"Diablo 4": Eindrücke aus der Beta

Töten, sammeln, wiederholen: Die Beta von "Diablo 4" fühlt sich unmittelbar vertraut an. Dabei hat Blizzard höhere Ambitionen als je zuvor.​

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(Bild: heise online)

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Blut, Loot, Dämonen und Menschen, die sich von ihnen verführen lassen: Die Beta von "Diablo 4" hat alles, was ein gutes "Diablo"-Spiel ausmacht – im Guten wie im Schlechten. Tatsächlich wirkt "Diablo 4" dem über zehn Jahre alten Vorgänger nämlich noch recht ähnlich.

Das mag daran liegen, dass Blizzard "Diablo 3" seit Release 2012 kontinuierlich weiterentwickelt hat. Oder daran, dass bestimmte Design-Elemente einfach typisch "Diablo" und damit gewissermaßen zeitlos sind. Das Durchmetzeln der Copy-Paste-Dungeons etwa: Während die Hauptmissionen an individuell gestaltete Orte führen, finden viele der Nebenaufgaben in teilweise zufallsgenerierten Umgebungen statt, deren Aussehen und Layouts sich schon nach wenigen Spielstunden wiederholen.

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So ist "Diablo" eben: Man soll hier Dutzende, Hunderte Spielstunden reinstecken, da kann nicht jedes Dungeon von Hand gezeichnet sein. Dennoch schleicht sich das mulmige Gefühl ein, dass sich die Nebeninhalte in "Diablo 4" ein wenig zu schnell wiederholen. Mal soll man ein paar Gewinde drehen, mal Monsteressenz sammeln, mal einfach einen Schlüssel suchen. Mechanisch läuft das alles aufs Gleiche raus: Es öffnet sich eben die Tür zum Boss.

Die führt in immer den gleichen Bossraum, wo eines von ein paar vorausgewählten Ungetümen wartet. Danach zurück ins Dorf, Items verkaufen – und dann gleich noch mal. Wiederholungstäter sind auch die dynamischen Welt-Events, die in sporadischen Abständen auf der offenen Spielkarte stattfinden und schon nach wenigen Stunden immer die gleichen Szenarien durchspielen.

Veteranen der Reihe haben sich damit arrangiert. Viele von ihnen, die mit "Diablo 2" angefangen haben, werden die neue Grafik lieben: Die "Comic-Grafik" aus Teil 3 ist einer detaillierten, erwachsenen Darstellung gewichen. Im knöcheltiefen Schnee, im knochigen Verlies oder in der modrigen Grotte – "Diablo 4" sieht grandios aus. Und klingt auch so: Jeder Hammerschlag donnert, jeder Blutspritzer peitscht geräuschvoll auf den Dungeon-Boden. Im Hintergrund ächzt das Gebälk, untermauert vom schwermütigen Soundtrack.

Technisch ist "Diablo 4" innerhalb des Hack’n’Slay-Genres in einer eigenen Liga, auch wenn die Beta noch mit hohem Grafikspeicher-Hunger und zahlreichen Rucklern zu kämpfen hat, wenn das VRAM ausgeht – bei hoher Texturauflösung brauchte man mehr als 8 GByte RAM. Bis zum Release im Juni könnte sich das aber noch ändern. Auf der Habenseite: Eine Verringerung der verschiedenen Grafikeinstellungen konnte die Bildrate deutlich steigern, ohne das Spiel merklich zu verunstalten. Zudem hat Blizzard die Upscaling-Techniken FSR und DLSS zur fps-Steigerung integriert, sodass "Diablo 4" auch auf schwächeren PCs läuft.

Ambitionierter als beim Vorgänger ist nicht nur die Optik, sondern auch das Storytelling. Erzählt wird die Geschichte nicht mehr nur in Dialogen und seltenen vorgerenderten Videoszenen. Stattdessen spuckt "Diablo 4" Zwischensequenzen in Ingame-Optik aus – inklusive der sprechenden Spielfigur samt aktueller Ausrüstung. Die Geschichte fühlt sich dadurch viel persönlicher und unmittelbarer an, auch wenn manche Sequenzen noch holprig wirken. Schon die ersten Stunden haben aber mehrere spannende Story-Momente und Wendungen, die Lust auf mehr machen.

Eine weitere große Neuerung: "Diablo 4" ist jetzt ein Multiplayer-Spiel. In der Weltkarte rennen jede Menge andere Spieler durch die Gegend, denen man über Emotes zuwinken kann. Auf Wunsch kann man sich mit Freunden und Fremden zusammentun, um Events in der offenen Spielwelt gemeinsam zu bestreiten. Man läuft aber so oder so immer wieder anderen Spielern über den Weg, ob man nun möchte oder nicht. Nur in Story-Missionen und Dungeons wird man alleine gelassen.

"Diablo 4": Beta angespielt (7 Bilder)

Zwischensequenzen werden in "Diablo 4" oft in Echtzeit gerendert und zeigen die Hauptfigur.
(Bild: heise online)

"Shared World" nennt man das Multiplayer-System, das Blizzard in "Diablo 4" einsetzt. Man kennt es von Spielen wie "Destiny". Mehrspieler-Aktivitäten sind nicht unbedingt der Kern des Spiels, das sich weiterhin ganz gut solo spielen lässt. Begegnungen mit anderen Spielern passieren aber dynamisch und sind Teil des Gesamtpakets. Bestimmte Aktivitäten sind speziell dafür ausgelegt, in der Gruppe angegangen zu werden. In der Beta gab es etwa einen "Weltenboss" namens Ashava, der zu bestimmten Uhrzeiten auftauchte und an einen Raidboss aus "World of Warcraft" erinnerte. Selbst mit einer zufällig zusammengewürfelten Gruppe aus zehn Spielern erwies sich Ashava in der Beta als zu stark – als der Timer ablief, hatte das Riesenviech immer noch Lebenspunkte übrig. Eine Belohnung für den 15-minütigen Kampf gab es also nicht.

Was diese Mehrspielerelemente bewirken sollen, liegt auf der Hand: Einerseits kann Interaktion und gemeinsames Spielen mehr Spaß machen als die immer gleichen Solo-Dungeons. Den Entwicklern eröffnen solche Multiplayer-Elemente andererseits auch die Möglichkeit, ihr Spiel langfristig zu betreiben und Zusatzinhalte über Mikrotransaktionen zu verkaufen. In "Diablo 4" sollen allerdings nur kosmetische Items verkauft werden, verspricht Blizzard. Pay2Win wäre damit zumindest vom Tisch.

Man darf sich ohnehin darauf einstellen, dass "Diablo 4" langfristig weiterentwickelt wird. Balancing-Änderungen sind zu erwarten – bis zum Release und über Jahre danach. In der aktuellen Version fühlte sich das Level-System etwas blutleer an. Nach jedem Stufenaufstieg darf man einen Punkt vergeben, doch die Optionen sind selten begeisternd: Der Barbar kann etwa 3 Prozent höhere Angriffsgeschwindigkeit für Einhandwaffen, 5 Prozent mehr Lebenspunkte oder 4 Prozent mehr Bewegungsgeschwindigkeit freischalten. Das ist eher Feintuning als bedeutender Fortschritt. Echte neue Fähigkeiten lassen sich an vordefinierten Levelgrenzen freischalten. Mit jedem Level-Up steigen außerdem automatisiert Attribute wie Stärke und Willenskraft, selbst aufteilen darf man die Punkte wie schon in "Diablo 3" aber nicht.

Dennoch gibt es etliche Möglichkeiten, die Figur anzupassen und auf das eigene Wunsch-Build zuzuschustern. In Dungeons schaltet man etwa Aspekte mit besonderen Eigenschaften frei, die sich auf Waffen legen lassen. Auch die Effekte legendärer Ausrüstung können nun entfernt und auf andere Gegenstände angewendet werden. Sie verändern Fertigkeiten, etwa indem ein Durchschlagspfeil bei den ersten getroffenen Gegnern zusätzliche Querschläger bekommt. Das alles sind aber eher Optionen fürs Late Game, wenn man die maximale Stufe 50 erreicht hat. In den ersten 20 bis 30 Leveln gab es nur selten Aha-Momente, in denen die Puzzle-Steine zusammenpassen und ein Build plötzlich Sinn ergibt. Vielmehr schlägt man sich eben mit dem durch, was man gerade so hat.

Praktisch sind dagegen Komfortfunktionen, die beim Navigieren des Skilltrees helfen. So kann man ihn etwa nach bestimmten Keywords wie "Blutung" filtern, um schnell Fähigkeiten zu identifizieren, die für die eigene Strategie Sinn ergeben. Wer sich vertan hat oder etwas anderes ausprobieren möchte, kann einzelne oder alle Fertigkeiten gegen einen wachsenden Goldbetrag zurückerstatten und neu verteilen.

An Balancing, Gegenständen und Loot-Tables kann und wird Blizzard in den kommenden Monaten noch drehen. Was wichtiger ist: Es macht wieder jede Menge Spaß, Monsterhorden niederzumähen. Das Kern-Gameplay von "Diablo 4", das Schlachten, sitzt. Wenn man mit dem Barbaren den Skill "Ansturm" einsetzt, fühlt sich das etwa so an, als würde man mit einem Schnellzug in eine Monstermenge krachen. Und die Fähigkeit "Wirbelwind" spaltet dank hervorragender Animationen Skelette, Wölfe und Vampirjäger brachial entzwei. Darauf kann Blizzard gut aufbauen. Das liegt zum Teil auch an der neuen Kamera: "Diablo 4" zoomt weiter rein als die Vorgänger. Man kann die Skills also besser bestaunen, Kämpfe fühlen sich persönlicher an.

Wer "Diablo"-Konkurrenten wie "Path of Exile" spielen möchte, braucht dazu Excel-Kenntnisse und ein Fernstudium an der Universität Youtube. "Diablo 4" ist zugänglicher und richtet sich an ein breiteres Publikum. Auf dem unteren der beiden anfangs freigeschalteten Schwierigkeitsgrade kommt man zunächst auch ohne Vorabkenntnisse durch. Die Kunst besteht darin, die Komplexität Schritt für Schritt aufzubauen, damit sich Serienveteranen im späteren Spielverlauf nicht unterfordert fühlen.

Wie gut das "Diablo 4" gelingt, bleibt abzuwarten – anhand der Beta kann man die Langlebigkeit des Hack’n’Slays zumindest nicht einschätzen. Aber die Grundlagen stimmen. "Diablo 4" sieht stark aus, klingt überragend, spielt sich eingängig. Wenn der Umfang stimmt, die Server halten und Blizzard nach Release regelmäßig neue Inhalte nachreicht, könnte vielleicht auch "Diablo 4" wieder ein Jahrzehnt lang unterhalten.

Die Vorbesteller-Demo von "Diablo 4" lief vom 17. bis zum 20. März. Vom 24. bis zum 26. März findet eine offene Beta statt. Das fertige Spiel erscheint am 6. Juni für PC, Xbox One, Xbox Series X/S, Playstation 4 und Playstation 5.

Siehe auch:

(dahe)