Von duftenden Fotos, parallelen Smartphone-Betriebssystemen und effizienter Umzugshilfe

Wer noch jeden Morgen einen Abreißkalender bedient, wird für den heutigen Tag gewappnet sein, an dem die Medien endlich einmal ihren Fantasien freien Lauf lassen dürfen.

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Wenn sich Google in "Topeka" umbenennt, das Internet abgeschaltet werden soll, weil sämtliche IPv4-Adressen vergeben sind, und auf der Reisekritik-Website TripAdvisor die erste Rezension über einen Besuch im All erscheint, spätestens dann ist es Zeit, auf den Kalender zu schauen. Dort wird heute der 1. April angezeigt, der richtige Zeitpunkt, um Sachlagen aus einem erfrischenden Blickwinkel zu betrachten, Missstände aufs Korn zu nehmen oder auch, um sich Verschwörungstheorien hochschaukeln zu lassen.

Warum auch nicht? Möglicherweise verbergen sich hinter den Meldungen des "April Fool's Day", wie die Amerikaner sagen, innovative Ideen. Wie zum Beispiel beim Fotokonzern Kodak, der die Aromatography entwickelt haben will. Ist es denn wirklich undenkbar, dass mit Hilfe einer findigen Software sowohl Android als auch Windows Phone auf einem Smartphone laufen? Mindestens etwas abgelegener dürfte die Idee des Videoportals YouTube sein, Filme künftig als Text abzuspielen, um die Bandbreite zu schonen.

Überhaupt, Google! Während sich manche wie zum Beispiel der Radiosender "Bremen vier" Scherze wie den über das ab 1. Juni fällige Porto für E-Mails mit anderen teilen, langen die Abteilungen und Auslandsniederlassungen des Internetdienstleisters jeweils in die Vollen: Teilnehmer von Google Wave werden wohl künftig persönlich über neue Waves benachrichtigt, Texte und Bilder in Googles Buchsuche sollen sich nun auch in 3D betrachten lassen, und auf Google Docs ließen sich angeblich nun nicht mehr nur Dokumente, sondern auch Haustürschlüssel und Fernbedienungen abspeichern. Wer zum Beispiel sein Klavier von New York nach Kalifornien transportieren will, könne dies nun via Google Docs mühelos von der Cloud erledigen lassen. Und Google Japan habe eine Technik entwickelt, bei der Schriftzeichen wie auf einem Schlagzeug eingegeben werden können.

Gerne werden Aprilscherze auch von anderen auf Kosten von Google gemacht, schließlich sind sie auch ein Gradmesser für die Popularität von Themen und Unternehmen. So hat das Tech-Blog TechCrunch dem Internetdienstleister angedichtet, eine Urananreicherungsfabrik gekauft zu haben. Und das Verlagshaus Burda soll in "Burgle" umbenannt werden, nachdem sich der Internetdienstleister es unter den Nagel gerissen haben will. Wo Google nah ist, sollte Microsoft nicht fern sein. Doch der Softwarekonzern nahm den 1. April lediglich zum Anlass, davor zu warnen, sich nicht von "Softwarepiraten" auf den Arm nehmen zu lassen.

"Von langer Hand geplant", scheinen die Scherze oft, auch angesichts des Aufwands, der mit eigens angelegten Webseiten und fingierten Fotos getrieben wird. "Von langer Hand geplant" war angeblich auch der Wechsel des "langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten" Jakob Maria Mierscheid zur Piratenpartei. Eher spontan, denn bisher in den Medien nicht diskutiert, scheint im Gegensatz dazu der Coup der hessischen Landesregierung, die Griechenland eine Insel abkaufen wolle, um dem Land finanziell unter die Arme zu greifen.

Dank der Informationstechnik gelangen anders als in früheren Zeiten wie diese auch andere witzig gemeinte Meldungen von lokalen Medien in unser Blickfeld. So zum Beispiel jene des Berliner Tagesspiegels, laut der Straßenschilder im Hauptstadtteil Kreuzberg sowie auch im Istanbuler Stadtteil Üsküdar künftig zweisprachig ausgewiesen werden sollen. Die Frankfurter Goethe-Universität hat angeblich vom Bachelor und Master die Nase voll und schafft sie einfach ab. In aller Munde waren nach dem endlich überstandenen harten Winter die Schlaglöcher in den Straßen, die der Badener Sender Radio Regenbogen zum Anlass für eine selbst erdachte Verordnung nahm.

So hangelt sich der Nachrichtenredakteur an Schlaglöchern und Fettnäpfen auf der Suche nach der wahren Nachricht vorbei, nimmt einen Happen Einhorn-Fleisch, einen Schluck aus seinem Starbuck-Kaffee, den es angesichts des Zeitmangels endlich auch in der Größe "plenty" gibt, passt auf, dass er beim Surfen nicht von der US-Regierung erwischt wird, denkt kurz über den Gattinnenverkauf im alten England nach und widmet sich dann den E-Mails, in denen Leser von ihm fordern, bitteschön endlich über die klebrige iPad-Tastatur zu berichten.

Zu Aprilscherzen im Web siehe auch:

(anw)