EU steht vor Debatte über Netzneutralität

Die EU-Kommission hat ein Papier vorgelegt, in dem sie Ideen zur Netzneutralität beschreibt, die den Darstellungen der designierten Kommissarin Neelie Kroes wiedersprechen, meint Joe McNamee von European Digital Rights.

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Von
  • Monika Ermert

Die EU-Kommission, die zum Ende des Jahres einen Bericht zur Netzneutralität vorlegen will, beschreibt in einem Papier, das heise online vorliegt, vier Aspekte von Netzneutralität. Joe McNamee, Brüsseler Beobachter von European Digital Rights (EDRI), der Dachorganisation netzpolitischer Nichtregierungsorganisationen in Europa, sagte gegenüber heise online, die in dem Papier dargestellten Ideen widersprächen deutlich den Aussagen der designierten Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes. Europa hat demnach eine vertiefte Debatte zur Netzneutralität weiter vor sich.

Das in der Generaldirektion Informationsgesellschaft erarbeitete Papier listet laut McNamee nicht nur kommerziell motivierte Einschränkungen des Netzzugangs als Aspekt der Netzneutralität, aufgeführt werden auch Diskrepanzen zwischen angebotener und tatsächlicher Bandbreite, technische Maßnahmen zum Schutz der Kunden sowie Einschränkungen zum Zweck des Netzwerkmanagements. Das könnte nahelegen, dass die Befürworter von Netzneutralität schon bloßes Netzwerkmanagement ablehnen. "Dabei ist das doch kein Thema", sagt McNamee. Kroes hatte in ihrer Anhörung Netzneutralität so definiert, dass generell "kommerziell motivierte Eingriffe" abzulehnen seien.

Die Urheberrechtsexpertin Monica Horton konstatierte in ihrer Analyse der Kroes-Rede, das Telecom-Paket allein garantiere Netzneutralität auf jeden Fall nicht, es bedürfe vielmehr einer klaren Regelung. Netzneutralität sei ein prominentes Beispiel, den ursprünglichen Glauben an die Selbstregulierungskraft des Netzes ins Wanken zu bringen, meint die Netzforscherin Jeanette Hofmann vom Wissenschaftszentrum Berlin. Wie Kroes ihrer Aufsichts- und Berichtsrolle beim Thema Netzneutralität nachkommen wird, kann sie aber frühestens nach ihrer offiziellen Ernennung offenbaren.

Die Kommission muss bis Ende 2010 dem Parlament und dem Rat Bericht erstatten, ob weitere Schritte für die Durchsetzung von Netzneutralität in den Mitgliedsstaaten notwendig ist. Dazu verpflichtete sich die Kommission in einer Mitte Dezember veröffentlichten Erklärung. (anw)