Nordrhein-Westfalen nimmt Sexualstraftäter-Datei in Betrieb

Die nordrhein-westfälische Regierung hat beim Landeskriminalamt Düsseldorf eine "datengestützte" Zentralstelle "zur Erfassung und Begleitung entlassener Sexualstraftäter" eingerichtet.

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Von
  • Stefan Krempl

Die nordrhein-westfälische Regierung hat beim Landeskriminalamt Düsseldorf eine "datengestützte" Zentralstelle "zur Erfassung und Begleitung entlassener Sexualstraftäter" eingerichtet. Ziel der landesweiten Datenbank sei es, das Rückfallrisiko Entlassener zu verringern, teilten Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) und Innenminister Ingo Wolf (FDP) in einer gemeinsamen Erklärung am gestrigen Sonntag mit. Dahinter stehe eine umfassendere "Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern in Nordrhein-Westfalen" (Kurs NRW), die mit Experten aus Justiz, Polizei und Maßregelvollzug unter Federführung des Justizministeriums erarbeitet worden sei.

Mit der Datei soll die bereits bestehende Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen Strafvollzug, Maßregelvollzug, Vollstreckungsbehörden, Führungsaufsichtsstellen und Polizei "standardisiert und verbindlich ausgestaltet" werden. Ein Verurteilter müsse zwar wieder "seine verfassungsmäßigen Freiheitsrechte" genießen können, wenn er seine gerichtlich angeordnete Strafe verbüßt hat, betonte Müller-Piepenkötter. "Andererseits dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass gerade von Sexualstraftätern mit entsprechenden Neigungen im Einzelfall eine erhöhte Rückfallgefahr ausgehen kann." Insbesondere gegen entsprechende Haftentlassene, gegen die aus Rechtsgründen keine Sicherungsverwahrung angeordnet werden könne, müssten daher "zur Wiedereingliederung und zur Prävention von Rückfällen im Blick behalten" werden.

Bei dem zentralen Datenregister geht es nach offizieller Ansage nicht "um das konzeptionslose Sammeln von Daten". Vielmehr solle "ein auf den die Allgemeinheit gefährdenden Sexualstraftäter zugeschnittenes softwaregestütztes Fallmanagement" erarbeit werden. Dafür würden vor der Entlassung eines Straftäters alle für eine Risikobewertung erforderlichen Informationen der einschlägigen Behörden zusammengeführt und mit einer "bereits polizeilich bewährten Analysesoftware" ausgewertet.

"Mit der fertigen Prognose werden dann abgestimmte und maßgeschneiderte Schutzkonzepte umgesetzt", erklärte Wolf. Die Zentralstelle informiere die beteiligten Behörden ferner über Zuzug oder Wegzug eines "Risikostraftäters" nach oder aus Nordrhein-Westfalen. So werde das bereits bestehende polizeiliche "Frühwarnsystem" im Hinblick auf Sexualstraftäter. Jeder Polizist im Einsatz habe bereits jetzt rund um die Uhr über eine Datenabfrage Zugriff auf deliktspezifische Hinweise zu dieser Delinquentengruppe. Personen, die in der Datei erfasst werden, sollen nach Regierungsangaben darüber unterrichtet werden. Das Büro der Landesdatenschutzbeauftragten sei vor der Umsetzung an der Konzeption beteiligt worden.

Auch in Bayern, Niedersachsen und Brandenburg werden Sexualstraftäter bereits mithilfe zentraler Computersysteme gesondert überwacht. Zum Einsatz kommt dabei in der Regel das Konzept HEADS (Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter) mit landesspezifischen Anpassungen. Auch Hessen liebäugelte vor einem Jahr mit einem vergleichbaren Konzept. Für die Einrichtung einer bundesweiten Warndatei für vorbestrafte Sexualverbrecher hatten sich zuletzt die Innenminister von CDU und CSU im August stark gemacht. (pmz)