Schlagabtausch zu Softwarepatenten in den USA

Die beim Obersten US-Gerichtshof anstehende Grundsatzentscheidung über gewerbliche Schutzrechte auf Geschäftsmethoden und Software hat zu zahlreichen Eingaben von Firmen und Verbänden geführt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 110 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die beim Obersten US-Gerichtshof anstehende Grundsatzentscheidung über Patente auf Geschäftsmethoden und Software hat zu zahlreichen Eingaben von Unternehmen und Verbänden geführt. Die Befürworter eines weitgehenden gewerblichen Rechtsschutzes hatten sich in dem Fall des US-Programmierers Bernard Bilski bereits Anfang August ohne große öffentliche Bekanntgaben in Stellung gebracht. Bis Ende September waren nun auch die "Amicus curiae"-Eingaben der Softwarepatent-Gegner fällig. Open-Source-Unternehmen und Verbände aus dem Umfeld Freier Software nutzten die Abgabe ihrer Stellungnahmen, um in Presseerklärungen eine endgültige Kurskorrektur im US-Patentwesen einzufordern.

Markige Worte fand dabei Eben Moglen vom Software Freedom Law Center (SFLC): "Die Patentierung von Software hat sich zu einer Geißel der globalen Technologie-Industrien entwickelt", schreibt der Rechtsanwalt. In seiner Eingabe führt Moglen aus, Software sei nichts als eine Aneinanderreihung von Computerbefehlen. Computerprogramme dürften genauso wenig patentierbar sein wie eine mathematische Gleichung oder eine präzise Beschreibung physikalischer Gesetze. Auch Ciaran O'Riordan von der Kampagne End Software Patents, die von der Free Software Foundation (FSF) unterstützt wird, bezeichnet Softwarepatente als "wirtschaftlichen Fehler" und Hindernis für den Fortschritt. Die Zulassung von Softwarepatenten habe "perverse ökonomische Folgen" gehabt, da neben Entwicklern verstärkt Anwender in der allgemeinen Wirtschaft verklagt würden.

Red Hat stößt ins gleiche Horn und erklärt, dass das Patentsystem die Software-Entwicklung blockiere. Eine ganze neue Klasse von Unternehmen in Form von "Patent-Trollen" sei entstanden, die ständig vor Gericht ziehe, um die Fehler im System auszunutzen. Software müsse generell von der Patentierbarkeit ausgenommen werden. Auch der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur fordert in seinem Schreiben (PDF-Datei) weitere "Schutzmaßnahmen" gegen gewerbliche Schutzrechte auf Computerprogramme.

Konkret zur Debatte steht der Anspruch Bilskis auf einen zeitlich beschränkten Monopolschutz für ein Verfahren, mit dem angeblich durch externe Faktoren verursachte Schwankungen in der Verbrauchernachfrage nach allgemein verfügbaren Gütern wie Energie vorhergesagt werden können. Das US-Patentamt hatte den Antrag zurückgewiesen, da er als rein ökonomisches Verfahren ohne expliziten Bezug zur Technik nicht schutzwürdig sei. Dieser Ansicht hatte sich das Berufungsgericht in Washington angeschlossen. Es verwies darauf, dass patentierbare Programme oder Verfahren auf eine spezielle Maschine oder einen Apparat bezogen sein oder einen bestimmten Gegenstand in einen anderen Zustand oder eine andere Sache umwandeln müssen.

Mit dieser Einschränkung können auch patentierfreudige Konzerne wie Microsoft, Philips und Symantec leben. Kein Mensch außer Bilski selbst sei der Meinung, dass seine Ansprüche einen Patentschutz verdient hätten, betonen die drei Firmen in einer gemeinsamen Stellungnahme (PDF-Datei). Zugleich drängen sie aber darauf, dass die Anforderungen des Berufungsgerichts schwer anzuwenden seien und daher nicht ausschließlich gelten dürften. Verfahrensansprüche, die einen Computer einbeziehen, sollten patentierbar sein.

Klar auf die Seite Bilskis haben sich Konzerne wie IBM (PDF-Datei) oder Yahoo (PDF-Datei) gestellt. Ihrer Ansicht nach macht es in der digitalen Welt keinen Sinn, den Fokus bei der Patentierbarkeit auf physikalische Bezüge und Auswirkungen auf die Naturkräfte zu legen. Ein angemessener Test habe allein auf den "technischen Beitrag" einer möglichen Erfindung zu achten. Auch die deutsche Teles AG hat sich positioniert (PDF-Datei) und das Feld schutzwürdiger Materie als "dynamisch" bezeichnet. Zugleich macht sich das Unternehmen für die Harmonisierung des US-Patentsystems mit denen anderer Länder stark. Die lange Reihe der Unterstützer des Klägers umfasst ferner Konzerne wie Accenture, Borland oder Novartis, Verbände wie die Business Software Alliance (BSA) sowie von Patentanwälten und Einzelpersonen. (vbr)