Made in "Chona": Gefälschte SSDs im Umlauf

Die Preise für Terabyte-SSDs sind unter 50 Euro gefallen. Doch wer nach dem allerbilligsten Angebot sucht, droht Opfer von Betrügern zu werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 123 Kommentare lesen
SSD, Speicher, Festplatte
Lesezeit: 3 Min.
Von

Nicht einmal 45 Euro kostete die günstigste SATA-SSD mit 1 Terabyte Speicherplatz, die Patriot Burst Elite, laut unserem Preisvergleich zum Redaktionsschluss. Noch einen Euro billiger aber war die Terabyte-SSD des Ebay-Händlers Kendihion, die zudem in verschiedenen Farben erhältlich ist: rot, grün und blau. Das sind wohl nicht zufällig genau die drei Farben, die Western Digital bei seinen Laufwerken verwendet.

c’t-Leser Uwe R. hatte sich eine solche SSD gekauft und begann während seiner ersten Tests zu zweifeln: Die Schreibrate sank nach kurzer Zeit auf deutlich unter 100 MByte/s, weshalb er seine Versuche abbrach und bei uns nachfragte. Wir haben uns dann sicherheitshalber gleich zwei dieser SSD gekauft – falls eine den Test nicht durchsteht.

Kein Schnäppchen, sondern eine Fälschung: Diese Billig-SSD aus "Chona" ist nicht nur lahm, sondern hat auch nur einen Bruchteil der versprochenen Kapazität.

Die positiven Nachrichten: Die von uns bestellten SSDs trafen innerhalb eines Tages ein und erreichten in Kurztests rund 450 MByte/s beim Lesen und Schreiben. Beim Test mit unserem Kapazitätstestprogramm H2testw (Download) aber brach die Schreibrate schnell auf Werte unter 10 MByte/s ein. H2testw bescheinigte der Terabyte-SSD nach diversen Stunden dann eine reale Kapazität von nur 110 GByte – es handelt sich also definitiv um Betrug, wie er bei USB-Sticks und SD-Karten schon länger üblich ist.

Die beiden Flash-Chips auf der Platine der SSD sind mit einem Micron-Logo bedruckt, auch die Teilenummern deuten auf Micron-Flash hin – dieser Typ existiert jedoch nicht. Die Oberfläche des SSD-Controllers ist abgeschliffen, eine Platinenbeschriftung auf der Unterseite weist auf den Realtek-Controller RTS5732 hin – einen Billig-Controller ohne DRAM-Unterstützung. Tools zur Manipulation dieses Controllers bekommt man in den dunklen Ecken des Netzes.

Die Herkunftsangabe in der Überschrift dieses Artikels haben wir uns übrigens nicht selbst ausgedacht. Sie stammt vom Aufkleber auf der Rückseite der SSD. Die dort abgedruckten Seriennummern sind bei beiden SSDs gleich, mit der von einem SMART-Tool ermittelten stimmen sie nicht überein. Apropos SMART-Tool: Dieses meldete eine konstante Temperatur von exakt 30 °C, egal unter welcher Belastung. Ein Thermometer zeigte allerdings höhere Werte.

SSD-SMART-Test:

Der Händler bot uns nach einigem Hin und Her erst die Rückerstattung von 10 Euro an, dann den gesamten Kaufpreis – sofern wir die SSDs noch nicht benutzt hätten. Das erweckte den Eindruck, er wolle die SSDs erneut verkaufen.

Bei den aktuell extrem niedrigen SSD-Preisen liegen zwischen Original und Fälschung oft nur ein paar Euro – allein anhand des Preises lässt sich eine Fälschung also nicht erkennen. Deshalb raten wir davon ab, auf windigen Handelsplattformen nach Billigangeboten zu schauen: Informieren Sie sich lieber in den üblichen Preissuchmaschinen und kaufen Sie Markenware bei seriösen Händlern, auch wenn dies vielleicht fünf Euro mehr kostet.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

c’t – Europas größtes IT- und Tech-Magazin

Alle 14 Tage präsentiert Ihnen Deutschlands größte IT-Redaktion aktuelle Tipps, kritische Berichte, aufwendige Tests und tiefgehende Reportagen zu IT-Sicherheit & Datenschutz, Hardware, Software- und App-Entwicklungen, Smart Home und vielem mehr. Unabhängiger Journalismus ist bei c't das A und O.

(ll)