Zweiter Anlauf für umstrittene Video-Aufzeichnung von Demonstrationen

Die niedersächsischen Regierungsparteien CDU und FDP haben sich auf den Entwurf für ein neues Versammlungsrecht geeinigt, das der Polizei die Möglichkeit gibt, so genannte „Übersichtsaufnahmen“ von Demonstrationen anzufertigen.

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Die niedersächsischen Regierungsparteien CDU und FDP haben sich auf den Entwurf für ein neues Versammlungsrecht geeinigt, der bereits am 19. Januar in den niedersächsischen Landtag eingebracht werden soll. Das neue Gesetz - der Entwurf ist mittlerweile online verfügbar - gibt der Polizei unter anderem die Möglichkeit, sogenannte „Übersichtsaufnahmen“ von Demonstrationen anzufertigen „wenn dies wegen der Größe oder der Unübersichtlichkeit der Versammlung im Einzelfall erforderlich ist“. Datenschützer hatten das anlassunabhängige Filmen von Demonstrationsteilnehmern als problematisch kritisiert.

Die Aufnahmen müssen laut Gesetz zwar „unverzüglich“ gelöscht werden, wenn sie „für die Aufgabenerfüllung der Polizei nach Abs. 1 oder 2 nicht mehr erforderlich sind“. Die Löschung von Übersichtsaufzeichnungen kann jedoch beispielsweise unterbleiben, „solange die Aufzeichnungen zum Zwecke der polizeilichen Aus- oder Fortbildung oder zur befristeten Dokumentation des polizeilichen Handelns verwendet werden“, heißt es im Gesetzestext.

Das Versammlungsrecht war bis zur Föderalismusreform von 2006 bundesweit einheitlich geregelt. Bayern war das erste Land, das 2008 ein eigenes Versammlungsgesetz beschlossen hatte, in dem ebenfalls - sogar verdeckte - „Übersichtsaufnahmen“ von Demonstrationen ausdrücklich erlaubt wurden. Das Bundesverfassungsgericht hatte dieses Gesetz jedoch in einer Eilentscheidung im vergangenen Frühjahr teilweise außer Kraft gesetzt.

Nach Bayern ist Niedersachsen nun das zweite Land, in dem eine solch Regelung eingeführt werden soll. Natürlich habe man diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bei dem aktuellen Gesetzentwurf berücksichtigt, erklärte der Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Oliver Wagner. Das Problem beim bayerischen Versammlungsgesetz sei jedoch gewesen, dass Übersichtsaufnahmen verdeckt durchgeführt werden sollten. Dies sei in Niedersachsen explizit nicht vorgesehen.

Der Pressesprecher des niedersächsischen Datenschutzbeauftragten, Michael Knaps, erklärte, die zuständigen Kollegen müssten den Text, der ja erst seit kurzem vorliege, jetzt erst einmal analysieren. Eine Verbandsanhörung, wie sie ansonsten üblich sei, habe es zu diesem Gesetzesentwurf nicht gegeben, weil er direkt aus den Fraktionen komme: „Bisher hat uns also noch niemand gefragt“, sagte Knaps. Man habe aber „Zweifel“ daran, dass der Entwurf „nicht mit Mängeln behaftet“ sei. (wst)