SCO vs. Linux: Die Rolle von Groklaw

Bei der Auseinandersetzung um die Unix-Copyrights scheint Novell Vorteile gegenüber der SCO Group zu haben. Ein weiterer Sieger steht dabei bereits fest.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers
  • Gernot Goppelt

Noch ist die Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und Novell um die Unix-Copyrights nicht zu Ende, auch wenn die Geschworenen einstimmig Novell als Eigentümer dieser Rechte bestätigt haben. Dennoch steht bereits ein Sieger fest: Es sind die Freiwilligen von Groklaw, die unermüdlich jede Wendung in der "unendlichen Geschichte" verfolgten und dokumentierten. Angeführt von einem Wesen namens "Pamela Jones" sorgte Groklaw dafür, dass jeder Schachzug von SCO seziert und analysiert wurde. Heute ist Groklaw die wichtigste Website, die Prozesse über Eigentumsansprüche in der Softwareindustrie verfolgt.

Als die SCO Group sich Anfang 2003 aus dem Linux-Distributor Caldera heraus zu einer Klagemaschinerie entwickelte, zeichnete sich in Umrissen ab, dass der Einsatz von Linux in Unternehmen ein wichtiger IT-Trend ist. Mit der ersten Klage von SCO gegen IBM im März 2003 war klar, dass vor Gericht grundsätzliche Fragen des geistigen Eigentums in der Open Source behandelt werden. Spätestens nach der Präsentation äußerst fragwürdiger Beweise und in "griechisch" ausgegebener Codezeilen formierte sich Widerstand in der Szene mit den Stellungnahmen prominenter Aktivisten bis hin zu Linus Torvalds.

In dieser Phase startete eine Pamela Jones ein Blog auf Radio Userland. Jones, nach eigenen Angaben eine Rechtsanwaltsgehilfin, nannte das Blog Groklaw, in Anspielung an das Verb "grok", das im Hackerslang als Gegenpart von "zen" für das komplette Verstehen eines Programmcodes benutzt wird (es stammt aus der Sprache der Marsianer in einem Science-Fiction-Roman).

Groklaw verfolgte das Geschehen, das sich bald an mehreren Fronten entwickelte. SCO begann, Lizenzen für Linux-Installationen einzufordern, verklagte Firmen wie DaimlerChrysler und Autozone und schließlich Novell, als das Unternehmen Einspruch erhob und auf die Copyrights verwies. Die Entwicklung verlief so rasant, dass die anonyme Bloggerin Hilfe brauchte und sie auch bekam. Eine Schar von Freiwilligen versammelte sich um Groklaw, das spätestens Ende 2003 einen Status als offizielle, parteiische Prozess-Beobachtungsplattform erreichte und bis heute mit Ausdauer verteidigt. Noch in der letzten Woche verhandelten Richter und Rechtsanwälte über die Frage, ob die Geschworenen über die Existenz von Groklaw aufgeklärt werden müssen, mit der Ermahnung, diese Seite des Internets keinesfalls aufzurufen.

Lange bevor sich wilde Theorien um ein Web 2.0 entwickelten, zeigte Groklaw die Möglichkeiten der Selbstorganisation im Internet. Freiwillige, die Tausende von Dokumenten digitalisierten, die jede Gerichtsverhandlung von SCO stenografierten, schufen ein Nachrichtenzentrum, das selbst von den SCO-Anwälten genutzt wurde. Die Bedeutung von Groklaw ist deswegen so wichtig, weil es zu Beginn der Aktionen von SCO mit Ausnahme der etwas anders ausgerichteten Free Software Foundation kaum Lobbyorganisationen für Open Source gab. Erst viel später formierten sich Gebilde wie Open Source for America – dies auch als Reminiszenz auf den Vorwurf von SCO, dass Open Source vom Wesen her unamerikanisch sei. Dabei kann sich Groklaw auf eine Tugend berufen, die schon Alexis de Toqueville bewunderte, als er das aktive Handeln in der Gemeinschaft als ur-amerikanisches Wesen bezeichnete. Sehr amerikanisch ist auch das Ziel von Groklaw: wenn alle Prozesse vorüber sind, will sich Pamela Jones in einem roten Abendkleid präsentieren.


Hinweis: Der Heise Verlag hat verschiedene deutsche Dokumente übersetzen lassen und diese Übersetzungen Groklaw zur Verfügung gestellt.

(ggo)