Vom MP3-Forum in den Ruin [Update]

Wer sich hierzulande auf MP3-Websites und in Tauschbörsen herumtreibt, fühlt sich bisher in der Regel nicht allzu sehr von der Musik- oder Filmindustrie bedroht. Die Medienindustrie ist aber nicht untätig.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Volker Zota

Wer sich hierzulande auf MP3-Websites und in Tauschbörsen herumtreibt, fühlte sich bisher in der Regel nicht allzu sehr von der Musik- oder Filmindustrie bedroht. Wer nicht gewerblich mit Raubkopien handelt, braucht sich kaum Sorgen zu machen, und auch Tauschbörsianer, die aktuelle Alben und Kinohits anbieten, sind in Deutschland noch nicht vorm Kadi gelandet. Wer aber denkt, die Medienindustrie wäre gänzlich untätig, irrt womöglich -- denn wen sie erstmal im Visier hat, den lässt sie nicht so schnell wieder los.

So scheint es zumindest im Fall von Rainer König zu sein. Ihm wurde zur Last gelegt, einer der Betreiber der im Mai dieses Jahres auf Drängen der deutschen Landesgruppe der IFPI geschlossenen MP3-Website mp3Network zu sein. Der anhand von ICQ-Nummer, des im Forum der Website verwendeten Pseudonyms, Avatar-Bild und anderem "identifizierte" Beklagte bestritt, Betreiber der Website zu sein. Er gab zu, wie viele andere auch in dem Forum gepostet jedoch nie MP3s auf den Server hochgeladen zu haben.

Vorsichtshalber unterschrieb König ohne Schuldeingeständnis die den eingegangenen Abmahnungen beiliegenden Unterlassungserklärungen von vier der fünf Major Labels, um sich nicht plötzlich Schadenersatzforderungen gegenüber zu sehen. Dummerweise stellte das Landgericht München fest, dass die einstweilige Verfügung des fünften Unternehmens, EMI Music Germany, "zurecht ergangen ist". Der Beklagte habe die Verfahrenskosten zu tragen, summa summarum seien dies 20.000 Euro. Außerdem drohen ihm seitens EMI angeblich noch Schadensersatzforderungen in Höhe von 300.000 Euro. Laut IFPI-Sprecher Hartmut Spiesecke sind tatsächlich jedoch gar keine Schadensersatzforderungen gestellt worden.

Zwar konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass König tatsächlich einer der Betreiber von MP3network war. In der Urteilsbegründung heißt es, die Klägerin (EMI) habe glaubhaft gemacht, dass der Beklagte für die angezeigten Taten verantwortlich sei. Das komplette Urteil kann man (mit einigen geschwärzten Passagen) hier nachlesen. Eine etwas weniger geschwärzte Version findet sich auf den Servern der IFPI, ebenso wie das gegen König vorgelegte Beweismaterial.

König steht nach eigenem Bekunden nun vor dem Ruin. Sein Anwalt hat einen "Rainer König-Hilfsfonds" ins Leben gerufen, damit Hilfswillige spenden können, um den Beklagten beim Begleichen der Verfahrenskosten zu unterstützen.

Der Fall König ist zwar reichlich undurchsichtig, weil weder die Klägerin wirklich stichhaltige Beweise vorlegen noch sich der Beklagte überzeugend entlasten konnte. Dennoch könnte er quasi als Präzedenzfall auch bei künftigen Klagen gegen Tauschbörsianer herangezogen werden, obwohl dort die Identifizierung der Tauschenden anhand von IP-Adressen sogar wesentlich einfacher ist als in obigem Fall. Auf "in dubio pro reo" sollten sich P2P-Fans in kommenden Prozessen wohl besser nicht verlassen, insbesondere jetzt, wo das Urheberrecht noch frisch ist und der Einfluss der Umsatzeinbrüche beklagenden Musikindustrie zusehends wächst. (vza)