KI darf in Großbritannien über Zugang zu Online-Pornografie entscheiden

Der britische Online Safety Act schreibt eine Altersprüfung vor Zugang zu Pornografie vor. Zu den Vorschlägen der Aufsichtsbehörde gehört eine Freigabe per KI.

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Mann blickt auf Monitor mit halbnackter Frau

(Bild: Dmitri Ma/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer
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Die britische Medienaufsichtsbehörde hat Leitlinien für die Altersverifikation vor dem Zugang zu Online-Pornografie vorgelegt. Neben der Vorlage von Ausweis oder Kreditkarten gehört auch eine Gesichtsprüfung per Künstlicher Intelligenz dazu. Diese Altersprüfung ist seit der Verabschiedung des umstrittenen Online Safety Act Ende Oktober 2023 in Großbritannien gesetzlich vorgeschrieben für Websites und Apps mit pornografischen Inhalten.

Der Online Safety Act ist praktisch das britische Äquivalent zur geplanten Chatkontrolle der EU. Es erlaubt Behörden den Zugang zu verschlüsselter Online-Kommunikation der Bürger, etwa zur Untersuchung auf terroristisches Material oder Kindesmissbrauch. Das Gesetz soll aber auch Kinder und Jugendliche vor Online-Pornografie schützen, indem Internet-Anbieter und App-Betreiber dazu verpflichtet werden, sicherzustellen, dass die Nutzer über 18 Jahre alt sind.

Für die Durchsetzung der Vorschriften ist die britische Medienaufsichtsbehörde "Office of Communications", kurz: Ofcom, zuständig. Diese hat jetzt erste Vorschläge für eine Altersverifikation unterbreitet. Demnach können Anwender den Anbietern eine Bankprüfung erlauben oder einen Ausweis mit Lichtbild einreichen, der per Kamerabild des Nutzers verifiziert wird. Auch Prüfungen über Mobilfunkvereinbarungen, Kreditkarten oder digitale Wallets sind möglich.

Zudem lässt die Ofcom eine Altersprüfung per Gesichtserkennung zu, wenn eine Künstliche Intelligenz (KI) daraus ein Alter von mindestens 25 Jahren abschätzen kann. Sollte sich die KI nicht sicher sein, ist eine zweite, alternative Altersverifikation erforderlich. Diese Vorschläge sind bislang nur vorläufig, denn die Technologie wird sich laut Ofcom weiterentwickeln, sodass weitere Möglichkeiten zur Altersprüfung hinzukommen könnten.

Andere Altersprüfungen wie das eine Nutzereingabe des Alters, das einfache Bestätigen des erforderlichen Alters, die Vorlage von Bezahlmethoden wie Debitkarten, die auch von Jugendlichen genutzt werden könnten, oder einfache Hinweise und Warnungen sind nicht ausreichend. Sollten die Anbieter den Vorgaben für die Altersverifikation nicht entsprechen, könnten Bußgelder verhängt werden in Höhe von bis zu 18 Millionen britischen Pfund (umgerechnet etwa 21 Millionen Euro) oder 10 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes – je nachdem, was höher ist. Außerdem drohen den Anbietern selbst Haftstrafen.

Die Ofcom begründet die Altersverifikation mit den Ergebnissen einer Studie, die die englische Kinderschutzbeauftragte jüngst hat durchführen lassen. Im Durschschnitt kommen demnach Kinder im Alter von 13 Jahren erstmals mit Online-Pornografie in Berührung. 27 Prozent sind erst 11 Jahre alt und 10 Prozent der 9-Jährigen haben bereits Pornos gesehen.

Es gibt aber auch weiterhin Kritik an der obligatorischen Altersprüfung. Das "Institute of Economic Affairs" als älteste britische marktliberale Denkfabrik warnt laut Nachrichtenagentur Reuters, dass diese Vorschriften die Privatsphäre der Nutzer bedroht und ihnen Verstößen und Missbrauch aussetzen, da die Menge sensitiver Daten, die Dritten überlassen werden, zunimmt.

Die Ofcom will ihre endgültigen Richtlinien für den Online Safety Act Anfang 2025 veröffentlichen. Danach werden diese verbindlich und die Regierungsbehörden können die Vorschriften durchsetzen.

(fds)