COS: Wie der neue Chef das Vertrauen bei Kunden und Lieferanten wiederherstellen kann

Seit Anfang dieser Woche hat der angeschlagene "Traditionsdistributor" COS in Linden einen neuen Chef. Der scheint zu wissen, was zu tun ist. Hoffentlich weiĂź er auch, wie.

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Von
  • Damian Sicking

Dirk Rahn, Vorstand, COS AG

(Bild: COS)

Lieber frisch gebackener COS-Chef Dirk Rahn,

es ist sicher nicht die schlechteste Maßnahme, einen unternehmerischen Neuanfang mit einem neuen Gesicht an der Spitze zu wagen. Insofern ist Ihre Ernennung zum Vorstand des angeschlagenen Distributors COS AG in Linden auch als Signal zu verstehen. Denn weitermachen wie bisher, das war und ist für den "Traditionsdistributor" (Pressemitteilung) aus Linden vor allem nach den Turbulenzen der vergangenen Monate nicht möglich.

Aber wer ist der neue Chef bei COS? Wo kommt er her, was hat er vorher getan, was für ein Mensch ist er, welche Stärken und Schwächen hat er? Warum hat man ihn für diesen schwierigen Job ausgewählt? Was qualifiziert ihn dafür? Und warum hat er sich seinerseits entschieden, diese Herausforderung anzunehmen? Das sind die Fragen, die sich nicht nur die COS-Mitarbeiter, sondern natürlich auch die Kunden und Lieferanten stellen. Eines kann man jedenfalls sagen: Aus Branchensicht haben Sie den Vorteil, recht unbelastet an die neue Aufgabe herangehen zu können. Denn obwohl Sie, wie es in der Mitteilung über Ihre Inthronisation heißt, "seit vielen Jahren in der IT-Branche in leitenden Positionen tätig" waren, gehörten Sie bisher nicht zu den Personen, über die viel geredet wurde.

Zunächst einmal also etwas Persönliches: Sie sind 46 Jahre alt und gaben als Ihre Interessen Familie, Freunde, Sport und gutes Essen an. Was die Karriere betrifft, so waren Sie von 1991 bis 1998 gut sieben Jahre bei Soyo Technology, zuletzt als Vertriebs- und Marketingdirektor, es folgten drei Jahre als Geschäftsführer beim Motherboard-Hersteller und Komponenten-Distributor NMC Peripherals Europe, der sich im Jahr 2001 in Enmic umbenannte und Anfang 2008 den Geschäftsbetrieb einstellte. Hier waren Sie zuletzt als Vertriebs- und Marketingvorstand tätig. Von Mai letzten Jahres bis zu Ihrem Engagement bei COS standen Sie als Leiter Vertrieb, Einkauf und Marketing bei der Kabelfirma Kabelvertrieb Jörn Eckmann GmbH auf der Payroll. Interessant auch: Ziemlich am Anfang Ihrer Laufbahn, in den Jahren 1990/91, waren Sie Angestellter des damals recht bekannten IT-Distributors Frank & Walter in Braunschweig, der Stadt also, in der die neue COS-Mutter Devil bzw. die Investmentgesellschaft Triacon ihren Stammsitz hat. So schließt sich der Kreis, kann man sagen.

In Ihrem ersten öffentlichen Statement als COS-Chef sagten Sie, lieber Herr Rahn, dass es nun die wichtigste und dringendste Aufgabe sei, "das Vertrauen unserer Kunden und Lieferanten wiederzugewinnen". Das ist sicher richtig erkannt. Die Frage ist: Wie schafft man das? Die Antwort darauf habe ich bei Ihnen nicht gelesen. Ich denke, Vertrauen schafft man in erster Linie durch konsistentes Verhalten. Damit ist gemeint, dass man auf bestimmte Fragen, Herausforderungen und Probleme immer dieselben Antworten und Reaktionen zeigt, und nicht mal so und am anderen Tage anders und am dritten Tag noch wieder anders. Das Ergebnis aus diesem konsistenten Verhalten ist Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit, und daraus erwächst Vertrauen. Allerdings braucht das naturgemäß Zeit. Die Losung also "Wir müssen jetzt mal eben schnell Vertrauen schaffen, und zwar zackzack", die geht mit Sicherheit nicht auf. Vertrauen schaffen ist keine Terminsache mit Deadline.

Lieber Herr Rahn, es gibt derzeit sicher einfachere Jobs in der Branche als den Ihren, aber die Aufgabe, COS wieder in die Spur zu bringen, ist sicher ungemein spannend und herausfordernd. Insofern klasse. Was mich nur ein wenig stutzen läßt: Sind das nicht so ziemlich die gleichen Bedingungen, unter denen Ihr Vorgänger Michael Krings vor drei Jahren beim Lindener "Traditionsdistributor" angetreten ist?

Viel Erfolg!

Damian Sicking

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