Gigabitausbau: Bund will Obergrenzen für Fördermittel pro Bundesland

Für Flächenländer will das Digitalministerium mit seiner neuen Förderrichtlinie einen Sockelbetrag von 100 Millionen Euro und einen Punktekatalog einführen.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 16 Kommentare lesen
Breitbandausbau

(Bild: TPROduction / shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) will die Breitbandförderung stärker am "Fortschritt des privatwirtschaftlichen Ausbaus, der bestehenden Versorgungslage" und der jüngst vorgelegten Potenzialanalyse ausrichten. Das ist dem Entwurf für eine neue Richtlinie zur Förderung des Gigabitausbaus zu entnehmen, der heise online vorliegt. Die Vorgaben will die Bundesregierung auch in einem Eckpunktepapier festzurren, mit dem das BMDV auf die "massive Überzeichnung" des bisherigen Programms und den folgenden Antragstopp reagiert.

Digitalminister Volker Wissing schlägt demnach vor, "zur zielgerichteten Verteilung der für die Bundesförderung verfügbaren" Mittel Landesobergrenzen einzuführen. Für die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen soll insgesamt bei 75 Millionen Euro Schluss sein. Für die Flächenländer inklusive Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ist ein Sockelbetrag von 100 Millionen Euro vorgesehen, der einen Ausgleich schafft, wenn "zwar weniger, aber dafür kostenintensiver anzuschließende förderfähige Anschlüsse bestehen". Der restliche verfügbare Betrag soll in diesen Ländern nach ihrem prozentualen Anteil der förderfähigen Anschlüsse an deren Gesamtzahl in Deutschland aufgeteilt werden. Ausschlaggebend werde so "der aktuelle Stand des Gigabitausbaus eines Landes".

Laut der geplanten Richtlinie, die zunächst bis Ende 2025 gelten soll, wird der Bund in 2023 ab April wieder Fördermittel in Höhe von rund 3 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Von den öffentlichen Geldern können nur noch Gebiete profitieren, die derzeit über kein Breitbandnetz der nächsten Generation verfügen (weißer Fleck) oder über ein solches, das keine Datenrate von zuverlässig mindestens 200 MBit/s symmetrisch beziehungsweise 500 MBit/s im Download zur Verfügung stellt (grauer Fleck). Weitere Bedingung ist, dass "die geplante Telekommunikationsinfrastruktur" innerhalb der nächsten drei Jahre die Endkunden nicht mit einem Anschluss mit über 500 MBit/s Bandbreite zuverlässig im Download versorgt.

Über die Förderwürdigkeit eines Antrags entscheidet die zuständige Bewilligungsbehörde dem Entwurf nach anhand eines neuen Kriterienkatalogs. Dabei geht es um die Punkte "Nachholbedarf" mit einem hohen Anteil weißer Flecken, "Synergienutzung" mit verbleibenden Versorgungslücken nach bereits realisiertem oder zugesichertem Ausbau, die "digitale Teilhabe im ländlichen Raum", also der Einwohnerdichte, und die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit. Anträge aus Kommunen, die einen besonderen Nachholbedarf beim Gigabitausbau aufweisen, sollen "jederzeit beantragt und bewilligt werden" können ("Fast Lane"). Dazu müssen mindestens 300 Punkten anhand des Katalogs erreicht werden. Die Projektträger sollen für potenzielle Antragsteller einen Online-Wertungsrechner bereitstellen.

Das sogenannte Markterkundungsverfahren wird dem Vorhaben zufolge flexibilisiert und weniger verbindlich. Kann ein an einem Ausbau interessiertes Unternehmen den Start einer Vorvermarktung nicht nachweisen, soll das Gebiet förderfähig werden. Kommunale Branchendialoge sind vorgesehen, um die eigenwirtschaftlichen Ausbaumöglichkeiten besser auszuloten. Insgesamt soll nur noch gefördert werden, wo "der Nachholbedarf am größten ist". Stärken will Wissing das "Betreibermodell", um Städte und Gemeinden besser in die Lage zu versetzen, eigene Netzinfrastrukturen zu errichten und an kommerzielle Provider zu verpachten: Die Kommune kann künftig nach Ablauf der Zweckbindungsfrist die passive Infrastruktur weiter in ihrer Hand halten und so den Betrieb gewährleisten. Ein Verkauf wird nicht mehr nötig.

"Grundsätzlich geht der Entwurf an einigen Punkten in die richtige Richtung", erklärt der Geschäftsführer des Branchenverbands VATM, Jürgen Grützner. "Aber das Grundproblem von zu wenig Priorisierung und zu viel Fördermitteln verlangsamt den Glasfaserausbau und macht ihn gleichzeitig teurer." Die neue Richtlinie schaffe so "nicht die dringend erforderliche Planungssicherheit für den schnellen eigenwirtschaftlichen Ausbau von Glasfasernetzen bis 2030". Damit ein verzahntes Vorgehen auch zeitlich funktioniere, müsste bei Unterschreiten einer "Bagatellgrenze" von Förderanschlüssen ein pauschales schnelles Instrument greifen: Einschlägige Anträge sollten "absolut prioritär abgearbeitet werden – in der 'Super Fast Lane'". Der Schwerpunkt auf kommunale Betreibermodelle sei "absurd", da der Markt so zusätzlich zersplittert werde. Einzelne Länder beklagen dagegen bereits seit Längerem einen "skandalösen" Förderabbau durch den Bund.

(mack)