Zahlungsabwicklungsplattformen: TARGET2 gestartet

Die EZB hat ihre Zahlungsabwicklungsplattformen störungsfrei auf das neue System T2 migriert. Ein Scheitern hätte auch für Bankkunden gravierende Folgen gehabt.

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(Bild: peterschreiber.media/Shutterstock.com)

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Am Wochenende des 18. und 19. März 2023 hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihr automatisches Euro-Echtzeit-Bruttoabwicklungssystem – das "Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System", kurz: TARGET2 – auf die neue Plattform T2 migriert. Im gleichen Zug harmonisierte die EZB ihre Wertpapier-Abwicklungsplattform TARGET2-Securities (T2S) sowie das System für die Echtzeit-Zahlungsabwicklung (TARGET Instant Payment Settlement, TIPS) mit T2.

Bei der sogenannten "Target2/T2S-Konsolidierung" mussten nahezu zeitgleich mit der EZB auch alle nationalen Notenbanken, 5000 Geschäftsbanken sowie einige kommerzielle Großkunden ihre angepassten Systeme anschließen. Laut EZB verlief der erste Betriebstag von T2 am 20. März, also am darauffolgenden Montag, "reibungslos".

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Insidern zufolge gab es zwischen 12 und 15 Uhr zwar eine kurzzeitige Störung bei gut 400 Banken, man habe die Transaktionen am Nachmittag aber erneut anstoßen können. Die EZB selbst berichtete, dass sich am Abend die Schlussabwicklung und der Start des neuen Handelstages um etwa drei Stunden verzögert hätten. Die Ursache sei jedoch gefunden und behoben worden. Gemessen am Umfang und den Risiken – immerhin wickeln T2 und T2S jeden Tag 1,7 respektive 1,1 Billionen Euro ab – zogen Experten eine überaus positive Bilanz.

Vereinfacht gesagt verrechnen die Nationalbanken der Eurozone ihre geldpolitischen Geschäfte über T2. Auch die Zahlungen von Geschäftsbanken des SEPA-Raumes laufen – teils direkt, teils indirekt – über das System, ebenso wie die Zahlungen und Überweisungen der Geschäftsbankenkunden untereinander. Darin enthalten sind beispielsweise die SEPA-Überweisungen von Endkunden. Über das Teilsystem TIPS laufen die SEPA-Echtzeitüberweisungen. Für all dies, aber auch zur Verwaltung ihrer liquiden Geldmittel in Zentralbankgeld führen Geschäftsbanken eigene Konten bei der Zentralbank. T2S dient der Verrechnung beim Wertpapierhandel. Ohne funktionierenden Anschluss an T2 und T2S wären Überweisungen, Zahlungen und Wertpapierorder von Bankkunden im schlimmsten Fall stecken geblieben.

Die europäische Zentralbank hat ihr Zahlungsabwicklungssystem TARGET2 ohne größere Ausfälle auf die neue Plattform T2 umgestellt.

(Bild: Boris Roessler / dpa)

Die Entwicklung des neuen Systems hatte 2017 unter der Ägide der vier nationalen Zentralbanken Deutsche Bundesbank, Banco de España, Banque de France und Banca d’Italia begonnen. Sie stellen auch die Dienstleistungen für die genannten TARGET-Dienste bereit. Ziel war es, die in den 1990er- und 2000er-Jahren entstandenen Dienste für die europäischen Finanzmärkte zu harmonisieren, zu integrieren und die Effizienz zu erhöhen.

Das neue System ist laut EZB außerdem widerstandsfähiger gegen Cyberangriffe. Zudem können die angeschlossenen Nutzer ihre Liquidität in Zentralbankgeld nun über die drei Teildienste hinweg steuern, anstatt diese für jeden einzeln zu verwalten und zu überwachen. Die Abwicklung kann anders als zuvor auch nachts stattfinden, außerdem hat T2 die Schnittstellen und Komponenten dienstübergreifend vereinheitlicht. An die Stelle des bisherigen Nachrichtenstandards MT ist XML nach ISO 20022 getreten.

Die EZB hatte die ursprünglich für den 21. November 2022 geplante Umstellung kurzfristig verschoben, weil eine Reihe von Kreditinstituten ihre Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen hatte – unter anderem soll es lange Zeit Probleme mit den Testumgebungen der EZB gegeben haben. Parallel zur EZB begann auch das globale Interbankennetzwerk SWIFT damit, seine Systeme auf ISO 20022 umzustellen; anders als T2 unterstützt es aber noch bis November 2025 das alte MT-Format.

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(mon)