Microsoft verliert Patentstreit um Textverarbeitung Word

Verkaufsverbot fĂĽr Word in den USA: Bestimmte Versionen der Textverarbeitung, die laut Urteil des Gerichts gegen ein Patent verstoĂźen und XML-Techniken verwenden, dĂĽrfen ab dem 11. Januar nicht mehr vertrieben werden.

vorlesen Druckansicht 283 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • JĂĽrgen Kuri

Eine schwere Schlappe hat sich Microsoft im Patentstreit um seine Textverarbeitung Word eingehandelt. Ein US-Berufungsgericht hat das Urteil gegen Microsoft bestätigt, nachdem der Konzern mit Word ein Patent des kanadischen Unternehmens i4i verletzt. Ab dem 11. Januar 2010 darf Microsoft nun keine Versionen von Word mehr verkaufen, die durch das US-Patent 5,787,449 (Method and apparatus for structured document difference string extraction) geschützte Techniken verwenden. Das Patent beschreibt ein Verfahren, mit dem Struktur und Inhalte von Dokumenten getrennt bearbeitet werden können.

Dem kanadischen Unternehmen ist auch eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 290 Millionen Dollar zugesprochen worden. Microsoft erklärte, man werde Word bis zum Stichtag so anpassen, dass die inkriminierten Techniken nicht mehr zum Einsatz kämen und ein Verkaufsstopp abgewendet werden könne. Außerdem werde man prüfen, welche weiteren juristischen Schritte gegen die Entscheidung unternommen werden könnten.

Das kanadische Unternehmen wirft Microsoft bereits seit 2007 vor, in seiner Textverarbeitung wissentlich das inkriminierte Patent zu verletzen. i4i entwickelt – im Unterschied zu manchen sogenannten "Patent-Trollen", die als reine Patentverwerter Klagen gegen Firmen anstrengen – selbst Software für die Dokumentenverwaltung in Unternehmen und ist auf XML-Techniken spezialisiert. So verkauft i4i nach eigenen Angaben Software, die Microsofts Textverarbeitung um Funktionen erweitert, um mit XML arbeiten zu können – was Word nicht von jeher selbst konnte. Der Vorsitzende von i4i, Loudon Owen, sieht sich als David im Kampf gegen einen Software-Goliath: "Der gleiche Mut und die gleiche Integrität, die für Erfindungen erforderlich sind, und dafür, gegen die Strömung zu schwimmen, sind auch die Grundlage für den Erfolg bei Patentprozessen gegen Giganten wie Microsoft."

Microsoft dagegen betonte zunächst einmal, die Gerichtsentscheidung betreffe nur Word 2007 und Office 2007, die in den USA nach dem Stichtag verkauft würden. In einer Erklärung versucht der Konzern, eventuelle Bedenken bei den Kunden, die Word oder Office einsetzen, zu zerstreuen: Man habe sich bereits darauf vorbereitet, Versionen der Software ohne die inkriminierten Techniken bereitzustellen und werde dies auch bis zum 11. Januar 2010 schaffen. Auch enthielten die Beta-Versionen von Word 2010 und Office 2010 keine Techniken, die durch die Gerichtsentscheidung berührt würden.

Die Patentklage von i4i hatte unter Software-Entwicklern, auch aus der Open-Source-Szene, schon einige Befürchtungen ausgelöst, bei einem Erfolg könnte dies weitreichende Auswirkungen zeitigen. Die Patentklage bezieht sich auf Programme, die die Inhalte in XML kodieren. Bei Word 2003 ist die Funktion optional, bei Word 2007 hat Microsoft DOCX zur Voreinstellung erhoben. Bei Analyse einer DOCX-Datei zeigt sich jeweils ein komprimiertes Verzeichnis mit mehreren XML-Dateien, darunter eine mit dem Inhalt und eine oder mehrere mit Format-Informationen. Damit stehen nach Auffassung der texanischen Geschworenen, die das erstinstanzliche Urteile fällten, alle Programme, die mit Word gespeicherte XML- oder DOCX-Dateien öffnen können, im Widerspruch zu dem Patent. i4i könnte mit seinen nun vorerst erfolgreich durchgesetzten Ansprüchen auch Sun für sein StarOffice und als Sponsor von OpenOffice belangen. Theoretisch könnten die Kläger sogar die Einschränkung ihrer Klage auf XML-verwendende Anwendungen fallen lassen und dann möglicherweise jede Textbearbeitung angreifen, die Inhalte und Formatinformationen in Druckformatvorlagen oder anderem speichert.

Siehe dazu auch:

(jk)