Medientage: Welche Medieninhalte braucht das Land?

In München stritt die Branche wieder trefflich um die Grenzen zwischen öffentlich-rechtlich und privat sowie online und offline. In wirtschaftlich schlechten Zeiten rufen auch die Privaten nach dem Staat.

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Von
  • Monika Ermert

Nicht viel Neues in München: Auch auf den 23. Medientagen stritten die Branchenvertreter in der bayrischen Landeshauptstadt entlang der hinlänglich bekannten Demarkationslinien zwischen öffentlich-rechtlich und privat, online und offline. Dabei ging es einmal mehr ums liebe Geld, um das sich jetzt auch die Privaten Sorgen machen. Staatliche Anreize für meinungsbildende, gesellschaftlich relevante Medieninhalte im privaten Rundfunk forderte etwa RTL-Mann Tobias Schmid, Vizepräsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT). Werbefreie Nachrichtenformate im werbefinanzierten Privatfunk sollten etwa durch "Must-Found"-Regelungen in der digitalen Welt unterstützt werden, riet Schmid.

Damit meint Schmid eine gesetzliche Verpflichtung für Netz- und Plattformanbieter, die Inhalte der privaten Sender zu verbreiten. Für die Sender ist das so gut wie bares Geld: Denn immer häufiger drehten die Inhaber neuer technischer Plattformen den Spieß um und verlangten, dass die Sender dafür bezahlen, verbreitet zu werden, beklagte Schmid. Besonders ärgerlich aus Sicht der Sender auch: Online-Anbieter, die etwa Nachrichtenformate nutzen, erzielen damit Werbeeinnahmen, während die Sender selbst in den Nachrichtenformaten nicht werben dürfen. "Die machen das, ohne uns zu fragen", sagte Dirk Klein von ProSiebenSat1. Gegen solch "parasitäre Geschäftsmodelle" erhoffen sich die Sender ebenfalls Hilfe von der Regulierung.

Schmid warnte, angesichts der ökonomischen Schwierigkeiten der privaten Rundfunkveranstalter müsse sich der Gesetzgeber rasch entscheiden: Ob er ein stabiles duales System mit einem "Leitmedium" Rundfunk unterstützen wolle, oder die privaten Anbieter in den Markt entlassen und auf Rundfunkregulierung verzichten wolle. Schmid und Klein wiesen darauf hin, dass die wachsenden Bewegtbildangebote von Bild oder Spiegel unter dem Radar der Rundfunkregulierung blieben. Bei einem Verzicht auf eine rasche Grundsatzentscheidung werde es in fünf Jahren nicht mehr viel zu regulieren geben, prophezeite Schmid.

Unterstützung bekamen die Privaten in der vom VPRT veranstalteten Konvergenz-Debatte vom Kabinettschef der EU-Medienkommissarin Viviane Reding. Rudolf Strohmeier erklärte, Deutschland müsse sich darüber verständigen, "was sind die Inhalte, die wir gesellschaftlich wollen?" Ob diese dann ausschließlich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommen müssten, oder ob auch andere — etwa die Zeitungsverleger — diese liefern könnten, müsse dann diskutiert werden. Andere Mitgliedsländer der Europäischen Union seien bedeutend weiter bei der "Public Value"-Debatte, warnte Strohmeier.

Regulierung für unverzichtbar hält SPD-Medienpolitiker Marc Jan Eumann, allerdings befürwortet er eine Entwicklung in Richtung "Medienkompetenz-Politik". Mehr Selbstregulierung im Rahmen eines "Media Governance"-Modells ist aus Sicht Eumanns in der konvergenten Medienwelt angesagt. Anreize für gesellschaftlich relevante Qualitätsinhalte könnten etwa durch eine öffentlich-geförderte gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen gesetzt werden. Den Informationsmarkt allein dem "Bürgerjournalismus" zu überlassen, behagt dem SPD-Politiker nämlich nicht.

Die EU-Kommission hatte das duale Rundfunksystem in Deutschland auf Beschwerden der Privatsender unter die Lupe genommen und den so genannten "Beihilfekompromiss" erzwungen. Dieser macht eine standardmäßige Überprüfung der Online-Angebote der gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sender im so genannten Drei-Stufen-Test erforderlich. Um die Ausgestaltung dieses Tests, der gerade für den Online-Bestand von ARD und ZDF anläuft, gab es auf den Medientagen ebenfalls heftige Auseinandersetzungen.

(vbr)