BBC wehrt sich gegen Twitters Label "government funded media"

Die BBC kritisiert die bisher offenbar recht willkürlich vergebenen Kennzeichnungen von Musks Twitter. Die BBC sei unabhängig, betont der Sender.

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Paris,,France,,October,8.,2022:,Portrait,Of,Business,Magnate,And

(Bild: kovop58/Shutterstock.com)

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Die "British Broadcasting Corporation" (BBC) wehrt sich gegen die neue Kennzeichnung bei Twitter, sie sei ein von der Regierung bezahltes Medium ("government funded media", "staatlich gefördertes Medium"). Die britische öffentlich-rechtliche Medienanstalt werde zwar von der britischen Öffentlichkeit durch eine Gebühr finanziert, "die BBC ist und war [aber] schon immer unabhängig", erklärte sie.

Elon Musk hatte in der vergangenen Woche unter anderem den US-amerikanischen Sender NPR mit dem Label "government funded media" versehen, nachdem er diesen zunächst als "staatlich kontrolliert" hatte einstufen lassen.

Die Kennzeichnung "government funded media" insinuiert, dass die so geförderten Medien durch die Geldgeber auch beeinflusst werden – eine Behauptung, die Musk schon häufiger aufstellte. Dass er genau auf eine solche Verbindung aufmerksam machen will, wird allerdings auch durch die Definitionen des Labels auf den Twitter-Hilfeseiten und seinen eigenen Erklärungen gegenüber der BBC deutlich.

Die Briten kontaktierten Twitter, nachdem auch sie die neue Kennzeichnung für ihren Account @BBC erhalten hatten. Das Problem solle "so schnell wie möglich" gelöst werden, forderten sie nach eigenen Angaben. In einer ersten Reaktion stellte Musk demnach zunächst eine Rückfrage: "Ist das Twitter-Label korrekt?" Laut BBC schien Musk in seiner Nachricht auch anzudeuten, dass er erwäge, eine Kennzeichnung bereitzustellen, die auf "genaue Finanzierungsquellen" verweisen würde.

In einer darauf folgenden E-Mail erklärte Musk ausführlicher: "Wir streben nach maximaler Transparenz und Genauigkeit. Die Verknüpfung mit Eigentum und Finanzierungsquelle ist wahrscheinlich sinnvoll. Ich denke, Medienorganisationen sollten sich ihrer selbst bewusst sein und nicht fälschlicherweise behaupten, sie seien völlig frei von Vorurteilen." Alle Organisationen hätten Vorurteile, einige offensichtlich viel mehr als andere. Auch fügte er an, dass er denke, dass die BBC zu den Medien gehöre, die "am wenigsten voreingenommen" sind. Er folge der BBC deshalb selbst auch auf Twitter.

Die BBC kritisiert allerdings unter anderem, dass zwar ihr Account mit rund 2,2 Millionen Followern mit der Kennzeichnung versehen wurde, andere, auch mit der BBC verbundene Nutzerkonten mit wesentlich mehr Followern bisher nicht entsprechend gekennzeichnet worden sind. Zudem wehrt sich die Medienanstalt gegen die Definition der Kennzeichnung, die Twitter auf einer Hilfeseite zunächst öffentlich gemacht hat, die im Laufe der Zeit aber auch eine Ergänzung speziell für NPR und BBC erhalten haben muss.

Ein Account der BBC wird als "Government-funded Media" gekennzeichnet – andere BBC-Accounts allerdings nicht; beispielsweise die BBC-News (UK).

(Bild: Twitter)

Auf den Hilfeseiten wird erklärt, dass "Staatsnahe Medien" als Medienkanäle definiert werden, "bei denen der Staat durch finanzielle Ressourcen, direkten oder indirekten politischen Druck und/oder Kontrolle über Produktion und Verbreitung die Kontrolle über redaktionelle Inhalte ausübt. Accounts, die zu staatsnahen Mediengesellschaften, ihrem oder ihrer Chefredakteur*in und/oder prominentem Personal gehören, können mit einem Label versehen werden." In Bezug auf staatlich finanzierte Medien heißt es: "Staatlich finanzierte Medienorganisationen, die redaktionell unabhängig sind, wie z. B. die BBC in Großbritannien oder NPR in den USA, werden im Rahmen dieser Richtlinie nicht als staatsnahe Medien angesehen." Für die BBC ist die Kennzeichnung allerdings nicht verschwunden. Weitere Ausnahmen werden auch nicht erklärt.

Auf den Twitter-Hilfeseiten werden die "government funded media" zusammen mit den staatsnahen Medien abgehandelt. BBC und NPR werden auf den Hilfeseiten von den insinuierten Vorwürfen freigesprochen, für Nutzerinnen und Nutzer, die nur die Kennzeichnung sehen, dürfte dies aber nicht klar sein.

(Bild: Twitter)

Twitter plant laut der Hilfeseiten, die Kennzeichnung "im Laufe der Zeit auf weitere Länder auszudehnen". Die bereits so gekennzeichneten Nutzerkonten erleiden aber schon jetzt Nachteile auf der Plattform. Wie Twitter selbst darlegt, empfiehlt oder verstärkt der Algorithmus entsprechend gekennzeichnete Medien nicht mehr ("Im Falle staatsnaher Mediengesellschaften sieht Twitter davon ab, Twitter Accounts mit diesen Labeln oder ihre Tweets zu empfehlen oder zu verstärken."). Regierungs-Accounts werden mit einem kleinen Flaggensymbol versehen, bei staatsnahen Medien erscheint ein kleines Rednerpult.

Für die BBC fallen in Großbritannien pro Haushalt jährlich Gebühren in Höhe von 159 Pfund (197 Euro) an. Die Gebühr ist gesetzlich vorgeschrieben und wird von der Regierung festgelegt, aber von einzelnen Haushalten bezahlt. Im Jahr 2022 bekam die BBC 3,8 Milliarden Pfund durch die Abführung der Gebühr zur Verfügung gestellt. Diese 3,8 Milliarden Pfund machten nach eigenen Angaben nur 71 Prozent der Einnahmen aus. Weitere stammten aus anderen kommerziellen Aktivitäten, Zuschüssen und Mieteinnahmen. Für den BBC-World-Service erhält die BBC überdies 90 Millionen Pfund pro Jahr von der Regierung. Die World-Services richten sich hauptsächlich an ein Publikum außerhalb von Großbritannien.

(kbe)