TikTok: Vorwürfen zufolge hat Chinas Regierung Zugriff auf sämtliche Daten

Ein ehemaliger Angestellter von ByteDance erhebt schwere Vorwürfe gegen TikTok. Unter anderem habe Chinas Regierung Zugriff auf sämtliche US-Daten.

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App-Icons Wechats und Tiktoks auf einem Handybildschirm, dahinter die Flagge der Volksrepulik China

(Bild: Boumen Japet / shutterstock.com)

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In den Pekinger Büros von Bytedance, dem Mutterkonzern von TikTok, habe eine spezielle Einheit, auch "Komitee" genannt, aus Mitgliedern der Kommunistischen Partei Chinas vollen Zugriff auf sämtliche Daten – auch die, die auf Servern in den USA gespeichert werden. Das ist neben dem Vorwurf, TikTok habe in der Anfangszeit urheberrechtlich geschützte Inhalte von anderen Plattformen wie Instagram oder Snapchat geklaut, um dem eigenen sozialen Netzwerk schneller zur Bekanntheit zu verhelfen, die schwerwiegendste Anschuldigung. Eigentlich geht es um ein Verfahren eines ehemaligen Angestellten, der auf unrechtmäßige Entlassung klagt und seit 2018 nicht mehr bei Bytedance arbeitet. Für TikTok habe er auch nie gearbeitet.

Yu zufolge habe das sogenannte "Komitee" nicht nur Zugriff auf sämtliche TikTok-Daten in den USA, sondern überwache sämtliche Apps des Bytedance-Konzerns und "fördere den Umgang mit kommunistischen Grundwerten". Das "Komitee" soll zudem über einen "Todesschalter" verfügen, mit dem es die chinesischen Apps vollständig abschalten könne. Bytedance habe in der Anfangszeit von TikTok Bot-Armeen geschaffen, um die Nutzerzahlen zu steigern, und geistiges Eigentum anderer Unternehmen für den eigenen Profit gestohlen, so die Vorwürfe des ehemaligen Angestellten.

Der ehemalige Mitarbeiter war laut einem Bericht der New York Times leitender Angestellter bei Bytedance in den USA und sei entlassen worden, weil er Bedenken über fragwürdige Praktiken innerhalb des Unternehmens geäußert habe. Er arbeitete bei Bytedance laut Stellungnahme des Unternehmens allerdings lediglich von August 2017 bis Juli 2018 als Leiter einer technischen Abteilung von Bytedance in den USA – doch Yu behauptet, dass er bis November 2018 für das Unternehmen tätig war. Laut Bytedance habe er an einer App namens "Flipagram" gearbeitet, die vor Jahren aufgrund geänderter geschäftlicher Interessen eingestellt worden sei.

Während seine Anstellung habe Yu, der in China geboren ist und jetzt in den USA lebt, für Bytedance auch in den Büros in China gearbeitet und beobachtet, wie Ingenieure etwa von "Douyin", der chinesischen Variante von TikTok, den Algorithmus veränderten. Inhalte mit "Hass gegen Japan" wurden demnach größere Reichweite und höhere Bewertungen verschafft. Unterstützende Beiträge zu pro-demokratischen Demonstranten in Hongkong seien in der Reichweite hingegen eingeschränkt worden. "Darüber gab es keine Debatte", sagte Yu, man habe es einfach getan.

Den Vorwurf der "Gesetzlosigkeit" innerhalb Bytedance begründet Yu mit der Bestechung eines hohen chinesischen Regierungsbeamten, der für die Regulierung des Internets zuständig gewesen sei. In einem Prozess zu den Vorwürfen wurde demnach 2018 der Regierungsbeamte Lu Wei wegen Bestechung verurteilt. Woher die Bestechungsgelder kamen und wer sie gezahlt hatte, sei nicht erwähnt worden. Laut der Klage war das Zhang Yiming, der Gründer von Bytedance.

In einem Interview erklärte Yu, dass der geografische Standort der gespeicherten Nutzerdaten in Bezug auf den Zugriff von US-Daten irrelevant sei, außerdem hätten die Ingenieure eine Hintertür für den Zugriff auf die Daten eingebaut. Vor der Anhörung im März im US-Kongress wollte der TikTok-Chef noch sämtliche "Missverständnisse" aufklären und behauptete, dass der Video-Dienst seine Daten in den USA speichere und vor dem Zugriff Chinas schütze.

Yu fordert in seiner Klage wegen unrechtmäßiger Entlassung unter anderem einen Ausgleich für seinen Verdienstausfall (eine konkrete Summe wurde nicht genannt) und 220.000 Bytedance-Aktien. Die Aktien hätten einen Wert in zweistelliger Millionenhöhe. Vorausgegangen sind der New York Times zufolge mehrjährige, jedoch gescheiterte Vermittlungsversuche. Die Klage samt den Vorwürfen wird fünf Jahre nach seiner Entlassung und inmitten der Untersuchungen der US-Regierung gegen Bytedance eingereicht.

(bme)