Grüner Bundesvorstand klagt auf Auskunft über Vorratsdaten [Update]

Malte Spitz vom Bundesvorstand der Oppositionpartei hat T-Mobile auf Herausgabe aller über ihn gespeicherten personenbezogenen oder ­beziehbaren Daten verklagt, um Licht ins Dunkel der Vorratsdatenspeicherung zu bringen.

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Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, hat seinen Mobilfunkbetreiber T-Mobile auf Herausgabe aller über ihn gespeicherten personenbezogenen oder -beziehbaren Daten verklagt. Er stützt sich dabei auf den allgemeinen Auskunftsanspruch über erfasste und aufbewahrte persönliche Informationen in Paragraph 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Der Mobilfunkprovider hat sich genauso wie drei Konkurrenten geweigert, einem einfachen Auskunftsersuchen grüner Politiker nachzukommen.

Spitz meint, dass die Vorratsdatenspeicherung von Anfang an ein sehr umstrittenes Projekt gewesen sei. Die Bürger müssten parallel zu den laufenden Verfassungsklagen nun schauen, "wie es mit der Datenvorhaltung in der täglichen Praxis aussieht". Momentan könne ein Kunde nicht einmal von den Telekommunikationsanbietern erfahren, welche Daten über ihn gespeichert werden. Spitz interessiert zudem, ob sein Privatleben mit der Vorratsdatenspeicherung durchforstet werden kann und welche Fehler sich möglicherweise in die Datenberge einschleichen. Die Meinung der Bundesnetzagentur und der von den Grünen bereits angeschriebenen Provider, wonach Paragraph 34 BDSG im Fall der staatlich beauftragten anlasslosen Protokollierung der Verkehrsdaten nicht greife, wies Spitz' Anwalt Sönke Hilbrans als die "nicht herrschende Auffassung" zurück. Die einschlägige Rechtsliteratur und führende Datenschützer sähen die Sache anders.

Für Constanze Kurz, die im Namen des Chaos Computer Clubs (CCC) ein kritisches Gutachten im Rahmen der "Massenbeschwerde" gegen die Vorratsdatenspeicherung verfasst hat, geht es um die Herstellung von Transparenz. Der Kläger benutze einen Push-Dienst für seine E-Mails auf dem Mobiltelefon, sodass alle drei bis fünf Minuten automatisch Verbindungs- und Standortdaten erzeugt würden. Diese Informationen ergäben ein "Bewegungsprofil von einer Detailtreue", die selbst mit einer GPS-Wanze am Auto kaum erreicht werden könne. Zudem telefoniere Spitz mit wichtigen Menschen in der Berliner Politik, was ebenfalls "sehr interessant" sein könnte. Bei der vergleichsweise einfachen Auswertung der Daten könnten so auch soziale Profile über die engsten Freunde, Familie oder lose Kontakte gebildet werden.

Technisch ist die Herausgabe der gewünschten Informationen an den Nutzer nach Kurz' Ansicht "kein Problem". Die Strafverfolgungsbehörden fragten die Daten häufig ab und erhielten innerhalb weniger Stunden Auskunft. Das geschehe über standardisierte Schnittstellen, sodass dem Anbieter kaum Kosten entstünden.

Mit einer Verhandlung der Klage vor dem zuständigen Landgericht in Bonn rechnet Hilbrans nicht vor 2010. Er signalisierte aber vorab weiter Gesprächsbereitschaft mit T-Mobile. Ende vergangener Woche richteten die Grünen bereits eine Kampagnenseite ein, über die Interessierte mit vorgefertigten Briefen Einsicht in die bei Mobilfunkanbietern auf Vorrat gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten verlangen können.

[Update: Ein Telekom-Sprecher betonte gegenüber heise online, dass der Bonner Konzern eine Klärung der umstrittenen Rechtsfrage begrüße. Bis dahin gehe man mit der Auskunft zu den sensiblen Vorratsdaten sehr restriktiv um, "auch um möglichen Missbrauch zu verhindern".] (Stefan Krempl) / (anw)