CCC darf Erkenntnisse über Wahlstifte weiterhin veröffentlichen [Update]

Der Hackerverein hat sich im Rechtsstreit über die Veröffentlichung von Sicherheitslücken beim Hamburger Wahlstift nach eigenen Angaben in wesentlichen Punkten gegen die klagenden Hersteller durchsetzen können.

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Der Chaos Computer Club (CCC) darf weiterhin seine Erkenntnisse über Sicherheitslücken im "Digitalen Wahlstift System" (DWS) veröffentlichten. Das hat nach Angaben des Hackervereins das Oberlandesgericht Hamm entschieden, das sich nun in einer mündlichen Verhandlung mit dem Ansinnen der ARGE Wahlstift befasst hat.

Die ARGE – eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Firmen Diagramm Halbach GmbH & Co. KG in Schwerte und WRS Software Entwicklung GmbH in Hamm – hatte sich im Oktober 2008 vor dem Landgericht Hagen teilweise mit einer Unterlassungsklage gegen den CCC durchsetzen können. Danach hatte der CCC nicht weiter behaupten dürfen, er habe den Hamburger Wahlstift gehackt. Der CCC war darauf in Berufung gegangen und die Klägerin in Anschlussberufung. Der CCC teilte nun mit, er habe in der nächsthöheren Instanz in den wesentlichen Punkten das Recht auf Publikation seiner Erkenntnisse verteidigen können.

Der CCC hatte vor den Hamburger Bürgerschaftswahlen im Jahr 2008 auf Schwachstellen am digitalen Wahlstift hingewiesen und gezeigt, wie durch Verwendung eines manipulierten Musters auf dem digitalen Stimmzettel eine Wahlfälschung möglich wird, die für den Wähler nicht erkennbar ist. Der Stift wurde dann nicht wie ursprünglich vorgesehen bei den Wahlen eingesetzt.

Nach dem im März dieses Jahres ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu NEDAP-Wahlcomputern ist eine einfache Nachvollziehbarkeit des Wahl- und Zählaktes für jeden Wähler ohne technisches Expertenwissen unabdingbar. Dies lasse sich beim Hamburger Wahlstift jedoch nur durch manuelles Nachzählen der Papierstimmzettel realisieren, teilte der CCC mit. Dadurch wären die vom Hersteller behaupteten Zeit- und Personaleinsparungen beim Auszählen hinfällig.

Update: Die ARGE hatte im Verlauf des Verfahrens ihre Anschlussberufung zurückgenommen, nachdem der CCC eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, erläutert die WRS Softwareentwicklung gegenüber heise online. Laut dieser wolle der CCC künftig nicht mehr behaupten, dass ein Hack mit einem Wahlstifttrojaner gegen das Digitale Wahlstifsystem möglich ist, der auf einer angeschalteten Autorun-Funktion beruht, wenn das Betriebssystem Windows XP SP2 nach EAL 4 konfiguriert sei. Laut WRS-Geschäftsführer Martin Schlaak hatte die Freie und Hansestadt Hamburg bereits bei früherer Gelegenheit bekannt gegeben, dass bei der Wahl eine nach EAL 4 zertifizierte Version von Windows XP eingesetzt werden solle.

Für die weitergehende Klage und die Anschlussberufung sah das Gericht keine Aussicht auf Erfolg. Die übrigen beanstandeten Äußerungen wie die Überschrift der Pressemitteilung des CCC vom 25. Oktober 2007 ("Chaos Computer Club hackt Hamburger Wahlstift") sieht es als durch das Grundgesetz geschützte Meinungsäußerung, zumal die Manipulation des Anoto-Papiers keine unwahre Tatsachenbehauptung darstelle.

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(anw)