Strafanzeige gegen YouTube wegen rassistischer Musik

Die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes hat rechtliche Schritte gegen das Videoportal wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet, die Firma verweist dagegen auf die gegebenen Meldefunktionen.

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Die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes hat rechtliche Schritte gegen YouTube wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet. Die gestellte Strafanzeige richtet sich gegen einen Song der rechtsextremen Musikgruppe "Zillertaler Türkenjäger" mit dem Titel "Türke, Türke". Das sich auf dem Index befindliche Lied stammt nach Angaben der Bildungseinrichtung von der 1997 produzierten CD "12 doitsche Stimmungshits" und wurde wegen Volksverhetzung auf Basis von Beschlüssen diverser Amtsgerichte bundesweit beschlagnahmt.

Der Leiter der Landeszentrale, Burkhard Jellonnek, bezeichnete es als "Unding", dass derart rassistischen Texte "nunmehr im Internet Verbreitung finden". Er monierte insbesondere, dass sie auf einem "in Deutschland stehenden Server" eingestellt worden seien und in kürzester Zeit "mehrere tausend Zugriffe" generiert hätten. Er sei bei einer Recherche für eine Diskussionsveranstaltungen mit Schülern zum Thema "Rechtsextremistische Musik" auf das Video aufmerksam geworden. Die Anzeige habe er bereits am Freitag gestellt. Am Montagmorgen sei das Lied noch immer abrufbar gewesen. YouTube habe es erst im Laufes des weiteren gestrigen Tages entfernt.

Ein für YouTube in Deutschland sprechender Mitarbeiter des Mutterkonzerns Google zeigte sich gegenüber heise online überrascht vom Vorgehen Jellonneks, von dem er nur aus den Medien erfahren habe und das von Google bisher nicht bestätigt werden kann: Seines Wissens nach sei es das erste Mal in Deutschland, dass eine Strafanzeige gegen YouTube direkt gerichtet worden sei. Wer auf illegale Inhalte auf der Videoplattform stoße, könne diese "mit wenigen Klicks" melden. Mehrere Teams weltweit würden die Eingänge rund um die Uhr und auch an Wochenenden prüfen und bei Vorliegen eines offensichtlichen Rechtsverstoßes oder Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen entfernen. Dies dauere in der Regel etwa eine Stunde. Zu konkreten Einzelfällen gebe man keine Auskunft.

Der YouTube-Sprecher betonte weiter, dass Provider gemäß der Haftungsregeln im Telemediengesetz (TMG) keine "aktiven Überwachungspflichten" hätten. Nach einer ordnungsgemäßen Inkennnissetzung über rechtswidrige Inhalte müssten sie aber handeln. Im übrigen biete man einen "Flagging-Prozess" auf der Videoplattform an, der gut ankomme. Gleiche Dateien könnten in der Regel nach einer Sperrung auch nicht noch einmal eingestellt werden, da sie über einen Hashwert erkannt würden. Die Nutzungsbedingungen von YouTube in Deutschland untersagten ferner das Hochladen rechtsextremistischer oder anderer illegaler Inhalte.

Jellonek will es mit derlei Handhaben aber nicht bewenden lassen. Er gehe von einer Pflicht für Plattformbetreiber aus, das Einstellen zumindest indizierter Titel von vornherein zu verhindern. Die Anzahl der Werke, die auf der Schwarzen Liste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften stünden, sei überschaubar. Diese dürften generell nicht weiterverbreitet werden. Die Meldefunktion sei schön und gut, aber ein Anbieter wie YouTube "darf nicht andere Leute seine Arbeit machen lassen".

Vertreter von Minderheiten wie den Sinti und Roma beklagen seit Längerem den Missbrauch insbesondere von Web-2.0-Seiten für rassistische Propaganda. Einschlägige Songs würden tausendfach über Videoportale verbreitet. Das Herunternehmen entsprechender Clips biete nur kurzfristig eine Abhilfe, da diese immer wieder neu eingestellt würden. Ein strafrechtliches Vorgehen gegen dieses Treiben sei kaum möglich. (Stefan Krempl) / (jk)