SCO vs. Linux: Ein Koffer voller Probleme [Update]

SCO-Investor Baystar Capital wünscht ein professionelleres Auftreten in Europa. Nun mutmaßt auch in den USA ein Medienbericht, dass SCO-Manager Gregory Blepp angeblich mit Beweisen in dem Streit um Linux durch Deutschland reist.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit seiner von Spiegel Online veröffentlichten Aussage, er habe die rot markierten Beweise für den Code-Klau von Linux aus SCO-Sourcen bei sich, hat Gregory Blepp für Irritationen gesorgt. Blepp ist bei der SCO Group für das weltweite Lizenzgeschäft außerhalb Nordamerikas zuständig. In verschiedenen Interviews anlässlich der CeBIT hatte Blepp versucht, die Position von SCO im Rechtsstreit mit IBM und Novell herauszustellen. Auch gegenüber heise online erwähnte Blepp Beweise in seinem Koffer, doch ohne Ausschnitte aus den bis zu 1,5 Millionen Codezeilen zu zeigen, die nach Blepp eindeutige Beweise für den Codeklau sind. Nun ist man nach einem Bericht von NewsForge bei der SCO Group in den USA in Erklärungsnöten. Kann es wirklich sein, dass Beweise in einem Milliardenstreit in einem Köfferchen durch Deutschland reisen?

Für Gregory Blepp kommt die Veröffentlichung dieser Unstimmigkeiten durchaus ungelegen. Seit Monaten soll sich der SCO-Investor Baystar Capital ein professionelleres Auftreten in Europa wünschen. Blepp, der mit dem Einstieg von Baystar von der SCO Group ein erheblich höheres Honorar als ursprünglich vereinbart bezieht, soll mehr Präsenz zeigen und deutlich härter die Ansprüche der SCO Group vertreten. So sollen Baystar-Emissäre in dieser Woche bei Münchner Venture-Kapitalgeber angerufen und sich nach früheren Arbeitsproben von Blepp erkundigt haben.

Bevor Gregory Blepp zur SCO Group kam, war er bei Suse für den Verkauf verantwortlich. Er wurde in der Firma nach der Beschreibung eines Suse-Kenners "auf Befehl" der VC-Gruppe Apax Partners ins Boot geholt, um dort zusammen mit einigen Spezialisten von Apax Partners die Entlassungen durchzuziehen, die man für nötig erachtete. "Faktisch war er eine Weile der eigentliche Boss im Auftrag von Apax", so die Beurteilung eines mit den Vorgängen vertrauten Mitarbeiters. Vor seinem Auftritt bei Suse führte Blepp bis zur Insolvenz die Geschäfte von Blaxxun, wo er ebenfalls im Auftrag einer VC-Firma installiert wurde, um den Gründer Franz Buchenberger zu entlasten. Davor war Blepp wenige Tage bei Tobit Software tätig, um den internationalen Verkauf auszuweiten. Weitere Stationen seiner Karriere waren Network Associates und Cheyenne Software. In vielen Veranstaltungen zimmerte sich Blepp einen Ruf als kaltschnäuziger Engel.

Die Hoffnungen von Gregory Blepp auf eine stärkere Präsenz von SCO im europäischen Raum ruhen nun auf einem in Auftrag gegebenen Gutachten einer spanischen Rechtsanwaltskanzlei. Es soll beweisen, dass die von Novell vorgebrachten Argumente im Streit um die alleinige Rechtsinhaberschaft auch nach dem etwas anders gelagerten europäischen beziehungsweise internationalen Recht zum Schutze des geistigen Eigentums ungültig sind.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online und aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (anw)