Youtube geht stärker gegen medizinische Desinformation vor

Auf Youtube sollen Nutzer vertrauenswürdige Informationen zu medizinischen Themen, wie etwa Krebsbehandlungen, finden. Das Portal verschärft die Richtlinien.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 92 Kommentare lesen
Kolkata,,India,-,July,24,,2022:,Social,Internet,Service,Youtube

(Bild: Shutterstock.com/photosince)

Lesezeit: 4 Min.

Youtube hat ein Regelwerk entwickelt, um medizinische Desinformation auf der Videoplattform einzuschränken. Das gab Youtube am Dienstag auf seinem Blog bekannt. Die neu geltenden Richtlinien sollen künftig übersichtlicher und für Content-Creatoren, Zuschauer und Partner einfacher zu verstehen sein.

Die Weiterentwicklung in der Medizin machen es notwendig, ein Regelwerk für Youtube zu entwickeln, das langfristig Bestand hat, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Es solle ein Gleichgewicht gefunden werden zwischen einem Raum für die Diskussion medizinischer Inhalte einerseits und der Entfernung "schädlicher Inhalte" andererseits. Dabei wolle Youtube sicherstellen, dass auf der Videoplattform weitgehend medizinische Inhalte bereitgestellt werden, über die wissenschaftlicher Konsens herrscht. Informationen, die Menschen schaden könnten, will Youtube keine Plattform bieten.

Die bisherigen Richtlinien von Youtube werden deshalb hinsichtlich medizinischer Informationen neu strukturiert. Künftig werden die Richtlinien zu medizinischen Falschinformationen in die drei Kategorien Prävention, Behandlung und Leugnung unterteilt. Die Richtlinien gelten für Inhalte, die Gesundheitszustände, Behandlungen und Medikamente beschreiben, die im Widerspruch zu dem stehen, was lokale Gesundheitsbehörden und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeben.

Youtube werde künftig überprüfen, ob solche Inhalte mit einem hohen Risiko für die öffentliche Gesundheit verbunden sind, ob es dazu weltweit gültige Leitlinien öffentlicher Gesundheitsbehörden gibt und ob eine generelle Anfälligkeit für Fehlinformationen zu dem jeweiligen Thema besteht.

Konkret will Youtube alle Inhalte entfernen, die im Widerspruch zu den Leitlinien der Gesundheitsbehörden zur Prävention und Übertragung bestimmter Krankheiten und deren Behandlung stehen. Dazu gehöre auch die Sicherheit und Wirksamkeit zugelassener Impfstoffe. Darunter fallen auch Inhalte, die schädliche Substanzen zur Krankheitsvorbeugung anpreisen.

Inhalte zu Behandlungen, die nicht den Leitlinien der Gesundheitsbehörden entsprechen und etwa Werbung für bestimmte Behandlungspraktiken oder schädlicher Medikamente machen, werden ebenfalls entfernt. Darunter falle etwa die Behandlung von Krebs mit Cäsiumchlorid. Diese Behandlungsmethode kam in den 80er-Jahren auf und wurde von dem US-amerikanischen Physiker Keith Brewer in Umlauf gebracht. Seiner Theorie nach sollte Krebs durch einen Abfall des pH-Wertes in der Zelle entstehen und durch den Einsatz von Cäsiumchlorid bekämpft werden können. Die Wirksamkeit ist jedoch widerlegt.

Die Leugnung von Falschinformationen will Youtube ebenfalls einhegen. Videos, die die Existenz bestimmter Krankheiten und Gesundheitszustände leugnen, werden künftig entfernt. Das gilt auch für Inhalte, die etwa leugnen, dass Menschen in Zusammenhang mit COVID-19 verstorben sind.

Besonderen Augenmerk legt Youtube auf Fehlinformationen zu Krebsbehandlungen. Youtube sei häufig eine Anlaufstelle für Menschen, die an Krebs erkrankt sind. Youtube möchte hier eine vertrauenswürdige Quelle sein und ermöglichen, dass Menschen glaubwürdige und verlässliche Informationen über die Erkrankung und Behandlungsmethoden finden. Entsprechend wird Youtube "in den kommenden Wochen" damit beginnen, Informationen und Werbung von schädlichen und nachweisbar unwirksamen Behandlungsmethoden zu entfernen. Zusätzlich wird Youtube eine öffentliche Wiedergabeliste mit Videos der Mayo Clinic zu verschiedenen Krebsbehandlungen bereitstellen.

Ausnahmen zu den Regelungen wolle Youtube dennoch zulassen. Etwa dann, wenn das öffentliche Interesse an solchen Informationen überwiegt. Dazu gehören etwa Inhalte, die im pädagogischen, dokumentarischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Kontext zu sehen sind. Das gelte etwa auch für Videos von öffentlichen Anhörungen oder Wahlkämpfen politischer Akteure. Das Hinzufügen von zusätzlichem Kontext sei aber kein Garant dafür, dass die Videos mit medizinischen Fehlinformationen bleiben dürfen. In solchen Fällen können die Videos mit einer Altersfreigabe versehen oder ein Informationsfeld eingeblendet werden, das zusätzliche Informationen zu dem Thema bereitstellt.

(olb)