EU-Großprojekt: SAP soll offene europäische Cloud-Infrastruktur entwickeln

Der Bund hat den Förderstart für ein erstes, von SAP durchgeführtes Teilprojekt des EU-Beihilfeprogramms für eine industrielle Cloud (IPCEI-CIS) angekündigt.

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(Bild: gotphotos/Shutterstock)

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Das vor allem von Deutschland und Frankreich seit 2020 vorangetriebene "Wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse" (IPCEI) für Cloud-Infrastrukturen und -Services (CIS) der nächsten Generation nimmt Fahrt auf. Das Bundeswirtschaftsministerium hat am Freitag bekannt gegeben, den vorzeitigen Beginn eines Teilprojekts von SAP genehmigt zu haben. Mit diesem Förderstart kann der Walldorfer Softwarekonzern mit seiner Initiative beginnen, offene Referenzarchitekturen (ORA) für eine europäische Cloud-Edge-Infrastruktur mitzuentwickeln. Bei solchen grundlegenden Diensten für Rechnerwolken geht es darum, die Datenverarbeitung möglichst nah hin zum Anwender an den Rand eines Netzwerks zu verlagern.

Ziel des SAP-Vorhabens ist es, zusammen mit anderen IPCEI-Partnern Basisbestandteile wie Softwarekomponenten inklusive Schnittstellen für eine offene und hoch interoperable europäische Cloud-Infrastruktur zu schaffen. ORA soll Umgang mit Programmen und Daten unter fairen Wettbewerbsbedingungen ermöglichen. Geplant ist laut dem Wirtschaftsressort ein "gemeinsames Betriebssystem" für Dienste mit Künstlicher Intelligenz (KI). Andere Cloud- und Lösungsanbieter insbesondere aus dem Mittelstand sollen die Möglichkeit haben, sich ohne große Voraussetzungen in das vorgesehene dezentrale Ökosystem zu integrieren. Dabei helfen wird dem Plan nach eine "gemeinsame Dienste- und Berechtigungslösung".

An dem auch als "Industrial Cloud" bekannten IPCEI sind zwölf EU-Länder beteiligt, darunter neben den Ideengebern etwa Ungarn, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Polen und Spanien. Das SAP-Projekt ist das erste von insgesamt 22 deutschen Teilinitiativen. Im Rahmen des Zentralvorhabens arbeiten europaweit 150 Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammen. Eine wichtige Rolle sollen etwa auch Siemens, die Deutsche Telekom und Atos spielen. Das Gesamtinvestitionsvolumen aller europäischer Partner liegt bei rund fünf Milliarden Euro. Deutschland will zunächst bis zu 750 Millionen Euro einbringen. Der Bund plant einen weiteren Förderaufruf mit Fokus auf "nachhaltige und resiliente Nutzungsszenarien".

Generell soll das IPCEI-CIS zentrale und dezentrale Rechenkapazitäten unterschiedlichster Akteure auf einer gemeinsamen technologischen Grundlage zusammenführen. So werde eine anbieterunabhängige Datenverarbeitung in Echtzeit über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg möglich, heißt es beim Wirtschaftsministerium. Dies eröffne der Industrie neue Ebenen für innovative digitale Geschäftsmodelle. Entstehen sollten "fortschrittliche Cloud-Lösungen, die ein hochleistungsfähiges Angebot für die selbstbestimmte Speicherung, Nutzung und Verarbeitung von Unternehmensdaten in Europa ermöglichen". Das Beihilfevorhaben werde mit dem älteren europäischen Cloud-Projekt Gaia-X "synchronisiert".

Dass mehrere Mitgliedsstaaten das IPCEI für eine Industriecloud aufgelegt haben, erachtete Peter Ganten, Vorsitzender der Open Source Business Alliance, vor anderthalb Jahren als hilfreich. Darüber könne "die nächste Finanzierungsstufe" auch für Projekte im Gaia-X-Umfeld gezündet werden. Der Präsident des IT-Verbands Bitkom, Achim Berg, begrüßte den jetzt erfolgten Startschuss als "entscheidenden Beitrag zu einer stärkeren europäischen digitalen Souveränität". Cloud- und Edge-Computing seien die Basis für Zukunftstechnologien wie Big Data und KI. Für viele Anwendungen sei "eine dezentrale Datenverarbeitung vorteilhaft oder unabdingbar, etwa beim autonomen Fahren, bei der Datenanalyse in der Produktion oder der Dezentralisierung des Energiesystems".

(bme)