Touchscreen ist nicht gleich Touchscreen

Apple hat den Trend zu tastaturlosen Smartphones losgetreten. Egal ob Google Android, Palm WebOS oder Windows Phone 7: Hauptbedienform wird mehr und mehr der berührungsempfindliche Bildschirm. Dass dessen Umsetzung in Hard- und Software nicht einfach ist, zeigt ein Forschungslabor.

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Apple hat den Trend zu tastaturlosen Smartphones losgetreten. Egal ob Google Android, Palm WebOS oder Windows Phone 7: Hauptbedienform wird mehr und mehr der berührungsempfindliche Bildschirm. Dass dessen Umsetzung in Hard- und Software nicht einfach ist, zeigt ein Forschungslabor.

Man kann über Apple sagen, was man will – "Hersteller von modischem Schnickschnack", "Betriebssystem-Controllfreak" oder auch "viel zu teuer" – doch kein IT-Unternehmen hat das Mobile Computing in den letzten Jahren derart geprägt wie der Elektronikkonzern aus Cupertino. Was das iPhone seit seiner Einführung vor mittlerweile fast drei Jahren vormachte, leben inzwischen sämtliche Hersteller von Smartphones nach: Sei es nun der eigene Software-Laden auf dem Handy, gut funktionierende Internet-Anwendungen oder eine knackig aussehende Oberfläche.

Besonders stark waren die Auswirkungen aber auf den Formfaktor mobiler Geräte. Kamen fast sämtliche Smartphones vor dem iPhone mit einer (manchmal aufklappbaren) Tastatur daher, setzen (fast) alle inzwischen auf Touchscreens als Hauptbedienweg. Egal ob Googles Nexus One mit dem hauseigenen Android-Betriebssystem, Palms Pre oder die Ende des Jahres erscheinenden Windows Phone 7-Geräte mit Microsoft-Technik: Ohne großen berührungsempfindlichen Bildschirm geht nichts mehr. Die Nutzung erfolgt per Fingerzeig und virtueller Tastatur, ein Trend, dem sich kaum ein High-End-Gerät mehr verschließen kann.

Allerdings bedeutet die Bewegung hin zum Touchscreen keineswegs, dass alle Geräte mit der gleichen Qualität der vermeintlichen Handschmeichler ausgerüstet sind. Das Forschungsunternehmen Moto, das Consumer-Elektronik für große Firmen entwickelt und gleichzeitig Konkurrenzanalysen durchführt, hat im Frühjahr einen großen Vergleich verschiedener Smartphones mit berührungsempfindlichem Bildschirm absolviert und sich dabei auf das Ansprechverhalten der Touchscreens konzentriert. Das Ergebnis ist verblüffend: Die Technik wird, obwohl inzwischen so etwas wie ein Standard, keineswegs von allen Herstellern gleich gut beherrscht. Touchscreens zu implementieren ist, so die Forscher, weder in Sachen Hard- noch Software-Umsetzung trivial.

Vier Geräte wurden getestet: Apples iPhone als großes Multitouch-Vorbild, die beiden HTC-Geräte Droid Eris und Google Nexus One sowie Motorola Droid, das in Europa unter dem Namen Milestone angeboten wird. Dabei sagt die Grafik eigentlich schon alles. In zwei Versuchsreihen mit leichtem Druck und leichter Berührung sowie mit mittlerem Druck und komplettem Finger wurden einfache Linien in einem Bildbearbeitungsprogramm mit schneller Antwortzeit auf das Display gemalt. Die sich daraus ergebenden Muster sprechen eine deutliche Sprache: Während das iPhone nur zum Rand hin abfällt, weil dort die Sensoren traditionell dünner gesät sind, generieren die anderen Geräte mehr oder weniger deutliche Treppenstufen. Relativ gut schnitten nur die beiden HTC-Geräte Droid Eris bei mittlerem Druck ab.

Das schlechte Finger-Tracking hat direkte Auswirkungen auf die Bedienbarkeit der Geräte: Wird ein Touch-Signal nicht korrekt erkannt, ist der Benutzer dazu gezwungen, erneut zu drücken. Zoom- und Scrollgesten und das "Treffen" von Listen und Icons werden erschwert.

Chris Verplaetse, Vizepräsident bei Moto (das übrigens nichts mit Motorola zu tun hat), sieht das Problem nicht nur bei der jeweils verbauten Sensor-Hardware. Die Kalibrierung, die Firmware und die Integration ins Interface plus die Verbindung der mechanischen Hardware mit der Elektronik spielten eine wichtige Rolle. Grundsätzlich sei es aber so, dass es klare Unterschiede gebe. "Es ist so, als würde man fragen, warum sich eine Mercedes-Tür wie eine Mercedes-Tür schließt und eine Hyundai-Tür wie eine Hyundai Tür – sind ja beide aus Metall", sagte Verplaetse dem Magazin "Wired". Wann die Konkurrenz gegenüber Apple aufholen wird, weiß auch der Experte nicht. Der Entwicklungsaufwand sei aber groß. (bsc)