49-Euro-Ticket könnte in vielen Bussen nicht gelten

Wenn das Deutschlandticket im Mai eingeführt wird, könnte es in vielen niedersächsischen Bussen nicht gelten. Der Grund sind beihilferechtliche Unklarheiten.

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Szenenbild aus einem Image-Video von 2012. Der kindlich gezeichnete Drache könnte die Bedrohung durch eine fehlende "Allgemeine Vorschrift" vorweggenommen haben.

(Bild: Omnibusverband)

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Das Deutschlandticket, das zum 1. Mai 2023 einheitlich für den deutschen ÖPNV eingeführt werden soll, könnte von manchen Busunternehmen nicht anerkannt werden. Es gebe eine Regelungslücke in dem dafür vorgesehenen Gesetzentwurf, teilte die Fachvereinigung Omnibus und Touristik im Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) mit. Daher könne aus dem als allgemein gültig gelten Angebot für den ÖPNV ein Flickenteppich werden.

Der Knackpunkt für den GVN ist, dass in dem Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes, das dem auch 49-Euro-Ticket genannten Deutschlandticket zugrunde liegt, keine Allgemeine Vorschriften erlassen werden. Diese seien aber notwendig, damit die Busunternehmen einen beihilfekonformen Ausgleich für ihre Mindereinnahmen erhalten, erläutert der GVN. Zudem werde es für jede Region, jedes Unternehmen oder jeden Linienverkehr zu einer freiwilligen Entscheidung, ob das Deutschlandticket in Bussen akzeptiert wird.

"Grundsätzlich begrüßen wir natürlich die Einführung eines solchen Tickets und setzen uns für dessen erfolgreiche Umsetzung ein", sagte GVN-Vorsitzender Rainer Levelink. "Leider haben der Bund und die Länder etwas versprochen, was sie aber bislang so nicht im Gesetzgebungsverfahren umsetzen." Nach dem aktuellen Gesetzesentwurf werde die Verantwortung auf die Länder delegiert, allerdings nicht verpflichtend auferlegt, wie sie flächendeckend umgesetzt werden muss oder sichergestellt werden kann.

Der "Entwurf Neunten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes" liegt nun dem Bundesrat vor. Daran hatten der dortige Verkehrsausschuss und der Finanzausschuss vorige Woche kritisiert, es bestehe der Eindruck, "dass die Länder verpflichtet werden, einen solchen Tarif verpflichtend mittels landesweiter Allgemeiner Vorschrift einzuführen". Der Passus "Die Länder führen ab dem 1. Mai 2023 ein Ticket ein, das zur bundesweiten Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs berechtigt (Deutschlandticket)" solle geändert werden in "Ab dem 1. Mai 2023 wird ein Tarif angeboten, der zur bundesweiten Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs berechtigt (Deutschlandticket)". Auf die Weise könnten die Länder mit den kommunalen Aufgabenträgern auch andere Wege prüfen, argumentiert der Verkehrsausschuss des Bundesrats.

Der GVN wendet ein, dass die Mindereinnahmen von Verkehren, in denen die Unternehmen von den Verkaufserlösen abhängig sind nur beihilferechtlich konform ausgeglichen werden können, wenn sogenannte Allgemeine Vorschriften erlassen werden. Dies betreffe 40 Prozent aller ÖPNV-Verkehre in Niedersachsen.

Auf eine Allgemeine Vorschrift zu verzichten, sei für die Busunternehmen nur dann beihilferechtlich unbedenklich, wenn die EU-Kommission dies schriftlich und für alle allgemeinverbindlich offiziell feststellt, erläutert der GVN. Dazu müsse bestätigt werden, dass keine Beihilferelevanz vorliegt, weil das Deutschlandticket allen Nutzer zugutekommt und damit nicht wettbewerbsverzerrend wirkt.

Darüber führten Vertreter von Bund und Ländern zurzeit Gespräche mit der EU-Kommission. Diese seien allerdings noch offen. Es sei momentan nicht absehbar, ob diese bis zum 1. Mai 2023 abgeschlossen sind. "Auch sind diese lediglich eine Einschätzung auf Basis der zur Verfügung stehenden Informationen, nicht gerichtsfest und nur vorläufig", ergänzt der GVN. Bis das geklärt ist, könne der GVN den betroffenen Mitglieds-Busunternehmen nur empfehlen, das Deutschlandticket in ihren Linienverkehren nicht anzuerkennen.

Die Empfehlungen der Bundesratsausschüsse liegen seit dem Wochenende öffentlich vor. Sie enthalten den zuvor bereits bekannt gewordenen Änderungswunsch an dem Gesetzentwurf, nach dem der Preis des Tickets von Bund und Ländern abgestimmt jährlich festgeschrieben wird. Der Verbraucherzentrale Bundesverband sah sich dadurch veranlasst, für das Deutschlandticket eine Preisgarantie zu fordern.

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Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) verweist gegenüber heise online auf Äußerungen von Jan Schilling, der beim VDV für den ÖPNV zuständig ist. Vorige Woche sagte er, es sei zwar noch nicht geklärt, ob die EU-Kommission den Ausgleich der Mindereinnahmen als Beihilfe einstuft. Im Falle des 9-Euro-Tickets, das das Bundesverkehrsministerium nicht als Beihilfe einordnet hatte, habe die EU-Kommission "nicht gezuckt". Daher gehe der VDV davon aus, dass sie sich auch beim 49-Euro-Ticket so verhalten werde. Allerdings appelliert der Branchenverband an die Bundesregierung und die EU-Kommission, die Angelegenheit schnell zu klären, um ein Rückzahlungsrisiko für Verkehrsunternehmen auszuschließen.

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Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen betonte gegenüber heise online, die Empfehlung könnte nicht nur niedersächsische Verkehrsunternehmen betreffen, sondern auch solche in anderen Bundesländern.

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(anw)