ETech: Auf O'Reillys Radar

Verlagsgründer Tim O'Reilly nimmt auf der Emerging Technologies Conference soziale Software, kollaborative Plattformen und Open Source unter die Lupe -- und entdeckt Altbekanntes sowie Überraschendes bei Microsoft und in der Open Source.

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Von
  • Janko Röttgers

"Beobachte Alpha-Geeks" ist so etwas wie das Lebensmotto Tim O'Reillys. Die Besucher der dritten Emerging Technologies Conference (ETech) waren deshalb besonders gespannt, als der Verlagsgründer sie im Rahmen seines "O'Reilly Radar" betitelten Keynote-Beitrags an seinen Beobachtungen teilhaben ließ. Überraschenderweise begann er seine Präsentation mit einer ganzen Reihe alter Bekannter: Google, Amazon, eBay und Yahoo seien die neuen Killer-Applikationen, erklärte er. So sei Amazon mit seinen Ähnlichkeitsempfehlungen, Nutzerlisten und dergleichen mehr ein hervorragendes Beispiel für soziale Software. "Viel mehr Nutzer beteiligen sich an Amazon als an Linux", meinte O'Reilly.

Wer Marktführer sein wolle, komme heute um Nutzerbeiträge nicht mehr herum. Google, eBay und Amazon hätten dies bereits verstanden. Den nächsten Durchbruch für soziale Software erwarte er im Feld der Landkarten- und Geolocation-Angebote wie Mapquest.com oder Yahoo Maps. Noch gebe es in diesem Feld keinen klaren Marktführer, da niemand auf eine kollaborative Komponente setze. "Der Anbieter, der dies als erstes umsetzt, wird gewinnen", zeigte sich O'Reilly überzeugt. Seiner Auffassung habe Microsoft dafür derzeit die besten Chancen, da die Firma bereits erste Experimente mit dem Verbinden von Karten und Nutzerbeiträgen durchführe. Gleichzeitig zeigte sich O'Reilly begeistert von kollaborativen Geolocation-Ansätzen wie dem des speziell zur Emerging Technologies Conference gestarteten Projekts des Locative Media Networks.

Die wachsende Bedeutung sozialer und kollaborativer Plattformen müsse zu einem Umdenken in der Open-Source-Bewegung führen, forderte O'Reilly. So sei es bemerkenswert, dass die meisten dieser Plattformen auf Open-Source-Serversoftware setzten."Heutzutage ist jeder ein Linux-Nutzer", erklärte er dazu. Die Plattformen selbst und ihre Datenbanken seien jedoch in der Regel nicht offen.

Im kleinen Kreis einer anschließenden Pressekonferenz präzisierte er seine Gedanken zu diesem Thema: Die größte Herausforderung für Open Source sei die Architektur derartiger Plattformen. Gleichzeitig übte er harsche Kritik an einigen Zweigen der Free-Software-Bewegung: "Es gibt kein gegebenes Recht auf Open Source." Wer mit quelloffener Software lediglich versuche, kommerzielle Programme nachzuahmen, um keine teuren Lizenzen bezahlen zu müssen, habe die Grundidee der Open Source nicht verstanden. "Es geht nicht um Lizenzen, sondern um Standards", betonte O'Reilly. So sei Photoshop beispielweise ein großartiges Programm, Gimp sei dagegen komplett langweilig. Sein nicht eben zimperliches Urteil zu dem freien Bildverarbeitungsprogramm: "Das ist die Sorte von Open Source, die ich verachte."

Zur O'Reilly Emerging Technologies Conference siehe auch:

(Janko Röttgers) / (jk)