Wirtschaftsminister: IT-Branche muss Gas geben

Der IT-Standort Deutschland müsse mehr tun, um zu den Gewinnern der wirtschaftlichen Erholung zu gehören, sagte Rainer Brüderle heute zum Auftakt des Stuttgarter IT-Gipfels.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 47 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Deutschland muss Gas geben, um zu den Gewinnern der wirtschaftlichen Erholung zu gehören, sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle am heutigen Dienstag zum Auftakt des Stuttgarter IT-Gipfels. Zwar könne sich der Standort laut einer heute vorgestellten Monitoring-Studie zum IKT-Standort (PDF-Datei) gegenüber dem Vorjahr um zwei Plätze auf Platz sieben verbessern, "da geht aber noch mehr", sagte Brüderle. Länder wie Brasilien, Indien und China könnten Deutschland sonst überholen. Bis Mitte 2010 will Brüderle die neue IKT-Strategie der Bundesregierung vorlegen.

Der Wirtschaftsminister bezeichnete die Informationstechnik als ein Wundermittel für die Gesamtwirtschaft mit besonderem Wert gerade auch für das Thema Klimawandel. Allein bei umweltschonenden IT-Lösungen könne Deutschland bis 2020 ein Umsatzpotential etwa 82 Milliarden Euro erschließen.

Der neue Wirtschaftsminister gab die Losung heraus, dass bereits bis 2014 drei Viertel Prozent der Haushalte mit einer Bandbreite von 50 MBit/s am Netz hängen sollen. Gerade im ländlichen Raum müsse man dafür die digitale Dividende nutzen und auch Möglichkeiten von Satellitenkommunikation erschließen. Brüderle appellierte an die Kommunen, den Breitbandatlas zu nutzen, um vorhandene Infrastrukturen effektiver zu nutzen. Auch für den Mittelstand versprach Brüderle Unterstützung.

Neue "Leuchtturm-Projekte" wie Gesundheitskarte, De-Mail oder Behördenrufnummer wurden beim Stuttgarter Gipfel erst einmal nicht angekündigt. Es bringe nichts, von einer Ankündigung zur anderen zu hüpfen, so Bitkom-Präsident August Wilhelm Scheer. Zunächst müssten die angefangenen und auch komplexen Projekte umgesetzt werden. Innenminister Thomas de Maizière hatte ebenfalls darauf gedrängt, die verschiedenen Projekte innerhalb eines Jahres wirklich auf den Weg zu bringen.

Als ein erstes konkretes Ergebnis aus einem der Leuchtturmprojekte lobten Brüderle, Scheer und SAP-Vorstandssprecher Leo Apotheker Theseus. In einer Kooperation mit Nokia hat SAP dabei den ersten kommerziellen Dienst zur Schnellerkennung von Produktpiraterie gestartet. "Das Auslesen eines Barcodes mit dem Handy genügt zur Feststellung einer Verletzung", sagte Apotheker. Der SAP-Chef forderte verbesserte Rahmenbedingungen für die Forschung, eine effektivere Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und die Umsetzung der Gipfel-Innovation.

Scheer erinnerte beim Gipfel auch an die Studentenproteste. Er meinte, die Studierenden hätten durchaus das richtige Gefühl, nämlich dass mit dem Bildungssystem manches im Argen läge. Es werde viel zu sehr mit dem Rasenmäher über die Köpfe der Studierenden hinweg Ausbildung betrieben. Statt "den Mathematikschein oder Statistikschein zur Voraussetzung für ein Hauptstudium" zu machen, solle besser die individuelle Fülle von Möglichkeiten des Einzelnen gefördert werden.

Deutliche Kritik am Format des Gipfels kam von den Grünen. Deren netzpoltische Sprecher Konstantin von Notz und Malte Spitz empfahlen "statt einer Leistungsschau der IT-Wirtschaft mit Postulaten einer PR-Veranstaltung der Bundesregierung" müsse der IT-Gipfel viel mehr Substanz erhalten und die "gesellschaftlichen Diskussionen über die Zukunft der digitalen Gesellschaft vorantreiben".

Zum 4. IT-Gipfel 2009 siehe auch:

(anw)