Drei Fragen und Antworten: Wer künftig (nicht) für Nextcloud zahlen muss

Gibt es bei Nextcloud bald einen Zwang zu kommerziellen Lizenzen? Manche Nutzer befürchten das. Wir sprachen mit Frank Karlitschek über die Vorwürfe.

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(Bild: iX)

Lesezeit: 5 Min.

Für manche Nextcloud-Nutzer gab es in letzter Zeit ein böses Erwachen: Push-Benachrichtigungen zeigten die eigenen Instanzen plötzlich nicht mehr korrekt an, ein Limit schlug bei zu vielen Anwendern zu. Soll hier der einzige Ausweg etwa eine kostenpflichtige Enterprise-Lizenz sein? Und würde eine solche Abhängigkeit nicht im krassen Gegensatz zum Open-Source-Prinzip der freien Cloud-Software stehen? Wir sprachen mit Nextcloud-Gründer Frank Karlitschek über die Hintergründe und wer sich tatsächlich mit den kommerziellen Lizenzen auseinandersetzen muss.

Im Interview: Frank Karlitschek

(Bild: 

Nextcloud

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Frank Karlitschek gründete 2016 das Nextcloud-Projekt und ist CEO der Nextcloud GmbH.

Warum sollen denn bestimmte Nutzer künftig mehr bezahlen, nur weil sie Push-Benachrichtigungen empfangen wollen?

‘Mehr bezahlen’ stimmt ja so nicht, da Nextcloud in 99,9 Prozent aller Fälle kostenlos ist. Ich habe Nextcloud gegründet, um den Menschen die Kontrolle über ihre Daten zurückzugeben. Datenschutz, Privatsphäre, Sicherheit und die Dezentralisierung des Internets sind hier die Ziele. Und um das so einfach wie möglich zu machen, ist Nextcloud Open-Source-Software und kostenlos verfügbar. Selbst für kleine Organisationen und Unternehmen wollen wir keine Hürden aufbauen, um Nextcloud zu nutzen. Und mit kleinen Unternehmen meinen wir Unternehmen mit hunderten Benutzern. So müssen auch die privaten Nutzer, kleine Unternehmen und Schulen nichts bezahlen, um Nextcloud zu nutzen – im Gegensatz zu den meisten anderen Lösungen.

Aber wir müssen natürlich unser Team, unsere Server und so weiter bezahlen. Deshalb haben wir beschlossen, uns auf das Angebot von Dienstleistungen für große Organisationen, Regierungen und Unternehmen zu konzentrieren. Dazu gehören die Push-Benachrichtigungen und andere Dienste wie unser App-Store, Download-Server, Hilfe bei der Sicherheit, Skalierung, Support und so weiter. Das Geschäftsmodell ist hier ähnlich wie das von Red Hat, SUSE, Canonical, MariaDB und anderen. Und genau wie diese Produkte wird Nextcloud in 99,9 Prozent der Fälle immer kostenfrei bleiben. Also zum Beispiel für Heimanwender und kleine Unternehmen und Organisationen.

Damit das alles langfristig und nachhaltig funktioniert, bieten wir es in einem Paket an: Nextcloud Enterprise, das als Abonnement angeboten wird.

Natürlich verstehen wir, dass einige große Unternehmen lieber alles umsonst haben möchten. Insbesondere Dienste, die wir kostenlos für die Community und unsere Kunden betreiben, können wir nicht allen Organisationen uneingeschränkt kostenlos zur Verfügung stellen. Wir haben selbst hohe Kosten für die stetige Weiterentwicklung, die Server sowie den Betrieb dieser Dienste, die wir decken müssen. Und das wissen diese Unternehmen natürlich auch. Unser Modell ist fair und nachhaltig und wir bleiben der Open-Source-Philosophie und unserer Community verpflichtet.

Jetzt sind aber nicht alle Nextcloud-Anwender mit vielen Nutzern Großunternehmen. Was ist zum Beispiel mit Schulen und Vereinen?

Natürlich wissen wir, dass manchmal auch größere Organisationen mit über 1000 Benutzern Nextcloud nutzen wollen, die kein großes Budget haben. Für den Bildungsbereich haben wir ein spezielles Angebot, genau wie Unternehmen wie SAP und Microsoft und andere – etwas, das für die meisten Universitäten, Schulen und so weiter funktioniert.

Die meisten NGOs sind natürlich klein, aber wir bieten je nach Situation signifikante Rabatte, damit NGOs Nextcloud nutzen können.

Und in vielen Fällen bieten wir Nextcloud Enterprise komplett kostenlos an – es hängt einfach davon ab, was sich die Schule, Universität oder NGO leisten kann und was angemessen ist. An dieser Stelle legen wir Wert auf einen fairen und transparenten Umgang, auf Augenhöhe mit allen Partnern. Nextcloud selbst bleibt natürlich immer komplett Open Source und kostenfrei für kleine und mittlere Organisationen.

Noch einmal zu den Einschränkungen: Können Nutzer denn den von Nextcloud kostenlos betriebenen Dienst auch selbst aufsetzen?

Natürlich kann ein großes Unternehmen das, was wir bieten, auch selbst tun. Man benötigt dann eben entsprechende Engineers, die die Software verstehen und warten können, Probleme beheben und Funktionen hinzuzufügen. Außerdem benötigt man Infrastruktur für einen Push-Proxy, die entsprechenden Developer-Zertifikate von Google und Apple, Update-Server, App Store und die restliche Infrastruktur. Die meisten sind Open Source auf unserem GitHub, wie der App Store beziehungsweise nicht kompliziert zu bauen. Einige Dienste, die wir über Partner beziehen und anbieten, wie unsere Microsoft-Integration, sind nicht quelloffen, aber Microsoft-Produkte sind auch nicht quelloffen, also gehen wir davon aus, dass das kein Problem ist.

Ich denke, dass es für jedes Unternehmen besser ist, sich auf seine eigentlichen Kernkompetenzen zu konzentrieren und die Wartung von Nextcloud und seinen Diensten uns zu überlassen – denn das ist das, was wir am besten können. Somit entsteht eine Win-win-Situation für beide Seiten.

Herr Karlitschek, vielen Dank für die Antworten! Alle Informationen zum neuen Nextcloud Hub 4 finden sich in der Release-Meldung sowie im Test der neuen Version.

In der Serie "Drei Fragen und Antworten" will die iX die heutigen Herausforderungen der IT auf den Punkt bringen – egal ob es sich um den Blick des Anwenders vorm PC, die Sicht des Managers oder den Alltag eines Administrators handelt. Haben Sie Anregungen aus Ihrer tagtäglichen Praxis oder der Ihrer Nutzer? Wessen Tipps zu welchem Thema würden Sie gerne kurz und knackig lesen? Dann schreiben Sie uns gerne oder hinterlassen Sie einen Kommentar im Forum.

(fo)