Bit-Rauschen: Nvidia-Höhenflug, x86-Altlasten, Intel-Baupläne

Der Nvidia-Chef kann vor Kraft kaum laufen, weil der Aktienkurs durch die Decke geht. Intel will alte x86-Zöpfe abschneiden und pokert weiter um Subventionen.

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Von
  • Marie Pavlosky

Auf der IT-Fachmesse Computex in Taipeh ließ sich der in Taiwan geborene Nvidia-Chef Jensen Huang feiern wie ein Popstar: Der Börsenwert seiner Firma kratzt an der Marke von 1 Billion US-Dollar. Im ersten Kalenderquartal 2023 lagen die Verkäufe im Jahresvergleich um 19 Prozent höher und im laufenden Quartal will Nvidia 11 Milliarden US-Dollar umsetzen. Kassenfüller sind die KI-Beschleuniger A100 und H100, die Anwendungen wie ChatGPT antreiben.

Nicht nur Google kauft Abertausende von Nvidias H100 für seine Rechenzentren, sondern auch Microsoft, wie der für "Cloud & AI" zuständige Vizepräsident Scott Guthrie auf der hauseigenen Konferenz Build verkündete. Microsofts Clouddienst Azure soll der "KI-Supercomputer für die ganze Welt" werden. Guthrie zeigte das Bild eines Nvidia-H100-Systems und sagte, dass Azure als einer der ersten Clouddienstleister solche "Hopper"-Maschinen bereitstelle.

Auf der Intel-Baustelle in Magdeburg tat sich Ende Mai noch wenig, ein einsamer Bagger stand auf dem Acker. In Ohio lässt Intel schon betonieren.

Am 1. Juni vor zehn Jahren erschien mit dem Core i-4000 alias Haswell die erste Generation von Intel-Prozessoren ohne das berühmt-berüchtigte A20-Gate, einer Altlast aus der x86-Steinzeit. Es ist aber noch immer nicht ganz tot, im BIOS-Setup sogar der jüngsten AMD-Server kann man es nach wie vor aktivieren. Nun denkt Intel darüber nach, weitere historische Technik über Bord beziehungsweise aus kommenden CPU-Generationen zu werfen, nämlich außer dem 16-bittigen "Real Mode" auch die 32-Bit-Technik. Kommende, einfachere 64-Bit-Prozessoren würden dann die Bezeichnung "x86S" tragen, das "S" steht für Simplification. 32-Bit-Anwendungen könnten dann so wie jetzt schon unter 64-Bit-Windows im WoW64-Subsystem laufen. 32- und 16-Bit-Betriebssysteme starten auf x86S-Rechnern aber nur noch in virtuellen Maschinen oder Emulatoren.

Konkrete Ankündigungen, wann die ersten x86S-Prozessoren erscheinen werden, machte Intel nicht. Doch die erste Revision der "x86-S External Architecture Specification" hat Intel als PDF-Dokument mit mehr als 40 Seiten bereits veröffentlicht. Die sollen Experten durchlesen und ihre Kommentare an Intel schicken. Ob es wie beim A20-Gate wieder Jahrzehnte dauert, bis der Real Mode in die ewigen Jagdgründe entschwindet, lässt sich kaum abschätzen. Übrigens schreibt Intel dabei sowohl "x86S" als auch "X86-S" – mal sehen, was sich durchsetzt.

Bei ARM ist man diesbezüglich schon weiter, Cortex-A-Prozessoren nach der Spezifikation ARMv9.2 sind reine 64-Bitter. Der bislang stärkste Typ Cortex-X4 könnte Anfang 2024 in Spitzen-Smartphones wie dem dann erwarteten Samsung Galaxy S24 debütieren.

Auf Intels Magdeburger Baugrundstück war bis Ende Mai noch nichts los, bloß ein einsamer Bagger stand am Rande des riesigen Ackers. Die Stadt Magdeburg hat ein Schild aufstellen lassen, laut dem das Betreten und Fotografieren der bisher noch nicht vorhandenen Baustelle verboten ist. Die Spekulationen um das Projekt schießen derweil munter weiter ins Kraut; so stiegen beispielsweise die erwarteten Baukosten mittlerweile von knapp 24 auf 27 Milliarden US-Dollar. Trotz allen Hickhacks soll der Bau weiterhin 2024 starten. Beim sehr ähnlichen Fab-Projekt "Ohio One" ist Intel schon weiter, dort wird nach Angaben der Zeitung "The Columbus Dispatch" bereits eifrig betoniert. Das später möglicherweise "Fab 27" genannte Intel-Werk soll allerdings auch bereits 2025 fertig gebaut sein. Die erste Fab in Magdeburg könnte "Fab 29" heißen und die jeweils später an den Standorten gebauten Fabs dann 37 und 39.

Am 5. Juni präsentierte Apple auf seiner Entwicklerveranstaltung WWDC das bereits erwartete MacBook Air mit 15-Zoll-Display sowie einen neuen Mac Studio, überraschend aber auch den ersten Mac Pro mit hauseigenem ARM- beziehungsweise M-Prozessor. Alle sind mit Varianten des 2022 eingeführten M2 bestückt, Mac Studio und Pro mit M2 Max oder M2 Ultra. Anscheinend wartet Apple mit dem M3 tatsächlich auf die TSMC-Fertigungstechnik N3E oder gar auf N3P, die erst 2024 kommen soll. Der neue Mac Pro hat zwar viel mehr Rechenleistung als sein vier Jahre alter Vorgänger mit Intel Xeon W und immerhin sechs PCIe-4.0-Steckplätze. Und seine 128 oder 192 GByte LPDDR5-RAM sind viel schneller als das DDR4-RAM zuvor – aber nicht aufrüstbar und mit viel geringerer Kapazität als die zuvor maximal möglichen 1,5 Terabyte. Das innovativste neue Apple-Gerät ist somit die AR-Brille Apple Vision Pro, die wie eine Mischung aus Ski- und Taucherbrille aussieht.

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(ciw)