Gelungene Generalprobe für Laserfusion

Wissenschaftler am Lawrence Livermore National Laboratory sind ihrem Ziel näher kommen, die kontrollierte Fusion von Wasserstoff zu Helium als Energiequelle zu erschließen.

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Wissenschaftler am Lawrence Livermore National Laboratory haben ihren Hochleistungslaser zur Erzeugung einer Laserfusion erfolgreich getestet. 
In einem Aufsatz, der heute in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Science erschienen ist, berichten Siegfrid Glenzer und Kollegen von den Details.

Das Ziel der US-Forscher in Livermore ist ein alter Menschheitstraum: Die kontrollierte Fusion von Wasserstoff zu Helium als Energiequelle zu erschließen. 192 hochenergetische Laserstrahlen sollen dazu auf eine Wasserstoffkugel abgefeuert werden; alle Laserstrahlen zusammen bringen 1,5 Megajoule ins Ziel. Der Laserbeschuss dauert nur 20 Nanosekunden. Die Laserstrahlen werden auf ein kleines Goldröhrchen fokussiert, das im Inneren so weit aufgeheizt wird, dass die Wände hochenergetische Röntgenstrahlen abstrahlen. Das zwei Millimeter kleine Wasserstoff-Pellet wird dadurch mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1,5 Millionen Kilometer pro Stunde implodieren – Deuterium und Tritium verschmelzen zu Helium. Der Prozess liefert extrem viel Energie: Ein Kilo Wasserstoff verschmolzen zu Helium liefert so viel Energie, als würde man 11.000 Tonnen Steinkohle verheizen.

Bislang ist das allerdings nur in Simulationen gelungen. Glenzer und seine Kollegen haben nun alle 192 Laserstrahlen mit rund 40 Prozent der Maximal-Energie auf das noch leere Target abgefeuert. Dabei konnten sie im Inneren des Röhrchens eine Temperatur von rund 3,3 Millionen Kelvin erzeugen. Die besondere Schwierigkeit bei diesem Verfahren liegt laut Science nun darin, dass von den Wänden des aufgeheizten Goldröhrchens Gold abdampft, das ein Plasma bildet, das die Laserstrahlen stören könnte. Den US-Wissenschaftlern ist es jedoch gelungen, diesen Störeffekt zu vermeiden. Im nächsten Schritt wollen die Forscher ab Mai testen, ob die Kapsel, die den Wasserstoff umhüllen soll, auch wirklich gleichmäßig implodiert. Gelingt das, könnte bereits im Oktober 2010 eine erste Fusion gezündet werden

Nicht alle Wissenschaftler sind indes davon überzeugt, dass die Laserfusion wirklich zur Energiegewinnung taugt. In einem Laserfusionskraftwerk müsste man 10 bis 15 Fusionen pro Sekunde zünden. Der Laser am NIF aber muss zwischen zwei Schüssen erst abkühlen. Das bedeutet, er kann höchstens alle zwei Stunden abgefeuert werden. Kritiker wie der Darmstädter Physiker Wolfgang Liebert werfen der NIF deshalb vor, die Energie-Erzeugung als Vorwand zu benutzen, um die Physik von Wasserstoffbomben besser zu verstehen.

Die weltweit von den meisten Wissenschaftlern bevorzugte Methode zur Fusionsenergie-Nutzung besteht darin, das heiße Plasma in Magnetfelder einzuschließen. Das bislang ehrgeizigste dieser Art ging 1983 im englischen Culham in Betrieb: "Jet", der "Joint European Torus", hat einen Durchmesser von sechs Metern und schaffte am 9. November 1991 erstmals die Kernfusion. Die nächste Tokamak-Generation, der europäische Fusionsreaktor Iter, der im südfranzösischen Cadarache gebaut wird, soll nun den magischen Effizienzsprung schaffen – also mindestens genauso viel Energie erzeugen, wie zur Plasma-Aufheizung verbraucht worden ist. Die Maschine wird allerdings frühestens 2018 fertig – die erste Fusion soll dort voraussichtlich 2026 gezündet werden. (wst)