Razzien wegen Verlinkung: Bürgerrechtler gehen vor Gericht

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte will gerichtlich klären lassen, ob es strafbar sein kann, in einem Pressebericht einen Link zu setzen.

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Polizei in den RDL-Räumen

(Bild: RDL)

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Radio Dreyeckland (RDL) und die Bürgerrechtler der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gehen wegen Polizeidurchsuchungen im Januar dieses Jahres bei dem Freiburger Radiosender vor Gericht. Die GFF will nach eigenen Angaben ein Präzedenzurteil erstreiten, in dem festgestellt wird, dass Journalisten und Journalistinnen sich nicht strafbar machen, wenn sie in einer Berichterstattung über Vereinsverbote auf Archivseiten verlinken.

Anlass der Beschwerde vor dem Landgericht Karlsruhe sind Razzien in Privatwohnungen von RDL-Mitarbeitern und in Räumen des Senders am 17. Januar 2023. Den Durchsuchungen lag ein Ermittlungsverfahren des Staatsschutzes wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot (Paragraf 85 StGB) zugrunde. Konkret hatte RDL auf seiner Homepage in einem Artikel auf das Archiv der verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" verlinkt.

"Die GFF unterstützt die Beschwerde von RDL, um klären zu lassen, ob das Setzen eines Links im Rahmen eines Presseberichts eine strafbare Unterstützungshandlung darstellen kann und inwieweit die Rundfunkfreiheit der Durchsuchung von Redaktionsräumen und Mitarbeiterwohnungen entgegensteht", teilt die GFF mit. Sollte das Landgericht die Durchsuchungsbeschlüsse bestätigen, will die GFF dagegen Verfassungsbeschwerde erheben. Ihrer Ansicht nach könne das Setzen eines Links allein nicht als strafbare Unterstützungshandlung gewertet werden. "Nur wenn Leser und Leserinnen umfassend informiert werden dürfen, kann eine unabhängige Meinungsbildung sichergestellt werden", mein die GFF.

"Radio Dreyeckland" ist der älteste freie Radiosender Deutschlands, er entstand in den 1980er-Jahren aus der Anti-Atomkraft-Bewegung. Die Online-Plattform "linksunten.indymedia" wurde 2017 verboten, Sicherheitsbehörden galt sie als einflussreichstes Medium der linksextremen Szene in Deutschland – und als Forum für gewaltbereite Autonome. In dem Verbotsverfahren haben die Sicherheitsbehörden einen Kniff angewandt: Förmlich handelte es sich um ein Vereinsverbot – die Betreiber wurden von den Behörden als Verein eingestuft.

Dagegen reichten mehrere Personen Klage ein, die Existenz des Vereins bestritten sie aber. Deswegen scheiterten sie 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht aus formalen Gründen. Ein solches Verbot anzufechten, sei "regelmäßig nur die Vereinigung" befugt. Dagegen wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Schon das Verbot von linksunten.indymedia sei unverhältnismäßig, sagte GFF-Jurist David Werdermann. Die "rechtswidrigen Durchsuchungen und Beschlagnahmen" bei RDL schlössen nahtlos daran an. "Erst wurde das Vereinsrecht missbraucht, um ein Online-Medium zu verbieten. Jetzt wird auch noch kritische Berichterstattung über dieses Vorgehen kriminalisiert", meinte Werdermann. Kurz nach den Razzien hatte bereits der Deutsche Journalisten-Verband das Vorgehen des Staatsschutzes gegen RDL kritisiert.

(anw)