30 Jahre: Babylonisches Sprachengewirr sorgt für die Geburt des PDF

Elektronische Dokumente originalgetreu wiedergeben, das sollte das Portable Document Format leisten. 30 Jahre später kann man Adobe nur zum Erfolg gratulieren.

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Anfang der Neunziger herrschte das sprichwörtliche babylonische Sprachengewirr unter den Computerprogrammen. Adobe schuf mit PDF einen verbindlichen Dokumentstandard.

(Bild: Großer Turmbau zu Babel von Pieter Bruegel, 1563, Kunsthistorisches Museum Wien)

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Am 15. Juni 1993 erschien die Software Adobe Acrobat 1.0. Sie bestand aus einem Programm zum Erstellen von Dokumenten im Portable Document Format (PDF), einem zur Anzeige und dem Distiller, der PostScript in PDF umwandelte. Seitdem hat es sich als Standard etabliert, um digitale Dokumente einheitlich darzustellen und auf diese Weise systemübergreifend auszutauschen.

Was war das vorher für ein babylonisches Sprachengewirr: Atari ST, Commodore Amiga, Apple Macintosh und IBM-PC mit Microsoft DOS lagen nicht nur auf anderen Kontinenten, sondern auf anderen Planeten. Aber selbst eine Worddatei auf zwei verschiedenen PCs gleich darzustellen, scheiterte: Fehlende Fonts waren ein Standardproblem, Bilder landeten mal hier und mal dort, der Zeilenumbruch unterschied sich und die Fußnoten endeten sonst wo.

Seit 1990 arbeitete Adobe-Gründer John Warnock an der Lösung. Der PDF-Standard wurde aus der Notwendigkeit geboren, Dokumente in einem Format auszutauschen, das alle Layoutelemente wie Textbausteine, Grafiken und Bilder unabhängig von Betriebssystemen und Hardwareplattformen konsistent und zuverlässig wiedergab.

Zugegeben, das konnte in Ansätzen auch schon der Vorgänger PostScript, eine ebenfalls von Adobe entwickelte Seitenbeschreibungssprache, um Drucker anzusprechen, die aus Xerox Interpress hervorging. Das rund zehn Jahre ältere PS-Format eignete sich aber nicht zur Anzeige am Monitor, da es Dokumente in Form von Vektorgrafien nur als Ganzes interpretieren konnte. Das Portable Document Format lehnt sich an PostScript an, bietet aber gezielten Zugriff auf einzelne Seiten.

Nach der Ankündigung im Jahr 1992 und der Veröffentlichung der ersten Software im Juni 1993 hielt sich der Erfolg zunächst in Grenzen, weil die Programme Geld kosteten und sich ihre Nutzung daher auf professionelle Grafiker beschränkte, die es für die Druckvorstufe nutzten. Seit dem Jahr 1994 bietet Adobe den Acrobat Reader kostenlos an. 1995 folgte eine Erweiterung für Webbrowser. Erst diese Entscheidungen legten den Grundstein für den Siegeszug des Formats.

Was heute selbstverständlich ist, war damals revolutionär: Mit dem Acrobat Reader, später in Adobe Reader umbenannt, konnten Nutzer PDF-Dateien kostenlos lesen oder ausdrucken, ohne das Programm zu besitzen, mit dem sie erstellt wurden, sei es unter Windows oder auf dem Mac. Mittlerweile gibt es auch PDF-Apps für Smartphones und Tablets.

Im Jahr 2008 wurde PDF ISO-Standard. Die letzte Edition heißt ISO 32000-2:2020 und entspricht der Version PDF 2.0. Adobe hat damit die Weiterentwicklung abgegeben. Gleichzeitig stand das PDF allen Nutzern offen. Bis dahin war nämlich nur die Anzeige kostenfrei. Heute braucht niemand mehr eine teure Acrobat-Lizenz, um PDF-Dokumente zu erstellen.

Jede gängige Textverarbeitung sowie übliche Bildbearbeitungs- und Vektorgrafikprogramme erzeugen sie. Mit Programmen wie PDFCreator und Foxit Reader widmen sich auch Dritthersteller dem ursprünglich von Adobe entwickelten Standard.

In den 30 Jahren seit seiner Einführung hat Adobe das PDF-Format kontinuierlich weiterentwickelt. Kleinster gemeinsamer Nenner war lange Zeit die PDF-Version 1.2. Hinzu kamen die Formatfamilie zur Langzeitarchivierung digitaler Dokumente PDF/A und die, den Bedürfnissen des Druckgewerbes genügende Untermenge PDF/X.

Mittlerweile kommt das Format auch zum Einsatz, um Formulare auszufüllen, Verträge sicher zu signieren oder Inhalte zu verschlüsseln und damit vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Neuere PDF-Versionen können Audio-, Video- und 3D-Inhalte aufnehmen.

Ein Problem bleiben die immer wieder auftretenden Sicherheitslücken des Adobe Reader, die es immer wieder ermöglichen, Malware einzuschleusen. Mittlerweile treten sie immer weniger häufig auf. Größer war das Sicherheitsproblem außerdem bei der hässlichen Schwester der PDF-Browsererweiterung, dem Flash Player. Aber das ist eine andere Geschichte. Anders als Flash hat das PDF den Langlebigkeitstest bestanden und wird auch künftige Nutzergenerationen begleiten.

(akr)