Balkonkraftwerke: Justizministerium will rechtliche Hürden senken

Das Bundesjustizministerium arbeitet an Gesetzesänderungen, durch die Balkonkraftwerke künftig mit weniger Umständen installiert werden könnten.

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Balkonkraftwerk ohne Balkon an einem Haus in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 3 Min.

Das Bundesjustizministerium will es Mietern und Wohnungseigentümern erleichtern, Steckersolargeräte, also Balkonkraftwerke zu betreiben. Dazu sollen das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und das Mietrecht überarbeitet werden, erfuhr heise online aus Kreisen des Ministeriums. Ein Gesetzentwurf dazu werde nun unter den Regierungsressorts abgestimmt.

Wer ein Balkonkraftwerk installiert, nimmt wegen der optischen Veränderung des Gebäudes eine "bauliche Veränderung" im Sinne des Paragrafen 20 WEG vor. Schließlich sei davon auszugehen, dass diese Kraftwerke gut sichtbar angebracht werden, heißt es aus dem Ministerium. Deshalb müssen Wohnungseigentümer zustimmen; seit der WEG-Reform im Jahr 2020 reicht dafür eine einfache Mehrheit in der Eigentümerversammlung. Nun soll die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der "privilegierten baulichen Veränderungen" aufgenommen werden, dann müssen jene, die ein Balkonkraftwerk installieren wollen, ihr Vorhaben nicht mehr wie bisher begründen.

Hier wie auch in anderen Bestandteilen seines Vorhabens geht es dem Ministerium vor allem um Zeitersparnis, es geht von jährlich 111.958 Stunden für die Bürger aus, für die Wirtschaft von 10,9 Millionen Euro.

Vor diesem Hintergrund soll es auch ermöglicht werden, Wohnungseigentümerversammlungen generell ausschließlich virtuell abzuhalten. Dafür müssten drei Viertel der Eigentümer einer Versammlung zustimmen. Solch ein Beschluss soll drei Jahre lang gelten, dann müsste ein neuer gefasst werden. Dabei geht das Ministerium davon aus, dass für etwa 75 Prozent dieser Versammlungen Räumlichkeiten angemietet werden müssen. Die dafür geschätzten nötigen Kosten von 11,25 Millionen Euro könnten wegfallen.

Mieter sollen künftig vom Vermieter oder von der Vermieterin verlangen können, dass ihnen die gegebenenfalls notwendige bauliche Veränderung zur Installation des Geräts gestattet wird. Dafür sollen Steckersolargeräte in den Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen in Paragraf 554 BGB aufgenommen werden. Falls ein Mieter in einer Eigentumswohnung wohnt, könnte er dann vom Vermieter verlangen, in der Eigentümerversammlung einen entsprechenden Beschluss zu erwirken.

Nach wie vor sollen Wohnungseigentümer nicht Balkonkraftwerke ohne Zustimmung der anderen Eigentümer installieren dürfen. Bei der Entscheidung darüber, wie die Steckersolaranlage aussehen soll, hat die Eigentümergemeinschaft laut dem Referentenentwurf einen "Ermessensspielraum". Dabei dürfte sie die Installation aber nicht durch überzogene Vorgaben verhindern. Wenn eine Eigentümerversammlung ein Balkonkraftwerk ablehnt, kann der betreffende Wohnungseigentümer dagegen vor Gericht gehen.

Zum Katalog der besonderen baulichen Veränderungen gehören in Paragraf 20 des Wohnungseigentumsgesetzes – ähnlich wie in Paragraf 554 des BGB – bisher solche, die Menschen mit Behinderungen, dem Laden von E-Fahrzeugen, zum Schutz vor Einbrüchen und für Breitbandinternetanschlüsse dienen. Den Katalog zu erweitern, ist Teil der Photovoltaik-Strategie, die die Bundesregierung im März dieses Jahres vorgelegt hatte.

(anw)