Bitkom: Der Willen zur Digitalisierung ist da, der Status ist recht verschieden

In die Digitalisierung der eigenen Prozesse investiert mittlerweile fast jedes Unternehmen, als Nachzügler betrachten sich trotzdem knapp 50 Prozent der Firmen.

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(Bild: Blue Planet Studio/Shutterstock.com)

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Der Branchenverband Bitkom hat neue Umfrageergebnisse zum Digitalisierungsgrad in deutschen Büros vorgestellt. Die Erkenntnis: Knapp 50 Prozent der befragten Unternehmen sehen sich selbst als Vorreiter bei der Digitalisierung ihrer Geschäfts- und Verwaltungsprozesse, ebenfalls knapp 50 Prozent ordnen sich allerdings als Nachzügler ein.

Der Digitalisierungsschub, der durch die Coronapandemie einsetzte, wird laut Umfrage nicht rückabgewickelt. Es gibt im Jahr 2023 nur leichte Nutzungs-Rückgänge bei einigen wenigen digitalen Hilfsmitteln zu verzeichnen.

Für die Umfrage im Auftrag des Bitkom wurden 505 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland repräsentativ befragt. 95 Prozent dieser Unternehmen setzen mindestens eine Digital-Office-Lösung ein, etwa um auf Dokumente zuzugreifen oder Kundendaten zu verwalten. Ob sich ein Unternehmen als Digitalisierungs-Vorreiter oder -Nachzügler sieht, steht aber häufig mit der Unternehmensgröße im Zusammenhang.

Zu den Nachzüglern zählen sich 54 Prozent der Unternehmen mit 22 bis 99 Beschäftigten. Von den Großunternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten ordnen sich nur 20 Prozent bei den Nachzüglern ein. Wie der Bitkom deutlich macht, ordnen sich die Großen mit 31 Prozent eher bei den Vorreitern ein. Von den kleinen Unternehmen sagen das nur 6 Prozent von sich.

9 Prozent der Befragten sehen sich selbst als Spitzenreiter der Digitalisierung, 40 noch als Vorreiter.

(Bild: Bitkom Research 2023)

In die Digitalisierung wird indessen fast durchweg investiert. Nur 2 Prozent der Unternehmen haben noch nicht investiert und planen dies auch künftig nicht. 70 Prozent haben 2022 oder früher investiert, 46 Prozent investieren in diesem Jahr und 58 Prozent werden 2024 oder später investieren.

21 Prozent der Befragten sehen die Digitalisierung als laufenden Investitionsprozess und haben schon in der Vergangenheit investiert, tun das jetzt noch und wollen das auch in Zukunft tun.

"Dass es sich nur für große Unternehmen lohnt, Prozesse zu digitalisieren, ist ein Trugschluss. Gerade kleinen Unternehmen können digitale Lösungen dabei helfen, ihre begrenzten Kapazitäten etwa an Personal und Geld effizienter einzusetzen", kommentiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder die Ergebnisse.

Während der Präsentation streute er immer wieder ein, welche Digitalisierungsmaßnahmen der Bitkom schon vorgenommen hat. So gibt es laut Rohleder keine Aktenschränke mehr beim Digitalverband und auch die jährlichen Druckerkosten von 43.000 Euro sind Geschichte – der Verband arbeitet mittlerweile papierlos und so sind die etlichen Drucker außer Betrieb gegangen. In Sachen KI verfolge der Bitkom ebenfalls eine zugewandte Strategie. Es werden etwa intelligente Chatbots für die Programmierunterstützung eingesetzt. In dieser Hinsicht zeigen sich die befragten Unternehmen zurückhaltender.

Zwar sagen 43 Prozent der Unternehmen, dass KI-Chatbots wie ChatGPT große Teile ihrer Kundenkommunikation übernehmen werden, 46 Prozent gehen davon aus, dass KI-Chatbots die Arbeit im Büro so stark revolutionieren werden wie vor einigen Jahrzehnten die Einführung des PC und 40 Prozent sehen im Einsatz von KI-Chatbots ein Mittel, dem Fachkräftemangel zu begegnen, 63 Prozent der Unternehmen wollen aber erst einmal abwarten, welche Erfahrungen andere mit dem Einsatz von KI machen.

Rohleder steht dieser Haltung skeptisch gegenüber: "Durch Abwarten schafft man es nicht an die Spitze. Wer erst einmal die anderen loslaufen lässt, wird es in den kommenden Jahren umso schwerer haben, mithalten zu können. Viele Unternehmen suchen händeringend nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – und die demografische Entwicklung wird die Situation weiter verschärfen. KI kann helfen, Beschäftigte von Routinearbeiten zu entlasten."

Über die Vorteile der Digitalisierung sind sich die deutschen Unternehmen laut Umfrage aber über alle Größenklassen hinweg einig: Entscheidende Treiber für eine Digitalisierung in den Unternehmen sind demnach Wettbewerbsaspekte, wie etwa die Einsparung von Ressourcen. 92 Prozent der Unternehmen geben an, ihre Prozesse zu digitalisieren, um beispielsweise weniger Papier zu verbrauchen, 89 Prozent, um generell nachhaltiger zu werden und 58 Prozent, um auf Geschäftsreisen verzichten zu können. Um Kosten einzusparen, setzen 84 Prozent der Unternehmen auf die Digitalisierung, 78 Prozent wollen ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und 69 Prozent effizienter und transparenter arbeiten können. Rohleder sieht auch keinen Widerspruch zwischen mehr nachhaltigen und in diesem Sinne auch umweltfreundlichen Unternehmensentscheidungen und einer gleichzeitig steigenden Wettbewerbsfähigkeit. "Durch Digitalisierung lassen sich oft mehrere Ziele parallel erreichen", erklärte er.

Der Papierverbrauch in Unternehmen hat auch einen Einfluss auf Nachhaltigkeits-Indexe – größere Unternehmen scheinen hier eher auf einen sparsameren Verbrauch zu achten.

(Bild: Bitkom Research 2023)

Laut der Befragung arbeiten bereits 12 Prozent der Unternehmen komplett papierlos, 2022 waren es noch 8 Prozent. Bei 28 Prozent läuft derzeit nur noch etwa ein Viertel papierbasiert ab. Etwa zur Hälfte papierbasiert arbeitet ein Drittel (33 Prozent) der deutschen Unternehmen. Bei 20 Prozent läuft etwa ein Viertel papierbasiert, bei 5 Prozent noch alles papierbasiert.

Mit der Coronapandemie haben sich laut Bitkom auch einige digitale Arbeitsmittel für die interne und externe Kommunikation stärker durchgesetzt. Zuwächse verzeichnen unter anderem Smartphones (87 Prozent, 2022: 83 Prozent), Messengerdienste (54 Prozent, 2022: 51 Prozent), Kollaborationstools (46 Prozent, 2022: 40 Prozent) und Social Media (40 Prozent, 2022: 36 Prozent) bei der Nutzung. Der Einsatz von Videokonferenzen bleibt mit 71 Prozent knapp auf dem Vorjahresniveau (72 Prozent). Zugleich ist die Nutzung der Briefpost weiter zurückgegangen. 2022 setzten noch 48 Prozent der Unternehmen auf diese, 2023 sind es nur noch 40 Prozent. Auch die Fax-Nutzung gehe zurück: Häufig oder sehr häufig faxen noch 33 Prozent der Betriebe (2022: 40 Prozent).

Der Bitkom nutzt kein Festnetz mehr, erklärte Bernhard Rohleder während der Präsentation. Auch das spare Kosten.

(Bild: Bitkom Research 2023)

Als eine der größten Hürden für die Digitalisierung von Arbeitsprozessen wird der Fachkräftemangel gesehen. 72 Prozent der Unternehmen finden demnach zu wenig qualifiziertes Personal für die Digitalisierung, 2021 waren es noch 57 Prozent. Um diesem Problem zu begegnen, investieren 73 Prozent gezielt in die Fort- und Weiterbildung ihrer Beschäftigten für die digitale Arbeitswelt. Weitere Digitalisierungshürden sind aus Sicht der Unternehmen zu hohe Anforderungen an die IT-Sicherheit (60 Prozent), an den Datenschutz (57 Prozent) und die Sorge vor einem digitalen Black-Out, also eines vorübergehenden Ausfalls der Netze oder IT-Systeme (55 Prozent). Gleichzeitig gilt es aber auch interne Hürden zu überwinden: 68 Prozent der Unternehmen beklagen einen zu hohen Investitionsbedarf und 63 Prozent geben an, ihnen fehle die Zeit für die Digitalisierung ihres Unternehmens. 2021 waren das noch 55 Prozent.

Rohleder sieht in der Digitalisierung der Arbeit auch eine Möglichkeit, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzuwerben: "Gerade nach der Coronapandemie erwarten Beschäftigte jene Flexibilität, die digitalisierte Büroprozesse bieten. Nur wer auf Daten und Dokumente jederzeit in der Cloud zugreifen kann und nicht nur im Aktenschrank im Büro, kann auch von zu Hause und unterwegs gut arbeiten". Die Unternehmen scheinen das ebenfalls so einzuschätzen. 80 Prozent von ihnen digitalisieren Prozesse, um als Arbeitgeber für Bewerberinnen und Bewerber attraktiv zu sein und 74 Prozent ganz konkret, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

(kbe)