Kryptowährungen: Kanada schränkt Spekulation stark ein

Nur registrierte Krypto-Dienstleister dürfen Kanadier bedienen. Verboten werden Wetten auf Kredit und Nutzung von Kundeneinlagen. Der Rest wird begrenzt.

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Brennende 100-Euro-Scheine

(Bild: photoschmidt/Shutterstock.com)

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Neue Regeln für Anlegerschutz schränken die Kryptowährungsbranche in Kanada stark ein. Anlass sind enorme Verluste für Anleger, unter anderem durch die vielen Brandherde nach dem FTX-Kollaps, sowie grassierender Betrug und Geldwäsche. Der Dachverband der kanadischen Kapitalmarktbehörden CSA (Canadian Securities Association) verlangt, dass sich alle Anbieter (Crypto asset Trading Platforms, CTPs) registrieren, umfangreiche Bedingungen erfüllen sowie Angebote und Werbung einschränken. Verbleibende Anbieter müssen finanziell potent sein, wobei der Wert vom Anbieter gehaltener Kryptowährungen mit null angesetzt wird.

"This provision is based on the fact that most crypto assets are speculative in nature and that their value is highly volatile. As a new class of assets, crypto assets have limited investment history which indicates that they may lose substantial, if not all, their value in a very short period", erklären die CSA.

Generell verboten werden Kryptowetten auf Kredit, Margin oder andere Formen des Leverage, auch für ausländische Kunden; Ausnahmen gibt es nur für bestimmte Einrichtungen, darunter Finanzinstitute, Pensions- und Investmentfonds, Behörden, wohltätige Einrichtungen, sowie Personen, die mehr als fünf Millionen Dollar Nettovermögen haben.

Ein scharfes Auge werfen kanadische Behörden auf sogenannte Stablecoins – das sind virtuelle Münzen, die vorgeblich stabile Wechselkurse in eine echte Währung haben sollen. Schon der suggestive Begriff Stablecoin stößt den Behörden sauer auf. Sie nennen das Kind lieber "Value-Referenced Crypto Assets" (VRCA). Komplett verboten ist der Handel von VRCA, die nicht zur Gänze mit echten, liquiden Geldreserven gedeckt sind. Das betrifft beispielsweise "algorithmisch gesicherte" Stablecoins wie Luna.

Gibt es durchgehende Deckung in echtem Geld, und wird dieses von bestimmten unabhängigen Einrichtungen getrennt verwaltet, bedeutet das noch nicht, dass der Handel mit so einer Stablecoin erlaubt wäre: Der Plattformbetreiber hat dann lediglich die Möglichkeit, um Genehmigung für den Handel anzusuchen. Im Genehmigungsverfahren soll sich nicht nur die Handelsplattform, sondern auch der Herausgeber der Stablecoin beteiligen. Und überhaupt, so die ausdrückliche Warnung, seien Vorschriften und etwaige Genehmigungen nur vorläufig und könnten sich jederzeit ändern oder widerrufen werden

Grundsätzlich genehmigungspflichtig ist der Handel mit sogenannten Securities (ungenau als "Wertpapiere" übersetzt). Was genau Securities sind, konnte oder wollte der Dachverband der kanadischen Finanzaufsichtsbehörden CSA auch auf konkrete Nachfrage heise onlines nicht erklären. Das zu beurteilen ist ausdrücklich ein Risiko, dass die CTPs auf sich nehmen müssen. US-Behörden wie die SEC (Securities Exchange Commission) und die New Yorker Staatsanwaltschaft stufen klassische Kryptowährungen als Security ein, die CTFC (Commodity Futures Trading Commission) als anders regulierte Commodity (Wirtschaftsgut).

Gummiparagraph "Securities"

Aus diversen Behördendokumenten geht heraus, was neben klassischen Wertpapieren jedenfalls als Securities eingeschätzt wird: Die meisten Stablecoins, alle Neuausgaben von Kryptowährungen (Initial Coin Offers, ICO), Staking von Kryptowährungen, alle virtuellen Dinge die einen Anteil an einem erhofften Ertrag oder einem Wert versprechen (beispielsweise tokenisierte Wertsachen, Immobilien, Unternehmen, Wertpapiere, etc.), Vereinbarungen über die zukünftige Zuteilung virtueller Münzen, als Belohnungen für Werbung zugeteilte virtuelle Münzen, in limitierter Stückzahl aufgelegte virtuelle Münzen, als Zahlungsmittel angepriesene aber noch nicht weitläufig akzeptierte virtuelle Münzen, als vermutlich im Wert steigend angepriesene Münzen, und so fort – mithin mehr oder weniger alles, was irgendwie einen Wert verbriefen oder Hoffnung auf Wertsteigerung wecken könnte. Sogar die Form der Anpreisung kann den Unterschied machen, beispielsweise wenn ein Token theoretisch für eine bestimmte Dienstleistung genutzt werden kann, diese aber nur im Ausland erhältlich ist, der Token jedoch in Kanada beworben wird – denn dann stünde die Spekulation auf Wertsteigerung im Vordergrund. Und natürlich alle Derivate von Securities.

Ebenfalls nur mit vorheriger Genehmigung dürfen die Krypto-Plattformen eigene virtuelle Münzen ausgeben sowie eigene oder von Partnern ausgegebene virtuelle Münzen handeln. Auch hier wollen die zuständigen kanadischen Behörden den Deckel draufhalten. Welche der 13 kanadischen Behörden zuständig ist, hängt vom Sitz des Anbieters ab; in Kanada hat jede Provinz und jedes Territorium eine eigene Finanzaufsicht.

Dort müssen sich grundsätzlich alle CTPs registrieren. Wer das noch nicht getan hat, hat bis Ende der Woche Zeit, den entsprechenden Antrag zu stellen, andernfalls muss er allen kanadischen Kunden kündigen. Anbieter, die den Antrag fristgerecht stellen und gedeihlich am Verfahren mitwirken, dürfen weiterarbeiten, müssen aber sogleich die Bedingungen für bereits registrierte Anbieter erfüllen. Derzeit befindet sich nur crypto.com in diesem Stadium. Dessen Betreiber hat im August einen Antrag gestellt, wird diesen im Hinblick auf die strengeren Regeln wohl überarbeiten müssen.

Zu den Auflagen zählt, dass Kundeneinlagen getrennt verwaltet und für keinerlei eigene Zwecke genutzt werden. Mindestens 80 Prozent der Kundeneinlagen muss der Plattformbetreiber überhaupt einem qualifizierten Treuhänder übergeben. Qualifiziert sind dabei nur kanadische Geldinstitute, eine von zwei Dutzend weiteren Clearingbanken anderer Länder, sowie andere Depotbanken, die die Voraussetzungen für kanadische Investmentfonds erfüllen, oder eine im Einzelfall ausdrücklich genehmigte sonstige Einrichtung.

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Die kanadische Niederlassung jeder Krypto-Plattform muss relevante Entscheidungen unabhängig treffen, regelmäßig finanzielle Details, Risiken und Interessenkonflikte offenlegen, Qualifikation und Erfahrung nachweisen, einen qualifizierten Chief Compliance Officer und umfangreiche Compliance-Kontrollen haben, genügend finanzielle Reserven haben – wobei Krypto-Münzen nicht berücksichtigt werden –, versichert sein, eine Art Bankgeheimnis wahren sowie bei Werbung und in sozialen Netzwerken darauf achten, dass alle Angaben fair, balanciert und nicht irreführend sind. Untersagt sind Beratung oder Empfehlungen für Kunden.

Hinzu kommen Höchstbeträge, die CPTs von Kanadiern entgegennehmen dürfen. Hier gibt die noch unter den alten Regeln erteilte Betriebsgenehmigung für Coinbase einen Vorgeschmack: Privatkunden dürfen in zwölf Monaten maximal 30.000 kanadische Dollar (gut 20.000 Euro) aufs Spiel setzen, sofern sie nicht Millionäre mit hohen Einkommen sind. Ausgenommen von dieser Beschränkungen wurde nur der Kauf von vier Kryptowährungen: Bitcoin, Bitcoin Cash, Ether und Litecoin.

"We remind investors that trading in crypto assets comes with elevated levels of risk that may not be suitable for many investors, in particular retail investors. Generally speaking, purchasing crypto assets is a speculative activity and the value and liquidity of crypto assets are highly volatile. Unregistered CTPs accessible by Canadians may not have essential safeguards that help protect investors' assets from loss, theft or misuse", warnen die kanadischen Behörden.

Wie sich das alles auswirkt, ist im Detail noch offen. Im Groben ist klar, dass Aufwand und Kosten für die CTPs stark steigen, während die Umsatzmöglichkeiten gleichzeitig zurückgehen. Auch die lukrative Nutzung der Kundeneinlagen für eigene Zwecke fällt weg.

Damit dürfte sich das Geschäft, wenn überhaupt, nur noch für ein paar große Anbieter rechnen. Auch für die Kryptozocker dürften Gebühren und Verwaltungsaufwand steigen, was einige abhalten dürfte. Und das ist sicher kein unerwünschter Nebeneffekt der kanadischen Regulierung.

(ds)