E-Bus 2.1

Ein chinesisch-amerikanisches Joint Venture testet in Shanghai Elektrobusse mit Superkondensatoren. Sie sollen 40 Prozent billiger sein als E-Busse mit Lithium-Ionen-Akkus und 40 Prozent weniger Energie verbrauchen als herkömmliche O-Busse

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Von
  • Tyler Hamilton

In den vergangenen Jahren haben etliche Kommunen begonnen, den CO2-Ausstoß ihrer Stadtbusse zu senken. Während einige auf Biokraftstoffe setzen, versuchen es andere mit Brennstoffzellen oder Elektro-Diesel-Hybridantrieben. Ein chinesisch-amerikanisches Joint Venture will nun E-Busse mit Hilfe von Superkondensatoren betreiben. Die seien, so die Partnerfirmen, die "grünste" und zugleich wirtschaftlichste Variante.

Auf den ersten Blick sind Superkondensatoren eine nicht gerade naheliegende Wahl für Busse: Sie können nur fünf Prozent der Energie speichern, die Lithium-Ionen-Akkus vorhalten. Das würde pro Ladung nur für ein paar Kilometer genügen. Andererseits können sie Strom viel schneller abgeben und wiederaufnehmen als Akkus. Diese Eigenschaft macht sie aber zumindest für Fahrzeuge interessant, die häufig anhalten müssen – Busse zum Beispiel.

Die US-Firma Sinautec Automobile Technologies und ihr chinesischer Partner Shanghai Aowei Technology Development Company haben den Einsatz von Superkondensatoren deshalb in den vergangenen drei Jahren in 17 Stadtbussen am Rande von Shanghai getestet. Am morgigen Mittwoch soll das Konzept zum ersten Mal in Washington demonstriert werden. Ein Minibus mit elf Sitzplätzen soll den ganzen Tag auf dem Campus der American University pendeln.

Der Trick: Einige Haltestellen dienen gleichzeitig als Ladestationen. Alle drei, vier Kilometer bekämen die Kondensator-Busse eine frische Injektion Strom verabreicht, sagt Dan Ye, Geschäftsführer von Sinautec. Dazu werden ausfahrbare Stromabnehmer – vergleichbar denen von O-Bussen – mit einer Oberleitung verbunden. Binnen zwei Minuten sind die Kondensatoren, die sich unter den Sitzplätzen befinden, wieder voll aufgeladen.

„Ein brillantes Konzept“, findet der Elektroingenieur und Kondensator-Spezialist Joel Schindall vom MIT. „Für Elektroautos eignet es sich zwar nicht, für Busse, die nach wenigen Straßenblöcken halten, aber schon.“

Zusätzlich können die Busse auch aus dem Bremsen Energie gewinnen. Deshalb und weil sie leichter sind, kommen die Fahrzeuge laut Dan Ye mit 40 Prozent weniger Energie aus als herkömmliche O-Busse. Gemessen an ihrer Lebensdauer von zwölf Jahren im Dienst könnten sie es auch mit sprit-sparenden fossil angetriebenen Bussen aufnehmen – jedenfalls zu derzeitigen Öl- und Strompreisen (in den USA). Sinautec schätzt, dass ein Kondensator-Bus nur ein Zehntel der Energiekosten eines Dieselbusses verursacht und über die Lebensdauer Sprit im Wert von 200.000 Dollar einspart.

„Der Superkondensator-Bus ist auch billiger als einer mit Lithium-Ionen-Akkus“, sagt Ye. Man habe einen der Elektrobusse von den Olympischen Spielen 2008 in Peking als Referenz genommen. Ergebnis: Der neue Bus sei 40 Prozent billiger, aber viel zuverlässiger. Hinzu kämen die Umweltvorteile. „Selbst wenn Sie den Strom für die Kondensatoren aus dem schmutzigsten Kohlekraftwerk dieses Planeten beziehen, liegt der CO2-Ausstoß umgerechnet immer noch bei einem Drittel der Emissionen von Diesel.“

Die Busse des Shanghaier Pilotversuches wurden von Foton America Bus Co. in Germantown, Tennessee, hergestellt, die Superkondensatoren von Shanghai Aowei. Die bestehen aus aktiviertem Kohlenstoff und haben eine Energiedichte von sechs Wattstunden pro Kilogramm. Zum Vergleich: Ein Hochleistungs-Lithium-Ionen-Akku kommt auf 200 Wattstunden pro Kilogramm. 2010 werde Foton America weitere 60 Busse ausliefern, kündigt Foton-Geschäftsführer Clifford Clare an. Deren Kondensatoren sollen dann bereits zehn Wattstunden pro Kilogramm fassen.

„Die, die in Shanghai im Einsatz sind, fahren seit drei Jahren ohne Ausfälle. Eine phänomenale Leistung für die Busbranche“, freut sich Clare. Foton verhandele inzwischen mit New York City, Chicago und einigen Städten in Florida über Feldversuche. „Das wird dann die dritte Generation sein, die mit einer Ladung über 30 Kilometer weit kommt.“

Sinautec verhandelt seinerseits gerade mit MIT-Forscher Joel Schindall, um die Kondensatoren zu verbessern. Verwendet man nämlich Strukturen aus vertikal aufragenden Kohlenstoff-Nanoröhren, vergrößert sich die Gesamtoberfläche des Kohlenstoffs drastisch – und damit die mögliche Energiedichte.

„Im Moment schaffen wir so die doppelte Energiedichte, aber das reicht uns noch nicht“, erklärt Schindall. „Wir wollen die Fünffache schaffen.“ Dann würde die Energiedichte immerhin schon ein Viertel der von Lithium-Ionen-Akkus betragen.

Zurzeit müssen die Foton-Busse noch an jeder zweiten Haltestelle nachgeladen werden. Das genügt für fünf bis zehn Straßenblocks (im amerikanischen Straßenlayout). Im Großraum Boston sei diese Häufigkeit nur auf wenigen Routen realisierbar, räumt Schindall ein. Um überall einsetzbar zu sein, müsste die Energiedichte der Kondensatoren mindestens verdoppelt werden.

Es gibt allerdings noch weitere Einschränkungen für einen flächendeckenden Einsatz. Stadtbusse mit 41 Sitzplätzen erreichen mit der gegenwärtigen Technologie nur eine Spitzengeschwindigkeit von knapp 50 Kilometern pro Stunde. Schaltet man die Klimaanlage ein, verringert sich die Reichweite um 35 Prozent. Zudem ist die Anfahrbeschleunigung schwach.

Das tut dem Ehrgeiz von Sinautech-Geschäftsführer Dan Ye keinen Abbruch. „Wir wollen einen Großteil der Dieselbusflotte der USA ersetzen“, sagt er. Wenn die Energiedichte erst mal steige, brauche man auch nicht mehr so viele Ladestationen. (bsc)