SCO vs. Linux: Der Linux Community Process antwortet

SCO stellt jedwede frühere aktive Mitarbeit am Linux-Kernel in Abrede. In einer Gemeinschaftsaktion wurden dagegen zahlreiche Belege für die Mitarbeit von Angestellten des SCO-Vorläufers Caldera gefunden.

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Von
  • Detlef Borchers

Im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der SCO Group und IBM um möglicherweise übernommenen oder kopierten, angeblich mit SCO-Rechten belegten Quellcode im Linux-Kernel hat die SCO Group ein neues Schreiben vor Gericht eingereicht. Darin wird die aktive Mitarbeit an Linux-Projekten in Abrede gestellt. "SCO hat niemals irgendeinen Teil des Quellcodes, der die vertraulichen und proprietären Informationen und/oder Betriebsgeheimnisse enthält oder enthielt, zur Freigabe autorisiert, überantwortet oder bewusst für den Einbau in irgendeinem Linux-Kernel oder einem anderen Teil der Linux-Distribution freigegeben", heißt es in dem Schreiben.

Gegen diese Darstellung haben Leser der den Prozess verfolgenden Website Groklaw in einer Gemeinschaftsaktion die zahllosen Diskussionsstränge, Newsgroups und Nachrichten zur Kernel-Entwicklung von Linux durchsucht und zahlreiche Fundstellen gemeldet. Diese dokumentieren, wie Mitarbeiter von Caldera, dem Vorläufer der SCO Group, aktiv bei der Entwicklung von Linux mit von der Partie waren. Für sich genommen sind die Aktivitäten von Caldera-Mitarbeitern nichts Neues, wie von heise online bereits ausgeführt. Dennoch muss die Argumentation der SCO Group verwundern, wenn sie ohne Kenntnis des im Internet zugänglichen Materials geführt wird.

In einer Antwort auf ein Auskunftsersuchen von IBM zu den Vorfällen rund um das SCOForum in Las Vegas hatte die SCO Group auf die eigene Website als ausreichende Informationsquelle verwiesen. Dieses Verfahren wird nun auf SCO selbst angewendet, wenn systematisch nach alten Darstellungen der Mitarbeit an Linux-Projekten gesucht wird und fortlaufend neue Funde gemeldet werden. Auch wenn die gewonnenen Erkenntnisse vor Gericht keine Bedeutung haben, sind sie doch geeignet, die Behauptungen der SCO Group in Zweifel zu ziehen.

Auch die deutsche Website der SCO Group GmbH ist in diesem Zusammenhang interessant. So hat die SCO Group Mitte September beim Landgericht Münster (Aktenzeichen 15 O 476/03) eine einstweilige Verfügung wegen eines angeblichen Boykottaufrufes durchgesetzt. Darin wurde es dem Beklagten untersagt, eine Liste von SCO-Geschäftspartnern zusammenzustellen. Eine solche Liste ist jedoch über die deutsche Website von SCO inzwischen wieder allgemein abrufbar. In dem Verfahren, das noch nicht abschließend entschieden ist, wurde ein Antrag der SCO Group verworfen, der es dem Beklagten untersagen sollte, in jeglicher Form mit Geschäftsführern von Geschäftspartnern der SCO Group GmbH in Kontakt zu treten "um sie über die angeblich sittenwidrigen Geschäftspraktiken der US-amerikanischen Muttergesellschaft der Antragstellerin zu informieren".

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)