Gasversorgung: Besser zusätzliche Speicher bauen als noch mehr LNG-Terminals?

Die deutschen Gasspeicherbetreiber behaupten, dass gar keine weiteren LNG-Terminals mehr nötig sind. Stattdessen haben sie einen eigenen Vorschlag.

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Bau des LNG-Terminals in Wilhelmshaven

Sind weitere LNG-Terminals wie das in Wilhelmshaven gar nicht mehr nötig für eine sichere Gasversorgung?

(Bild: NPorts)

Lesezeit: 3 Min.

Lieber einen größeren Puffer mit mehr Gasspeichern als zu viele neue LNG-Terminals bauen: Das schlägt der Interessenverband der deutschen Gas- und Wasserstoffbetreiber, INES (Initiative Energien Speichern) vor und argumentiert, dass damit auch den anstehenden Veränderungen durch die geplante Klimaneutralität Deutschlands besser Rechnung getragen werden kann. Der Verband erwartet im Übrigen keine Probleme dabei, die Gasspeicher bis zum nächsten Winter wieder komplett aufzufüllen. Dafür hat er drei verschiedene Szenarien durchgerechnet.

Der nicht uneigennützige Vorschlag der Speicherbetreiber gründet darauf, dass die LNG-Tanker an Europas bestehenden Terminals bislang auffallend saisonal – nämlich vornehmlich im Winter – ihre Fracht abladen. Gäbe es mehr Gasspeicher, könnte auch im Sommer mehr Flüssigerdgas importiert werden. Im Winter würden dann weniger LNG-Importkapazitäten ausreichen. Der Verband bezieht sich auf die jüngst bekannt gewordenen Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums zum weiteren LNG-Ausbau in Deutschland.

Mit ihrem Vorschlag greifen die Speicherbetreiber auch eine Kritik von Umwelt- und Klimaschützern auf, die fürchten, dass mit den LNG-Terminals eine jahrzehntelange Festschreibung fossiler Brennstoffe droht. Zusätzlich zu schaffende Gasspeicher könnten gleich so eingerichtet werden, dass sie auch für das Einlagern von Wasserstoff genutzt werden können. Wasserstoff ist Teil der Strategie des Bundes, bis zum Jahr 2045 die Klimaneutralität zu erreichen.

Laut INES wären ohnehin mehr Speicher notwendig. Aktuell seien nur vorhandene Lagerstätten mit einer Kapazität von 32 Terawattstunden wasserstofftauglich. Benötigt würde bis zum Jahr 2045 aber eine Kapazität von 74 Terawattstunden.

Fraglich ist allerdings, inwieweit der Bund steuernd Einfluss auf den Bau weiterer LNG-Terminals nehmen kann. Der staatliche Einfluss reduziert sich aktuell auf das Chartern mehrerer schwimmender Terminalschiffe, die nötig waren, um nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs in der Ukraine schnell Alternativen zu den Pipelineimporten aus Russland zu schaffen. Die Terminals werden jedoch von privaten Energiekonzernen betrieben. Verschiedene Vorhaben, darunter ein Großprojekt vor Rügen, gegen das es bereits zahlreiche Proteste gibt, sind nicht direkt vom Bund abhängig.

Was hingegen den Ausbau weiterer LNG-Terminals bremsen könnte, wären eine Entspannung in der Gasversorgung und sinkende Energiepreise. Zumindest die Entspannung in der Versorgung skizzieren die Gasspeicherbetreiber für den kommenden Winter. In drei Modellen wurden kalte, normale und warme Jahresverläufe, wie es sie in den Jahren 2016, 2010 und 2020 gab, zugrunde gelegt. In allen drei Modellen kommen die Berechnungen zu dem Ergebnis, dass die Gasspeicher – auch dank der vorhandenen LNG-Terminals – schon Ende September voll gefüllt sein werden, obwohl der Bund nur eine Zielmarke von 85 Prozent vorsieht. Im Falle eines kalten Winters könnten die Speicherstände rasch wieder sinken, allerdings auch oberhalb der für November erforderlichen Marke von 95 Prozent. Dafür reiche laut INES schon ein moderates LNG-Importaufkommen aus.

Zu ähnlich positiven Ergebnissen kommt aktuell das Beratungsunternehmen Prognos. Die Bundesnetzagentur und die EU-Kommission warnten hingegen zuletzt davor, angesichts des problemlos verlaufenen Winters 2022/23 die Herausforderungen für den kommenden Winter zu unterschätzen.

(mki)