft durchsetzt, müssten auch andere Softwarehersteller mit Klagen rechnen.

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Falls das vom kanadischen Softwareunternehmen I4i erwirkte Verkaufsverbot für Microsoft Word in knapp 60 Tagen tatsächlich in den USA in Kraft tritt, könnten die Auswirkungen weit reichend sein. Da das Patent, das Microsoft nach Ansicht der Geschworenen des Bundesbezirksgerichts im texanischen Tyler verletzt hat, weit gefasst ist, könnten einige Versionen der Redmonder Textverarbeitung betroffen sein. Wenn Microsoft mit seinem angekündigten Einspruch keinen Aufschub zur Einhaltung der Verfügung erreicht oder sich außergerichtlich mit I4i einigt, müsste es inkriminierte Funktionen entfernen oder diese Word-Versionen vom Markt nehmen. Darüber hinaus müssten auch andere Unternehmen mit Klagen rechnen.

In dem Patent 5,787,449 geht es um die Technik, Format-Informationen und den eigentlichen Inhalt eines Dokuments in getrennten Bereichen einer Datei zu speichern und unabhängig voneinander zu manipulieren. Die Patentklage bezieht sich auf Programme, die die Inhalte in XML kodieren. Bei Word 2003 ist die Funktion optional, bei Word 2007 hat Microsoft DOCX zur Voreinstellung erhoben. Bei Analyse einer DOCX-Datei zeigt sich jeweils ein komprimiertes Verzeichnis mit mehreren XML-Dateien, darunter eine mit dem Inhalt und eine oder mehrere mit Format-Informationen. Damit stehen nach Auffassung der texanischen Geschworenen alle Programme, die mit Word gespeicherte XML- oder DOCX-Dateien öffnen können, im Widerspruch zu dem Patent.

Falls sich I4i mit seinen Ansprüchen durchsetzt, könnte beispielsweise Sun für sein StarOffice und als Sponsor von OpenOffice ebenfalls belangt werden. Theoretisch könnten die Kläger sogar die Einschränkung ihrer Klage auf XML-verwendende Anwendungen fallen lassen und dann möglicherweise jede Textbearbeitung angreifen, die Inhalte und Formatinformationen in Druckformatvorlagen oder anderem speichert.

Der I4i-Vorsitzende Loudon Owen hat gegenüber der Financial Times Deutschland bereits weitere Klagen angedeutet. Die in dem Patent beschriebene Technik könne über Textverarbeitung hinaus in vielen Bereichen angewendet werden. Laut einem Interview mit CNet geht es Owen nicht darum, Word zu "zerstören", er selbst nutze die Software oft. Es sei aber fair, wenn sein Unternehmen seine Ansprüche durchsetze.

I4i hat im Gegensatz zu anderen Unternehmen, die als reine Patenverwerter "Patenttrolle" genannt werden, über das Patent hinaus Software und Dienste rund um XML im Angebot. Zu den Kunden der 30 Mitarbeiter beschäftigenden Firma zählen Bayer, Amgen und Biogen. 2001 war I4i damit beauftragt, die Online-Funktion zur Einreichung von Patentanträgen beim US-Patentamt zu überarbeiten. Eines der Ziele von I4i ist es laut Owen, dazu beizutragen, die digitalen Informationen zu sortieren, die momentan weltweit größtenteils unstrukturiert abgespeichert sind. (anw)