Ist das neue Urheberrecht verfassungswidrig?

Die S.A.D. GmbH, Hersteller unter anderem von DVD-Kopiersoftware, will Klage gegen das neue Urheberrechtsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen.

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Von
  • Nico Jurran

Die S.A.D. GmbH will Klage gegen das neue Urheberrechtsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen. Dies kündigte das Ulmer Unternehmen jetzt gegenüber der Presse an. Die neuen Regelungen untersagen das Erstellen einer Privatkopie von Werken unter "Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zum Schutz eines Werkes ohne Zustimmung des Rechtsinhabers" (§ 95a des neuen UrhG). Wer also etwa mit einem Brenner- oder Wandlerprogramm eine kopiergeschütze Audio-CD, DVD oder Software für den eigenen Laptop, das Auto oder für einen Freund brennen will, handelt künftig rechtswidrig. Die Herstellung, Verbreitung und der Verkauf derartiger Programme ist zukünftig sogar gänzlich verboten. Details zum neuen Urheberschutzgesetz und seinen Auswirkungen veröffentlichte c't in Ausgabe 9/2003: Zaghaft nach Digitalien -- Das neue Urheberrecht auf Probe, S. 18, und Kopieren verboten?, S. 20.

In den Bestimmungen des neuen § 95a sieht S.A.D. allerdings einen Eingriff, der einer Enteignung gleichkomme. "Weite Teile unserer Entwicklungsinvestitionen, Nutzungsrechte und unserer Ware sind wertlos geworden, eine im Grundgesetz garantierte Entschädigungsregelung für Hersteller von Kopierprogrammen können wir jedoch nirgendwo finden", erklärte der leitende Produktmanager Robert Knapp in einer Pressemitteilung. S.A.D. hat in Zusammenarbeit mit der Engelmann Media GmbH die Produkte MovieJack, GameJack, SimDisc und CDRWIN entwicklelt und dafür nach eigenen Angaben erhebliche Kosten aufgewendet. Das Unternehmen hat gerade erst die Version 3 ihres DVD-Rippers/-Konverters MovieJack auf den deutschen Markt gebracht.

Andererseits ergibt sich in Verbindung mit dem neu gestalteten § 53 des Urheberrechtsgesetzes, dass einzelne Vervielfältigungen eines -- nicht kopiergeschützen -- Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern weiterhin zulässig ist, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen. "Was der Gesetzgeber nicht berücksichtigt hat, ist, dass es nach derzeitigem Stand der Technik jedoch völlig unmöglich ist, eine Unterscheidung zu treffen zwischen einer kopiergeschützen Audio-CD und einer kopiergeschützen Daten-CD. Alle am Markt verfügbaren Standard-Recordingprogramme wären de facto illegal, denn jedes Kopierprogramm ist in der Lage, von der einen oder anderen kopiergeschützten Audio-CD eine Kopie anzufertigen", meint Knapp. Auch hier beruft sich S.A.D. auf das Grundgesetz, das verlangt, dass der Einzelne von vornherein wissen muss, was strafrechtlich verboten ist und welche Strafe ihm für den Fall eines Verstoßes gegen das Verbot droht.

Der Verbraucher wird es nach Ansicht von Robert Knapp wegen der unklaren Rechtslage auch lieber lassen, ein solches Programm anzuwenden, als dass er sich in die Gefahr zivilrechtlicher Verfolgung begebe. S.A.D. will daher nach eigenen Aussagen mit der Klage eine eindeutige gesetzliche Regelung erzwingen statt auf Reaktionen der Musik- und Videoindustrie zu warten. In den USA hatte die amerikanische Firma 321 Studios Ende April in einem vergleichbaren Fall gegen mehrere Hollywood-Studios Klage eingereicht auf Feststellung, dass ihre DVD-Backup-Software "DVD Copy Plus" keine zentralen Bestimmungen des Digital Millennium Copyright Act (DMCA) verletzt oder ihre Kunden unrechtmäßig darin unterstützt, Raubkopien von DVDs anzufertigen. Am 15. Mai will das US-Gericht eine vorläufige Entscheidung in diesem Fall bekannt geben. (nij)