Lufthansa: Internet im Flugzeug? Bitte nicht!

Ab Mitte kommenden Jahres will die Lufthansa die Internetnutzung auf LangstreckenflĂĽgen erlauben. Eine schlechte Idee. Denn damit wird Fliegen fĂĽr viele Manager sinnlos.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber,

ab Mitte kommenden Jahres soll man auch in den Flugzeugen der Lufthansa im Internet surfen, SMS und E-Mails verschicken dürfen. Ich halte das für eine ganz schlechte Idee und möchte Sie dringend bitten, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken. Denn die Folgen sind unübersehbar – weniger für die Lufthansa, dafür umso mehr für Deutschland. Ja, Sie lesen richtig: für Deutschland. Ich sage das ganz bewusst in dieser Dramatik, denn wenn man heutzutage nicht dramatisch formuliert, dann dringt man mit seiner Botschaft ja gar nicht mehr durch in dieser Medienwelt.

Lufthansa-Airbus: Noch ohne Internetanschluss

(Bild: Lufthansa)

Warum bin ich entschieden gegen die Internetfreigabe an Bord? Die Antwort ist ganz einfach: wegen der Manager. Wie ich in einem anderen Zusammenhang bereits einmal erwähnt hatte, ist das Flugzeug einer der wenigen verbliebenen Schutzräume der Spezies Manager, in denen sie einfach einmal guten Gewissens nichts tun und die Seele baumeln lassen dürfen. Was die meisten gar nicht wissen: Die wichtigste Funktion eines Langstreckenfluges besteht darin, dass die Passagiere in der Businessclass ihre Akkus wieder einmal auftanken können. Hier dürfen sie die Augen zumachen und schlafen, ohne gleich als Penner zu gelten. Wenn Internet nun im Flugzeug möglich wird, verliert Fliegen für viele Manager seinen Sinn.

Sagen wir doch, wie es ist, lieber Herr Mayrhuber: Die deutschen Manager bekommen zu wenig Schlaf. Ironischerweise ist gerade das der Grund, weshalb einige von ihnen so verpennt aussehen. Nicht jeder ist so vernünftig und diszipliniert wie Kabel-Deutschland-Chef Dr. Adrian von Hammerstein, der versucht, jede Nacht acht Stunden Schlaf zu bekommen. Vorbildlich, wenn Sie mich fragen. Ansonsten muss man das Verhältnis der Führungskräfte zum Schlaf durchaus als gestört bezeichnen. Schlafen gilt vielen als verschwendete Zeit, als notwendiges Übel, ähnlich wie Zähne putzen. Schlafen ist etwas, was man möglichst schnell hinter sich bringen will, um sich wieder seinen wichtigen Aufgaben widmen zu können. Schlafen ist was für Waschlappen ("wimps"), um mit Börsenhai Gordon Gekko aus dem Film Wall Street zu sprechen (leicht abgewandelt).

Einzig im Flugzeug, da dürfen auch Manager mal abschalten und ein Nickerchen halten. Hier werden sie sozusagen zu ihrem Glück gezwungen: kein Telefon, keine E-Mails, kein Internet – die Welt, die anstrengende, bleibt draußen. Herrlich! Vielen ist gar nicht klar, wie erfrischend ein Linienflug Frankfurt/New York und zurück sein kann. Aus diesem Grunde fordere ich schon lange, dass Manager öfter fliegen müssen, am besten Langstrecke. Und wenn sie dies nicht freiwillig tun, dann eben mit Gewalt. Ich will nicht gleich nach dem Gesetzgeber rufen – der ist ja noch mit den Höchstgrenzen bei den Gehältern beschäftigt –, aber Aufsichtsräte sollten hier schon mal ein Auge drauf haben.

So, lieber Herr Mayrhuber, und jetzt kommen Sie und wollen den gestressten Managern diese letzte Zuflucht nehmen? Bitte tun Sie dies nicht. Sie verstehen jetzt, warum? Weil es dann für die Führungskräfte keinen plausiblen Grund mehr gibt, nicht erreichbar zu sein. Fliegen ist dann keine Erholung mehr, die Akkus werden nicht aufgeladen, und die Manager steigen nicht erfrischt und voller Energie aus dem Flugzeug, sondern kriechen auf den Brustwarzen heraus. Wollen Sie das? Können Sie das verantworten? Wollen Sie, dass unsere Unternehmen (Dax!) von solchen übermüdeten, vielleicht der Halluzination anheimfallenden Wesen regiert werden? Herr Mayrhuber, stoppen Sie diesen Wahnsinn.

Wenigstens bleibt das Telefonieren in den Lufthansa-Maschinen verboten. "Wir wollen grundsätzlich weiter Ruhe haben an Bord", sagen Sie. Das ist schön, aber Sie müssen verstehen, lieber Herr Mayrhuber, dass es in diesem Fall nicht darum geht, was Sie wollen, sondern darum, was gut ist für Deutschland.

Beste GrĂĽĂźe

Damian Sicking

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