Sperrverfügungen gegen Websites: Einer kam durch

Telefonica (Mediaways/HighwayOne) muss die Sperrverfügungen der Bezirksregierung Düsseldorf gegen Websites nicht durchführen; die Beschwerde gegen die Aussetzung der Sperrungsverfügung wurde zurückgezogen.

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Von
  • Monika Ermert

Der Telekommunikationsanbieter Telefonica muss die von der Bezirksregierung in Düsseldorf ins Visier genommenen Nazi-Webseiten nicht sperren. Die Bezirksregierung hatte bundesweit als erste Aufsichtsbehörde die Sperrung von Internetseiten mit rechtsextremistischem Inhalt verfügt. Die nordrhein-westfälische Aufsichtsbehörde für das Internet hatte 76 Zugangsanbieter zur sofortigen Sperrung von zwei Neonazi-Webseiten aus den USA aufgefordert. 16 Unternehmen haben dagegen geklagt. Diverse Gerichte hatten in vorläufigen Entscheidungen die Sperrungsverfügungen bestätigt, eines der Online-Wirtschaft Recht gegeben.

Die Bezirksregierung selbst hat ihre Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Minden zurückgezogen, das die sofortige Vollziehung der Verfügungen aussetzte. Aus dem OVG gab es im Fall des Internet-Providers Telefonica Deutschland (aus Mediaways und HighwayOne entstanden) offenbar Signale, dass man diesen Fall anders beurteilen werde als die Beschwerden von sechs weiteren Providern. Am heutigen Montag erhielt Telefonica nun auch den Aufhebungsbescheid für die Sperrverfügungen insgesamt. Damit ist das Unternehmen auch im Hauptsacheverfahren, bei dem es um die grundsätzliche Zulässigkeit der Verfügungen und nicht nur um ihren sofortigen Vollzug geht, aus dem Spiel und muss die Sperrungen von Websites, die die Bezirksregierung verfügt hat, nicht durchführen.

Warum in einem einzigen Fall schon erstinstanzlich und nun auch vom OVG die Sperrverfügungen anders beurteilt werden, dürfte Stoff für viele juristische Debatten sein. "Bei Telefonica handelt es sich um einen Netzwerk- und nicht um einen Accessprovider", sagte Ulrich Lau, der Sprecher des Oberverwaltungsgerichtes gegenüber heise online. Eine genaue schriftliche Begründung dafür, warum Telefonica anders eingeschätzt wird als die anderen Internet-Provider, gibt es freilich nach dem Rückzug der Bezirksregierung nicht.

"Formale und nicht materielle Fragen" und "Zulässigkeitsfragen" hätten im Fall Telefonica den Ausschlag gegeben, sagte Bernd Hamacher, der Sprecher der Bezirksregierung in Düsseldorf . "Das ist für uns nicht das entscheidende Verfahren von der Sache her." Stattdessen verweist Hamacher auf die Erfolgsbilanz: "In allen anderen Verfahren haben wir gewonnen." Man wolle nach der Bestätigung der eigenen Position mit den Providern wieder vermehrt über Selbstregulierungsmaßnahmen ins Gespräch kommen. Zum Komplettrückzug aus dem Telefonica-Verfahren konnte Hamacher vorerst nicht Stellung nehmen.

Bei Telefonica wurde die Entscheidung begrüßt. "Allerdings hätten wir in der Tat gerne auch eine klare Begründung gehabt", sagt die Telefonica-Sprecherin Claudia Burkhardt. Mediaways brachte in erster Linie das Großkundengeschäft in das neue Unternehmen, über HighwayOne sei man allerdings auch ein großer Anbieter für Mittelständler, betonte Burkhardt.

Inwieweit Telefonica sich grundlegend von den restlichen Providern unterscheidet, darüber darf man sich jetzt beim Providerverband Electronic Commerce Forum (eco) den Kopf zerbrechen. Hannah Seiffert, Leiterin des Berliner Büros des Verbandes, sagte: "Bis auf zwei Unternehmen sind auch die von uns vertretenen Provider vorwiegend im Geschäftskundenbereich tätig." Das OVG hatte in allen anderen Verfahren die Sperrverfügungen auch insgesamt als wahrscheinlich rechtmäßig bezeichnet. Auch wenn es erfreulich sei, dass das Gericht eine differenzierte Betrachtung der Unternehmen vornehme, sei man mit der jetzigen Situation weit entfernt von einer gewissen Rechtssicherheit oder auch nur Klarheit. "Wir hätten natürlich zu gerne gesehen, wie das OVG die Differenzierung der Unternehmen vorgenommen hätte." Mit einer solchen Begründung hätte man dann auch in den anstehenden Hauptverfahren argumentieren können. Die Frage bleibt aber, inwieweit die Provider Anspruch auf Gleichbehandlung geltend machen können. (Monika Ermert) / (jk)