Missing Link: 25 Jahre Informationsfreiheit – Wissen ist Macht

Im März 1998 trat bundesweit das erste Informationsfreiheitsgesetz in Brandenburg in Kraft. Zwei Bundesländer haben immer noch keins und es gibt Reformbedarf.

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(Bild: PopTika/Shutterstock.com)

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Am Freitag feierte das erste Informationsfreiheitsgesetz in Deutschland seinen 25. Jahrestag. Ganz ohne Torte oder Anstoßen, denn Teile der öffentlichen Verwaltung fremdeln immer noch mit der verordneten Transparenz. Pionier in Sachen Informationsfreiheit war hierzulande Brandenburg: Am 10. März 1998 verkündete der damalige Präsident des Landtags, Herbert Knoblich (SPD), das "Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz" (AIG).

Der Titel ist zwar sperrig, aber es handelte sich bundesweit um ein Novum. Während vor allem die skandinavischen Länder teils schon seit Jahrhunderten Erfahrungen mit "gläsernen" Behörden sammelten, beruhte die von Preußen geprägte Rechts- und Verwaltungskultur hierzulande auf prinzipieller Geheimhaltung des in Ämtern schlummernden Wissens, auf dem sogenannten Arkanbereich des Staates.

Schon zuvor hatte die Verfassung Brandenburgs zwar in Artikel 21 ein Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen garantiert. Dazu kam nun aber ein gesetzlicher Anspruch dazu. Doch schon der zweite Halbsatz in Paragraf 1 brachte Einschränkungen: Demnach gibt es einen Informationszugang nur, soweit diesem "nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen" entgegenstehen oder "andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten".

Laut Paragraf 4 ist ein Antrag auf Akteneinsicht etwa abzulehnen, "soweit sich der Inhalt der Akten auf den Prozeß der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden oder Verwaltungseinrichtungen" oder auf nicht-öffentlich beratene oder beschlossene Vorgänge bezieht. "Belange der Strafverfolgung und -vollstreckung, der Gefahrenabwehr, andere Belange der inneren Sicherheit oder die Tätigkeit der Polizei" dürfen zudem nicht beeinträchtigt werden, die öffentliche Sicherheit soll nicht "erheblich" gefährdet werden.

Denkbar vage und anfällig für Missbrauch gestaltete sich ferner die Kostenbestimmung: Für Amtshandlungen auf Basis des Gesetzes werden "Gebühren und Auslagen" erhoben, ist Paragraf 10 zu entnehmen. Diese seien "so zu bemessen, dass zwischen dem Verwaltungsaufwand einerseits und dem Recht auf Akteneinsicht andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht". Da kann eine lästige Bürgeranfrage dann auch mal dazu führen, dass ein Sachbearbeiter für ein Zusammenstellen von Informationen und ein paar Kopien hunderte Euro verlangt.

Der brandenburgische Gesetzgeber schrieb dem AIG so zwei Faktoren ins Stammbuch, die bis heute für fast alle Informationsfreiheitsgesetze der Länder und des Bundes kennzeichnend sind und den Aktenzugang deutlich beschränken: Breite Ausnahmen vor allem im Bereich der Sicherheitsbehörden und dem Kernbereich von Abwägungsprozessen der Exekutive sowie abschreckende Kostenbestimmungen.

Schon 1999 monierte daher der damalige Beauftragte für Informationsfreiheit und Datenschutz Brandenburg, Alexander Dix, nach einem Jahr Praxistest: Das Gesetz sei "sehr kompliziert, sehr anwender-unfreundlich formuliert". Bei der Informationsfreiheit handle es sich um ein politisches Recht: "Wissen ist Macht, wie Francis Bacon schon sagte". Um dem Ruf eines "Akteneinsichtsverhinderungsgesetzes" zu entkommen, "muss die Liste der Ausnahmen drastisch reduziert werden", forderte Dix daher. Bei den Kosten "ist es entscheidend, dass eine informationszugangsfreundliche Regelung getroffen wird".

Längst folgte Dagmar Hartge Dix als Informationsfreiheitsbeauftragte nach, ihr Tenor ist nach allen den Jahren aber ähnlich verhalten wie in den AIG-Anfangszeiten. "Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert besteht in Brandenburg ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen", erklärte die Kontrolleurin zu dem Jubiläum. Das Besondere daran sei, dass dieser nicht begründet werden müsse. Das AIG habe mittlerweile dafür gesorgt, "dass der Transparenzgedanke im Verwaltungsalltag angekommen ist".

"Missing Link"

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Von Anfang an habe sie die Umsetzung des Gesetzes begleitet, gewährt Hartge einen Einblick in einen Teil ihres Arbeitsalltags. Sie und ihr Team berieten Bürger, die Fragen zu ihren Rechten haben, und unterstützten sie gegenüber Behörden, "wenn diese die beantragte Offenlegung von Unterlagen unzulässigerweise verweigern". Parallel stehe sie Ämtern zur Seite, "die bei der Bearbeitung von Anträgen auf Akteneinsicht nicht selten komplizierte Rechtsfragen zu lösen haben". Meistens wendeten die Verwaltungen des Landes und der Kommunen das AIG inzwischen "weitgehend routiniert an".