Twitter-Alternative: ARD eröffnet eigene Mastodon-Instanz mit Tagesschau-Account

Mit ard.social hat die ARD ihre eigene Instanz für Mastodon in Betrieb genommen. Die Tagesschau bekommt einen neuen Account, bereits existierende ziehen um.

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(Bild: T. Schneider/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Drei Wochen nach dem ZDF hat die ARD mit ard.social ihre eigene Instanz bei der Twitter-Alternative Mastodon in Betrieb genommen. Mit dem Account @tagesschau@ard.social setzt die ARD gleich auf das bekannteste Format der Sendeanstalten. Dafür habe man sich entschieden, weil das Interesse an deren Inhalten besonders groß sei, erklärte ein Sprecher gegenüber heise online. Ein inoffizieller Tagesschau-Account hat bereits mehr als 50.000 Follower. Ferner sind bereits aktive Mastodon-Accounts von SWR3 und dem NDR jetzt auf die hauseigene Instanz umgezogen. Es handle sich um ein Experiment, um Erfahrungen im dezentralen Fediverse zu sammeln. Gedacht ist die Instanz für die redaktionellen Angebote der ARD.

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Den Einzug der Tagesschau auf Mastodon bezeichnet der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke als "vielversprechenden Ansatz, das Internet und Social Media noch einmal anders zu denken". Dort könne man sich stärker auf Nutzer und Nutzerinnen fokussieren und sei weniger abhängig von Tech-Konzernen aus den USA oder China. Man könne so "neue öffentlich-rechtliche Standards auf Social Media setzen" – etwa in Bezug auf Teilhabe des Publikums, Unabhängigkeit und faktenbasierte, hassfreie Kommunikation. Ferner erfülle man den oft gehörten Wunsch nach einer Alternative zu den kommerziellen Plattformen, ergänzt Juliane Leopold, die Chefredakteurin Digitales ARD-aktuell.

Mit dem Account auf der hauseigenen Instanz wolle man jetzt Erfahrungen sammeln, vor allem in Bezug auf die Kommunikation mit dem Publikum, erläuterte Patrick Weinhold, der bei der tagesschau die Social-Media-Redaktion leitet, gegenüber heise online. Man wolle neue Nutzer sowie Nutzerinnen ansprechen und werde beobachten, was mit den Inhalten passiert. Für das Experiment habe man zu dessen Beginn auf eine Zielmarke, etwa für die Reichweite, bewusst verzichtet. Die werde aber analysiert. Auf den Account soll prominent hingewiesen werden, bei den Vorbereitungen federführend war demnach der NDR. Die ARD spricht von einer sechsmonatigen Testphase.

Die seit Monaten betriebene Testinstanz dev.ard.social soll weiter genutzt werden, ergänzt Sven Bruns, der beim NDR die Code-Entwicklung leitet. Was hier für die große Instanz entwickelt und getestet wird, soll teilweise auch auf Github veröffentlicht werden, damit andere davon profitieren können. "Wir geben gern zurück", meint Bruns. Damit beteiligt sich der NDR auch aktiv an der Weiterentwicklung von Mastodon. Die Instanzen werden ohne Dienstleister auf eigener Infrastruktur betrieben. Anfangs wird der Account der Tagesschau den RSS-Feed der Nachrichtenseite spiegeln, später soll die technische Anbindung aber enger werden.

Teil des Experiments ist auch der Versuch, mit URL-Parametern zu ermitteln, wie oft die Inhalte von Mastodon heraus besucht werden. Die Twitter-Alternative funktioniert besonders datensparsam, was solche Analysen erschwert. Von heise online wurde auf diesem Weg etwa ermittelt, dass seit der Übernahme Twitters durch den US-Milliardär Elon Musk bereits fast so viele Besuche auf die Inhalte ihren Ursprung auf Mastodon haben, wie auf Twitter. Dabei hat der Account @heiseonline@social.heise.de auf der hauseigenen Instanz deutlich weniger Follower als der auf Twitter. Die Tagesschau kommt auf dem US-Kurznachrichtendienst sogar auf 4 Millionen Follower.

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Mastodon ist mit rund 1,2 Millionen aktiven Accounts auf über 12.000 Servern ist Mastodon gegenwärtig die größte Twitter-Alternative. Trotzdem liegt diese Zahl inzwischen wieder deutlich unter dem Rekordwert aus dem Dezember, als sogar fast 2,5 Millionen Accounts dort gezählt wurden. Dem steht aber eine kontinuierlich wachsende Zahl von abgesetzten Beiträgen gegenüber, inzwischen wurde die Marke von einer Milliarde pro Monat überschritten. Es wird also immer aktiver dort. Zuletzt hat sich aber der Eindruck verfestigt, dass unter anderem hohe Einstiegshürden das Wachstum behindern.

Das Wachstum von Mastodon erfolgte zuletzt parallel zum zunehmenden Chaos auf Twitter unter Elon Musk. Dazu gehören auch immer wieder Konflikte des US-Milliardärs mit Medien. So hatte Musk den Account des US-Senders NPR per Auszeichnung als staatlich kontrollierte Medienorganisation in eine Reihe etwa mit der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua oder dem Kreml-TV-Sender Russia Today gestellt. NPR hatte daraufhin alle Twitter-Aktivitäten eingestellt, dem Schritt folgten PBS und die kanadische Rundfunkanstalt CBC. In Deutschland hat die ARD lediglich angekündigt, den regelrechten Wildwuchs an Twitter-Accounts zurechtstutzten zu wollen.

(mho)