Der Laptop im Unterricht -- nicht nur wegen der Kosten umstritten

Der fächerübergreifende Unterricht am Laptop soll gegen Mängel des deutschen Bildungssystems helfen. Problematisch sind aber noch die Kosten, manchmal die Technik und Bedenken bei einigen Lehrern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 738 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ira Schaible
  • dpa

Tastatur und Bildschirm haben Tafeln und Bücher aus den Klassenzimmern verdrängt: Die Schüler lernen an ihren eigenen Computern, zu Hause tippen sie die Schulaufgaben in die tragbaren Rechner. Diese Vision von der Schule der Zukunft ist in einigen hessischen Klassen schon Wirklichkeit. Nach Ansicht von Fachleuten hilft der fächerübergreifender Unterricht am Laptop gegen die von der internationalen Schulstudie PISA aufgedeckten Mängel des deutschen Bildungssystems. Problematisch sind aber noch die Kosten, manchmal die Technik und Bedenken bei einigen Lehrern.

Das Arbeiten am Laptop entspreche modernen Vorstellungen von Lernprozessen, sagt der Leiter einer Gesamtschule im südhessischen Weiterstadt, Walter Schnitzspan. "Dass alle zur selben Zeit auf Seite 16 oben im Buch sind, ist eigentlich veraltetes Lernen." Schnitzspans Albrecht-Dürer-Schule ist eine von drei Schulen in Hessen, die bei dem Pilotprojekt der Initiative Schule@Zukunft Erfahrungen mit Laptopklassen gesammelt haben. Die Computer förderten die Kreativität und das entdeckende Lernen der Schüler, sagt der Staatssekretär im Kultusministerium Joachim Jacobi (CDU). Er lobt zudem die Kommunikations- und Präsentationsmöglichkeiten der Geräte.

"Der Laptop ist ein pädagogisches Arbeitswerkzeug mit ungeheuerem Nutzen", schwärmt der Leiter der Adolf-Reichwein-Schule, Norbert Herlein. "Er ist Kugelschreiber, Notizbuch, Aktenordner, Nachschlagewerk, Taschenrechner, Fremdwörterbuch und Multi-Media- Vermittlungsstelle." Die Notebooks ermöglichten sowohl Teamarbeit als auch individuelle Förderung. "Die Schüler können ihren Lehrern etwa per E-Mail eine Frage stellen, ohne sich vor der Klasse outen zu müssen."

Mit dem im 2. Halbjahr des vergangenen Schuljahrs gestarteten Pilotprojekt der Medieninitiative Schule@Zukunft ist Hessen unter den führenden Bundesländern -- zusammen mit Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, wo die Landesregierung allerdings gerade die Mittel streicht. Teilnehmer der hessischen Initiative sind das Kultusministerium, der Landkreistag, der Städtetag und die Vereinigung der Unternehmerverbände. Ziel ist es, "Multimediales Lernen als fächerübergreifendes Prinzip an allen Schulen zu etablieren".

Die rund 5000 bayerischen Schulen haben schon mehr als 30 Laptop-Klassen eingerichtet. In Nordrhein-Westfalen gibt es neben solchen Notebook-Klassen eine Reihe von Initiativen, die sich mit didaktischen Fragen des Lernens am Laptop und der Finanzierung der Geräte befassen. Mit Aktionen unter dem Motto "1000 mal 1000 Notebooks im Schulranzen" wird in den Ländern versucht, die Kosten für einen tragbaren Computer auf 1000 Euro zu begrenzen. Auch in Hessen verhandelt die Medieninitiative mit Computerfirmen, Sponsoren und Banken über Rabatte und günstige Leasing- oder Mietmodelle.

"Der Unterricht mit Laptops muss sozialverträglicher sein. Wir können nicht von allen Eltern erwarten, dass sie 1000 Euro aufbringen", betont Schulleiter Herlein. Um alle Klassen der gewerblich-beruflichen Schule in Marburg mit ihren 1800 Schülern auf Laptops umzustellen, seien nach finnischem Vorbild Schulassistenten notwendig: Die Konfiguration müsse ständig von Fachleuten überprüft werden. "Die Lehrer opfern dafür wahnsinnig viel Zeit", sagt Herlein. Deshalb ist das Projekt im neuen Schuljahr trotz des enormen Interesses der Schüler vor allem auf zwei Klassen für angehende Informationstechnische Assistenten beschränkt.

Nicht alle Lehrer sind aber von dem Projekt begeistert. "Manche haben Angst, dass sie der Laptop ersetzt, oder dass sie die Technik überrollt", sagt Herlein. Sie befürchten auch, dass beim ständigen Umgang mit Tastatur und Bildschirm das Lesen, Rechnen, Schreiben und die Bücher zu kurz kommen. "Die Schüler sitzen aber nicht nur vor der Glotze. Der Unterricht wird mit anderen Elementen ergänzt", zerstreut der Schulleiter solche Bedenken. Mit den Computern verändere sich allerdings die Rolle der Pädagogen: "Der Lehrer ist nicht mehr der absolute Wissensvermittler, sondern Moderator und Teamer." (Ira Schaible, dpa) / (jk)