Wie entsteht ein c’t-Artikel?
Wie entsteht eigentlich eine c’t? Verfolgen Sie den Weg von der Idee bis zum fertigen Artikel und lernen Sie die Menschen dahinter kennen.
(Bild: Albert Hulm)
- Die allermeisten c’t-Artikel gehen auf die Initiative der Redakteure zurück. Die Chefredaktion achtet auf einen runden Themenmix in jedem Heft.
- Jeder Text wird mehrfach gegengelesen und wandert durch mehrere Korrekturstufen, um inhaltliche und sprachliche Qualität zu sichern.
- Parallel zum Layout fĂĽr das gedruckte Heft wird die digitale Ausspielung vorbereitet.
In diesem Moment haben Sie eine c’t vor sich, entweder als klassisches Heft, digital in der App oder online. Doch wie entsteht eigentlich eine c’t und durch wie viele Hände geht ein Artikel? Begleiten Sie mich durch die Redaktion und den Verlag und folgen Sie dem Weg, den ein Artikel von der Idee über die Korrekturstufen und das Layout bis zum fertigen Heft nimmt.
Die Idee
Die Idee für diesen Beitrag habe ich mir im Redaktionswiki aus der Vorschlagsliste für das Jubiläumsheft geschnappt. Das ist eher untypisch für die c’t. Vor meiner Recherche dachte ich, jedes unserer vier Ressorts würde die Themenfindung unterschiedlich handhaben. Doch offenbar sind überall meist wir Redakteure treibende Kräfte hinter den Themen; jeder und jede hat seine oder ihre Spezialgebiete im Blick. Aber auch die Kollegen oder die Chefredaktion geben Hinweise oder Stupser, ob da nicht ein Thema schlummert. Daneben pitchen Autoren Artikelangebote und natürlich kommen auch Vorschläge über die Feedbackkanäle herein: als Leserbriefe, über den Leserbeirat oder via Umfragen im c’t-Newsletter. Aber auch so profane Dinge wie Produktveröffentlichungen neuer Hardware oder Releasezyklen von Linux-Distributionen spülen uns Themen auf den Tisch.
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In den Ressortsitzungen besprechen die Teams die Ideen. Im Ressort "Mobiles, Entertainment & Gadgets" (MEGA) geschieht das beispielsweise in großer Runde, während wir in "meinem" Ressort "Systeme & Sicherheit" vieles getrennt in Themenmeetings für Windows, Linux oder Security besprechen. Mal steht die konkrete Planung bereits besprochener Artikel im Vordergrund, bei anderen Treffen brainstormen wir, ob eine Idee taugt und wie wir sie spannend erzählen können.
Selten bekommen wir ein Thema vor die Nase gesetzt und wenn, dann eher mit sanftem Druck statt Befehl. "Wenn ein Redakteur keinen Bock auf ein Thema hat, dann wird es nicht gut", bringt MEGA-Ressortleiter Jörg Wirtgen seine Erfahrung auf den Punkt.
Die vereinbarten Artikel tragen wir Redakteure dann im Idealfall direkt in das Redaktionssystem ein, samt anvisiertem Heft und Abgabetermin. Wie viele Hefte im Voraus geplant wird, hängt vom Thema ab und schwankt teils auch von Redakteur zu Redakteur.
Der Plan
Aus dem Pool der vorgeschlagenen Themen und angedachten Artikel strickt die Chefredaktion gemeinsam mit den Ressortleitern in der Redaktionskonferenz einen Plan für die kommenden Hefte. Da war ich als einfacher Redakteur ehrlich gesagt noch nie dabei. Um zu erfahren, was dort passiert, schaue ich beim stellvertretenden Chefredakteur Axel Kossel vorbei. Als ich in sein Büro platze, grübelt er gerade über das Artikelangebot im Redaktionssystem. "Das Entscheidende ist die Heftmischung", erklärt er mir. "Zuerst stellen wir sicher, dass alle Rubriken befüllt sind, genügend Tests da sind, Wissens- und Praxisartikel ein vernünftiges Verhältnis haben und der Aktuell-Teil groß genug ist."
Die Chefredaktion orientiert sich aber nicht nur an den Rubriken, sondern schaut auch auf die inhaltliche Mischung. "Ist ein Linux-Thema drin, ist ein Windows-Thema dabei, gibt es einen Hardware-Test?", zählt Axel auf. In der Redaktionskonferenz kontrolliert er mit den Anderen anhand einer Themenmatrix, ob auch mittelfristig genügend unterschiedliche Artikel geplant sind. "Das ist wichtig, damit wir die Grundansprüche einer c’t mit jedem Heft erfüllen können." Hier geht der Blick mindestens fünf Ausgaben in die Zukunft.
Die Anzeigenabteilung meldet beim Chef vom Dienst Georg Schnurer eine Richtgröße der benötigten Seiten an. Daraus berechnet sich dann, wie viele Seiten mit redaktionellem Inhalt gefüllt werden. "Das sind meist um die 160 Seiten", sagt Axel.
"Wenn zu wenig Artikel angeboten sind, müssen wir die Ressorts noch mal triezen", witzelt Axel und schiebt nach: "Aber das ist zum Glück in letzter Zeit kaum noch vorgekommen." Aber auch ein Überangebot ist kein Segen, weil ständig Artikel verschoben werden müssen. Ein Teil der geschobenen Artikel landet in der Reserve, wird also normal fertig gestellt, für den Fall, dass ein anderer Beitrag platzt. "Es kommt immer wieder vor, dass ein Artikel während der Produktion zerfällt, weil aktuelle Dinge dazwischen kommen, Testgeräte sich verspäten oder sich das Thema als ungeeignet erweist", so der stellvertretende Chefredakteur.
Steht der grobe Plan, geht es ans Feintuning. Alle 14 Tage und etwa drei Wochen, bevor Sie die c’t aus dem Briefkasten angeln oder im Kiosk kaufen können, findet die "Festklopfsitzung" statt. Hier entscheidet die Chefredaktion mit den Ressortleitern, welche Artikel ins Heft kommen, was in der Reserve geparkt wird und welches Thema eine Ehrenrunde drehen muss. "Wenn wir dann eine Heftmischung zusammengestellt haben, von der wir sagen, da ist alles Wichtige drin und es ist ein rundes Paket, dann wird aus dieser Zusammenstellung", er hält kurz inne und setzt lachend fort, "eine ganz normale Textdatei erzeugt".
Aus der stricken Redaktionsassistent Martin Triadan oder Georg Schnurer den ersten Heftplan mit einem Tool, das in der Redaktion programmiert wurde. Das Ergebnis kann als grafische Darstellung der Seiten im Browser abgerufen oder als PDF exportiert werden. Dieser Live-Heftplan enthält die Länge und Reihenfolge der Artikel, ihre Seitenzahl und Lücken für geplante Anzeigen. In den kommenden Tagen schickt Martin neue Versionen des Heftplans über den Redaktionsverteiler: immer dann, wenn ein Artikel kürzer, länger oder ganz ausfällt oder weil Anzeigen umgebucht werden.
Recherche, Text und Bilder
Während die Chefredaktion über dem Heftplan brütet, arbeiten wir Redakteure parallel an Texten oder redigieren die Manuskripte von Autoren. Die Recherche für den Text verhält sich so abwechslungsreich wie die Themenmatrix: vom Schreibtisch aus oder unterwegs, Dokumentationen wälzen oder Interviews führen, an einem Projekt basteln oder in Testlaboren Produkten – wie heißt die Floskel – "auf den Zahn fühlen". Wie die Hardware-Tests ablaufen, erklärt mein Kollege Christian Hirsch und Georg Schnurer verrät, wie wir überhaupt an Testgeräte kommen.
Daneben müssen wir auch einiges organisieren. Damit die Artikel keine monotonen Bleiwüsten werden, brauchen sie Bilder oder andere grafische Elemente, ganz gleich, wie abstrakt ein Thema ist. So manches Mal bin ich an der Bebilderung eines News-Artikels zum Linux-Kernel fast verzweifelt. Einfacher haben es die Hardware-Kollegen. Die schleppen ihre Geräte zum Ablichten einfach zu Melissa Ramson und Andreas Wodrich ins Fotostudio. Ein guter Weg, Artikel grafisch aufzulockern, sind Infografiken, die gut gemacht komplexe Abläufe veranschaulichen. Um die kümmern sich Martina Bruns und Mike Bunjes aus der DTP-Abteilung (Desktop Publishing). "Idealerweise hat der Redakteur eine gewisse Vorstellung, liefert die möglichst korrekten Daten mit und kommt rechtzeitig vor Druckschluss", empfiehlt Mike.
Aufmacherbilder oder -grafiken, die bei Artikeln von drei oder mehr Seiten Pflicht sind, organisieren die Kolleginnen Jessica Nachtigall und Ulrike Weis aus der DTP. Die schreiben dann auch mal im internen Chat: "Keywan, brauchst du noch einen Aufmacher für Artikel xy?", wenn ich es fast wieder verschwitzt habe. Nach kurzem Brainstorming schicken sie mir einen mit einer Bild-KI generierten Entwurf oder eine Skizze. Passt Letztere, geht der Auftrag raus an die Illustratoren. Oder Jessica und Ulrike malträtieren die KI-Systeme Midjourney und Stable Diffusion, bis diese ein halbwegs brauchbares Motiv rausrücken, das sie dann per Menschenhand veredeln. Sie glätten wirre Artifakte in den Bildern und kombinieren mehrere KI-Bilder und Fotos zu komplexen Collagen. Neben Illustrationen und KI-Bildern gibt es noch Fotoaufmacher, die das Fotostudio erstellt.
Wie und wo wir die Artikel schreiben, ist uns Redakteuren weitgehend freigestellt. Ob im Lieblingseditor, einer Textverarbeitung wie Word oder LibreOffice oder gleich im eigenwilligen Webeditor des Redaktionssystems. Dort muss auf jeden Fall der finale Artikelentwurf landen, bevor er in die nächste Stufe des Produktionsworkflows geht.
Qualitätssicherung
Damit kein Quatsch in der c’t steht, leisten wir uns mehrere Stufen der Qualitätssicherung. Steht mein Text, suche ich mir eine Person aus meinem Ressort oder die sich für das Thema gut eignet, um den Text Korrektur zu lesen. Wir nennen es "ressortinternes Gegenlesen". Das muss nicht zwingend jemand sein, der sich gut mit dem Thema auskennt. Ich bitte bei manchen Linux-Artikeln, wo ich mir sehr sicher bin, gerne auch mal Windows-Kollegen gegenzulesen. Die entdecken oft unverständliche Stellen, an denen ich zu viel Vorwissen erwarte. Übrigens: Mit frischem Blick spielen auch die Redaktionsassistenten wie Christoph Hoppe oder Ralf Schneider Praxisanleitungen durch und identifizieren holprige Abschnitte.
Sobald ich die Korrekturen der Kollegen eingepflegt und holprige Stellen nachgebessert habe, geht es zur nächsten Stufe: Die Gegenleser, liebevoll auch Rotstifte genannt. "Das Team hat einen guten Überblick übers gesamte Heft. Da fällt dann spätestens auf, wenn sich etwas im Heft doppelt oder zwei Kollegen zufällig dieselbe Titelzeile eingefallen ist", erklärt Achim Barczok, der das Team leitet. Die Gegenleser sind erfahrene Redakteure: Sie prüfen Formales, Inhaltliches, Rechtschreibung und Verständlichkeit. "In dieser zweiten Stufe geht es auch darum, die Perspektive des Lesers einzunehmen." Daher schauen sie auch, ob die Einleitung fesselt, der Leser abgeholt wird und ob der Text einen roten Faden hat.
"Das Wichtige ist bei uns, dass der Redakteur oder die Redakteurin den letzten Blick hat", betont Achim. "Alle Korrekturen müssen mit dem Redakteur besprochen sein, damit er weiß, dass das noch sein Artikel ist." Auch ich hab mich manchmal über ein Schlachtfeld erschrocken, wenn der Artikel von den Rotstiften zurückkam. Doch meist ließ es sich relativ einfach reparieren, selbst bei einem überladenen Artikel, wo ich mich arg verrannt hatte. Die einfache Lösung: den einen wirren Artikel in zwei verständliche Texte aufteilen.
Sind auch diese Korrekturen gewuppt, schaut noch einmal die Chefredaktion über den Text, meist ohne weitere Einwände. Jetzt heißt es, aus dem Rohmaterial einen ansehnlichen Artikel zu kneten.
DTP und digitale Produktion
Nickt die Chefredaktion den Artikel ab, erhalten die DTP-Abteilung und die Digitale Produktion eine Benachrichtigung. Neuerdings kann der Artikel, sofern alle Bilder und Tabellen vorhanden sind, unverzüglich digital veröffentlicht werden. Vorher kontrolliert die Digitale Produktion, ob der Artikel auf den Online-Kanälen – also per App und über die Webseite – korrekt ausgespielt wird. "Da schaut jemand von uns drüber, der ein geschultes Auge für den digitalen Kanal hat und gestaltet den Artikel um", erklärt Pascal Wissner, der in der Produktionsabteilung die digitale Ausspielung koordiniert. "Bei Bedarf überarbeiten wir Elemente oder Bilder und schalten den Beitrag dann frei."
Zeitgleich beginnt die DTP-Abteilung mit dem Layout fürs gedruckte Heft. Ich schaue Layouterin Astrid Seifert über die Schulter. "Wir haben Templates für unterschiedliche Artikeltypen", erklärt Astrid, während ihre Finger flink über die Tastatur huschen und sie kurz über eine Fehlermeldung flucht. "Ich gehe jetzt hier in mein Plug-in für meine Blattplanung und suche mir das richtige Template raus." Dann lädt sie den Artikel über eine XML-Schnittstelle aus dem Redaktionssystem in InDesign hinein. Texte und Bilder landen zunächst kreuz und quer auf der Arbeitsfläche.
Blitzschnell drückt sie Tastenkombinationen, formatiert mit diversen Skripten den Artikel und schubst Objekte wie Bilder und Kästen an die passende Stelle. "Meine Intention ist es, dem Redakteur möglich wenig Arbeit zu bereiten und das vorhandene Material halbwegs hübsch und vor allem passend zu platzieren", erklärt Astrid Seifert. "Ich kann ja durch die Bildgröße den Textumlauf variieren." Ihren Künsten sind aber auch Grenzen gesetzt, wenn der Artikel einfach zu viel Text für zu wenig Seiten enthält. Ich selbst bekomme von ihr und ihren Kolleginnen regelmäßig PDF-Dateien mit der Aufforderung, zu kürzen. Manchmal gelingt es mir, den Heftplanverantwortlichen noch eine Seite extra aus den Rippen zu leiern. Wenn nicht, muss ich mich von liebgewonnenen Sätzen trennen.
Und wie lange dauert es im Schnitt einen Artikel zu layouten? Astrid schüttelt vehement den Kopf: "Nee, das kann ich nicht sagen. Das ist unglaublich unterschiedlich", antwortet sie. "Manchmal hast du einen Artikel, der passt sofort. Da bin ich nach einer Viertelstunde mit einem längeren Artikel fertig. Und dann gibt es kurze Artikel, an denen sitze ich Tage."
Letzte Kontrolle
Passt alles, checkt sie den Artikel ins System ein und wir Redakteure sind wieder am Zug. An der PDF-Datei des layouteten Artikels machen wir die Schlusskorrektur. Streng genommen dürfen wir jetzt nur noch Fehler ausbügeln. Formulierungen aus ästhetischen Gründen zu ändern oder ohne dringenden Grund etwas zu ergänzen, ist tabu. Danach landet der Artikel wieder in der DTP, wo Astrid und ihre Kolleginnen die Korrekturen einarbeiten und den kompletten Text auf Rechtschreibung, Trennungen und Umbrüchen Korrektur lesen. Anschließend schaut Achim noch mal auf die finale Version und sendet Mike die letzten Korrekturen. "Im Layout müssen häufig Textelemente gekürzt oder angepasst werden, da lohnt es sich, dann noch einmal draufzuschauen", erklärt Achim. Er achtet auf Bilder, Tabellen, Farben und Überschriften. "Manche Sachen entdeckt man erst, wenn man alle Artikel in der digitalen Vorschau nebeneinander sieht." Sobald Achim grünes Licht gibt, kann Mike, der selbst nach bisher übersehenen Fehlern schaut, die Datei zur Druckerei schicken.
Parallel landen die letzten Korrekturen aus dem DTP-Prozess wieder bei der Digitalen Produktion, um sie für die Onlinekanäle einzupflegen. "Unser Ziel ist, dass die Leseerfahrung auf allen Kanälen möglichst ähnlich ist", erklärt Pascal Wissner.
Wenn alles gutgegangen ist, haben Sie nun einen fehlerfreien, spannenden und ansehnlichen Artikel in der Hand. Ganz gleich, ob Sie diesen auf Papier oder digital lesen.
(ktn)