Trotz ChatGPT-Fokus: Microsoft löst Team für verantwortungsvollen KI-Einsatz auf

Bei Microsoft war lange ein Team dafür zuständig, den Einbau von KI-Technik verantwortungsvoll zu gestalten. Ausgerechnet jetzt wurde es aber ganz aufgelöst.

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Smartphone mit Bing-Suche und der Aufforderung "Ask me anything"

(Bild: Rokas Tenys/Shutterstock.com)

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Microsoft hat ein Team entlassen, das dafür sorgen sollte, dass KI-Produkte ethisch, verantwortungsvoll und nachhaltig eingeführt werden. Das berichtet das US-Magazin Platformer und weist darauf hin, Microsoft löse das Team genau in dem Moment auf, in dem der US-Konzern immense Ressourcen in Künstliche Intelligenz steckt und der Konkurrenz mehr als einen Schritt voraus zu sein scheint. Zwar unterhalte Microsoft weiterhin das "Büro für verantwortungsbewusste KI", aber das jetzt aufgelöste Team sei dafür zuständig gewesen, dass die dort entwickelten Prinzipien auch ihren Weg in die Produkte findet. Dem Bericht zufolge war das Team für "Ethik und Gesellschaft" im KI-Bereich bereits im September von mehreren Dutzend Angestellten auf sieben zusammengekürzt worden, am 6. März wurde es ganz aufgelöst.

Platformer zitiert ein Ex-Mitglied des Teams mit der Einschätzung, dass der Schritt sowohl für das Geschäft als auch für Menschen ein Risiko sei. Intern haben sich die Konflikte demnach bereits im Oktober gezeigt. Damals habe John Montgomery – bei Microsoft verantwortlich für KI-Produkte – dem Team erklärt, dass der Druck von CTO Kevin Scott und CEO Satya Nadella "sehr sehr groß" sei, die KI-Technik von OpenAI "mit sehr hoher Geschwindigkeit" in die Hände der Nutzer zu bekommen. Auf Widerspruch habe er geantwortet: "Ob ich mir das noch mal überlege? Ich glaube nicht. Denn leider bleibt der Druck der gleiche und ihr habt nicht den Einblick, den ich habe und könnt dafür wahrscheinlich dankbar sein." Danach wurde das Team das erste Mal verkleinert.

Der Konflikt wirft einmal mehr ein Schlaglicht auf die Konflikte in Unternehmen, die rasch Produkte verfügbar machen und gleichzeitig verantwortungsvoll handeln wollen. Teams wie das für "Ethik und Gesellschaft" bei Microsoft sollen bei zweiterem helfen, haben aber auch die Aufgabe, gegebenenfalls zu bremsen. Microsoft scheint auf zweiteres angesichts der Aussicht auf entscheidende Zugewinne etwa im Markt für die Internetsuche nun keinen Wert mehr zu legen. Der Konzern hat kürzlich zehn Milliarden US-Dollar in OpenAI investiert, im Gegenzug durfte eine eigens entwickelte Variante des KI-Textgenerators ChatGPT in die Suchmaschine Bing eingebaut werden. Der Chatbot soll in viele weitere Dienste integriert werden.

Am Montag ist derweil auch bekannt geworden, dass Microsoft für mehrere Hundert Millionen US-Dollar extra einen Supercomputer gebaut hat, um ChatGPT überhaupt erst zu ermöglichen. Erst durch diesen technischen Unterbau sei es überhaupt möglich gewesen, die Text-KI zu trainieren. Der diesbezügliche Bericht des US-Finanzmagazins Bloomberg macht deutlich, welche Summen Microsoft bereits in ChatGPT gesteckt hat und warum der US-Konzern jetzt von dem Hype profitieren will. ChatGPT ist die am schnellsten gewachsene Verbraucheranwendung der vergangenen 20 Jahre. Gleichzeitig steht Microsoft wie die gesamte IT-Branche in den USA wirtschaftlich unter Druck, Anfang des Jahres hat der Konzern angekündigt, über 11.000 Angestellte entlassen zu wollen.

(mho)