Immobilien: Sparmaßnahmen von Big Tech treffen andere Wirtschaftsbereiche hart
Die Sparmaßnahmen der Big Tech-Unternhemen treffen nun auch die Immobilienbranche hart. Viele auslaufende Mietverträge werden nicht verlängert.
(Bild: Ulrich Mueller/Shutterstock.com)
Nach der Pandemie begannen die Unternehmen der Technologie-Branche in den USA mit ihren Sparmaßnahmen. Zuerst traf es Zehntausende von Mitarbeitern, nun stehen Millionen Quadratmeter von Büro- und Gewerbefläche auf der Agenda der Big Tech-Unternehmen. Alphabet, Microsoft, Meta, Amazon und Co. treiben die Leerstände in den Stadtzentren Bloomberg zufolge auf ein Rekordhoch und der Druck auf die Immobilienbranche wächst.
Leerstand, Untervermietung und Baustopp
Immobilienmaklern zufolge gibt es derzeit niemanden, der mehr Büroflächen untervermieten möchte als die US-Technologieriesen. Alle hätten Pläne zur Reduzierung der Büroflächen angekündigt. Ferner hat Amazon bereits die Bauarbeiten an seinem zweiten Hauptquartier vor den Toren Washingtons unterbrochen – um die Pläne zu überarbeiten – und Microsoft überdenke seine Pläne für ein Bauprojekt in Atlanta.
Etwa 16 Millionen Quadratmeter Bürofläche stünden derzeit in den USA zur Untervermietung zur Verfügung – das sei das Doppelte wie vor der Pandemie, berichtet ein Immobilienmakler. Zwar müssten die Unternehmen die fällige Miete für die gesamte Laufzeit der Mietverträge zahlen, um die Verluste bei Leerständen zu verringern, suchten sie jedoch nach Untermietern ihrer angemieteten Gewerbeflächen.
"Abschwung im Technologiesektor"
Der Rückgang nach Flächen für die Mitarbeiter und Lagerflächen zeige jedoch, dass "der Abschwung im Technologiesektor", der sowohl zum Zusammenbruch der Silicon Valley Bank – der auch Start-ups in Bedrängnis brachte – als auch zu Turbulenzen auf den Finanzmärkten führte, nun auf die Wirtschaft im Allgemeinen übergreife. San Francisco, Seattle und New York treffe der Rückzug der Big Tech-Unternehmen aus den Gewerbe-Immobilien am härtesten. Während New York durch die Nachfrage aus dem Finanzsektor etwas besser dastehe, würden Wirtschaftsverbände aus Seattle bereits eine Steuerbefreiung fordern, um die Mieter in der Innenstadt zu halten.
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Während der Pandemie seien Technologieunternehmen mit ihrer aggressiven Einstellungspolitik und entsprechendem Bedarf an Büro- und Gewerbeflächen die einzige Wachstumsquelle für Vermieter gewesen, erklärt eine Maklerin. Es sei bisher aber keine andere Branche aufgetaucht, die Big Tech ersetzen könne. Immobilienbesitzer stünden zunehmend unter Druck, ihre Kredite für leerstehende Gebäude angesichts steigender Zinssätze zu refinanzieren.
Die besten Lagen für Büros
Zu den Hochzeiten des Booms bevorzugten Tech-Unternehmen die besten Lagen. Twitter etwa hat ein historisches Gebäude in San Francisco bezogen, Google eröffnete Außenstellen in Manhattan und Facebook bezog knapp die Hälfte eines Wolkenkratzers in den New Yorker Hudson Yards. Nach zwei Jahren Pandemie seien die US-Amerikaner weitestgehend auf das Verhalten wie vor Corona zurückgekehrt und die Wachstums-verwöhnten Unternehmen wie Alphabet, Amazon, Meta, Netflix und Microsoft begannen kurze Zeit darauf mit ersten Einsparungen – die börsennotierten Tech-Firmen sollen Bloomberg zufolge bis zu 3,4 Milliarden US-Dollar für mit Immobilien zusammenhängenden Kosten eingeplant haben.
Im Dezember des vergangenen Jahres wurde beispielsweise bekannt, dass Twitter – nach der Übernahme durch Elon Musk auf Sparkurs – seit Wochen keine Miete mehr gezahlt hatte und sogar eine Versteigerung der Einrichtungsgegenstände plante. Allein bei Salesforce, Microsoft, Meta, Amazon, Twitter und Alphabet laufen in den nächsten drei Jahren in den USA insgesamt mehr als 1 Million Quadratmeter Büroflächen aus. Noch Ende 2019 sollen knapp 40 Prozent der Neuvermietungen und Umzüge allein in Manhattan auf das Konto der Tech-Unternehmen gegangen sein.
Auslaufende Mietverträge werden nicht verlängert
Meta wird dem Bericht zufolge seine Mietverträge in New York für die Büros in der Park Avenue und Teilen des Hudson Yards nicht verlängern. Twitter habe einen Großteil seiner Büroflächen in Manhattan bereits zur Untervermietung angeboten und Microsoft plane den Großteil seiner knapp 251.000 Quadratmeter auslaufenden Mietfläche in Seattle zu räumen.
Amazon werde mindestens zwei große auslaufende Mietverträge in Seattle nicht verlängern, Google beendet die Mietverträge für eine Reihe ungenutzter Flächen und prüfe derzeit den Zeitpunkt des Einzugs in ein ehemaliges Einkaufszentrum in Los Angeles, das zu Büros umgebaut wurde. Netflix möchte zwei große Gebäude an seinem Hauptsitz in Los Gatos, Kalifornien, untervermieten.
San Francisco leide unter den sinkenden Immobilienwerten und der anhaltenden Obdachlosen- und Drogenkrise besonders und die Stadt arbeite bereits an "Plänen zur wirtschaftlichen Erholung" und der Umgestaltung des Stadtzentrums – in der Hoffnung, neue Arbeitgeber aus unterschiedlichen Bereichen anzulocken.
Auswirkungen auf andere Wirtschaftsbereiche
Institutionelle Anleger sollen Kredite von über einer Milliarde US-Dollar nicht mehr bedient haben, die zuvor aus Mieteinnahmen durch Tech-Firmen gesichert waren. Laut CBRE, einem amerikanischen Unternehmen für gewerbliche Immobiliendienstleistungen und Investitionen, drohe Vermietern von Büroflächen im Jahr 2025 eine Finanzierungslücke von 53 Milliarden US-Dollar.
In die Städte kehrten nach der Pandemie zwar vermehrt die Angestellten zurück in Ihre Büros und würden zum Aufschwung der Wirtschaft beitragen, aber die flexiblere Arbeitszeitgestaltung sorge demzufolge im Gegenzug für mehr Büro-freie Tage im Homeoffice. Viele Mitarbeiter haben sich zu Beginn des Ausbruchs des Corona-Virus aber auf die ländlichere Umgebung vor den Städten zurückgezogen. Laut Bloomberg würden die Arbeitnehmer etwa in Manhattan montags und freitags nicht mehr auftauchen und mindestens 12,4 Milliarden US-Dollar pro Jahr weniger für Mahlzeiten, Einkäufe und Unterhaltung in der Nähe ihrer Büros ausgeben. In Seattle sei die Zahl der Fußgänger nach Angaben der Downtown Seattle Association weniger als halb so hoch wie vor der Pandemie und die Bürgersteige und Restaurants auf dem einst belebten Campus von Amazon sind leer.
(bme)