GDC: Spy vs. Spy in Eve Online

Sie sammeln die IP-Adressen ihrer Gegner, infiltrieren deren Allianzen und rauben ganze Hangars leer: In Eve Online bekämpfen sich Spieler mit dreckigen Tricks - und haben Spaß dabei.

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Provokation gehört zu den Taktiken, die Goonswarm im Online-Krieg mit den Band of Brothers gerne einsetzt.

"Du kannst Dir nie Sicher sein, wer ein Spion ist."

"Wir wissen, wo Du wohnst." Ein Signature-Bug verriet Goonswarm die IP-Adressen ihrer Gegner.

"World of Warcraft ist für Memmen", Alexander Gianturco liebt es, seine Gegner zu provozieren, um sie zu unüberlegten Handlungen zu reizen. Um im Rollenspiel Eve Online überleben zu können, muss man hart im Nehmen sein. "Es gibt keine sicheren Rückzugsorte," erklärte er auf der Game Developers Conference in San Francisco. Wer nicht aufpasst, kann in dem Weltraumspiel schnell eine ganze Flotte von Schiffen verlieren, die nicht selten mehrere Tausend echte Dollar wert ist. "Es ist ein Spiel ohne Sicherheitsnetz, gerade das macht es so spannend". Gianturco ist ein Spionage-Spezialist der Goonswarm, die im Krieg mit den Band of Brothers liegen. Ursprünglich war dieses Spionage-Metaspiel nicht in Eve Online vorhanden. Die Spieler haben sich selbst zu Fraktionen zusammengeschlossen und nutzen alle Kanäle, um den Gegner zu überwachen und auszutricksen. "Wir haben einen echten Geheimdienstler in unseren Reihen, das ist sehr hilfreich", erklärt Gianturco.

In Eve Online kommunizieren die Spieler über alle möglichen Kanäle, sei es Teamspeak, IRC oder E-Mail. Um an die IP-Adressen gegnerischer Spieler zu gelangen, überwachen die Goonswarm-Spione Spielerforen. Ein Signature-Bug, der beim Nachladen einer Grafik die IP-Adresse des Absenders verrät, war dabei besonders hilfreich. Gianturco rief einfach einen Wettbewerb aus, ein Signaturbild besonders häufig zu benutzen, und konnte so die IP-Adressen seiner Gegner einsammeln. "Daran erkannt man, ob ein Spieler aus Skandinavien, Russland oder Deutschland kommt und kann weitere Überwachungsaktionen einleiten." Sobald die Gegner wissen, wann ein Spieler offline ist, können sie ihren Großangriff starten.

In Eve-Online haben sich viele Spieler in nationalen Fraktionen zusammengeschlossen. Bei neuen Rekruten hilft ein Check der IP-Adresse, um zu klären, ob es sich um einen Geheimagenten handelt, der lediglich Informationen über stationierte Raumschiffe sammeln will. Schließlich könnte sich jeder hinter einem Spielertag verbergen – das Misstrauen gegenüber Neulingen ist groß. Es ist auch schon vorgekommen, dass ein solcher Infiltrator in einem Krieg im entscheidenden Moment alle Abwehrsysteme lahm gelegt hat, sodass ein mächtiger Titan-Kreuzer im Wert von 4000 Dollar zerstört wurde.

"Manche Spieler, besonders in den Ostblockstaaten, verdienen ihren Lebensunterhalt mit virtuellen Eve-Online-Gütern, die sie über Ebay verkaufen. Die haben natürlich eine sehr große Motivation." Es gibt kein herkömmliches Level-System. Wer viel Geld hat, kann sich mächtige Raumschiffe leisten. Banken im Spiel traut Gianturco nicht: "Ein Spieler hat eine Bank aufgemacht und hohe Zinsen versprochen. Als er genügend Kredits eingesammelt hatte, hat er die Bank wieder aufgelöst und ist mit all dem Geld verschwunden. Das läuft wie im echten Leben."

Moralische Skrupel hat Gianturco nur wenige. "Einmal hat mich ein russischer Mitspieler nach der IP- und der realen Adresse eines hohen Generals der Gegenseite gefragt. Er wollte zu dessen Haus und während des Angriffs die Stromleitung kappen, damit er sich offline nicht verteidigen konnte – aber das ging mir zu weit."

Trotz, oder gerade wegen der Gefahren zieht Eve Online kontinuierlich mehr Spieler an. 50.000 seien laut Gianturco zu Spitzenzeiten gleichzeitig online. Gianturco rief die Entwickler dazu auf, MMO-Rollenspiele offener zu gestalten, damit die Spieler selbst Fraktionen bilden können und sich ein Spionage-Metaspiel entwickelt. "Man lernt sehr viel fürs Leben. Die echte Welt ist genau so böse wie Eve Online." (hag)